Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

bedeutenden Bewegungen von Truppentheilen des 1. Armee-Corps auf dem
rechten Moselufer als mit dem Auftreten der 26. Brigade im Zusammen¬
hange stehend erscheinen mochten.

Aus dem Westabhange der Hochfläche von Point du jour waren im Laufe
der sechsten Nachmittagsstunde die erbitterten Kämpfe allmählich in ein stehen¬
des Jnfanteriegefecht übergegangen. Die ursprüngliche Aufgabe der I. Armee,
den Gegner auf sich zu ziehen, war gelöst, ja sogar überschritten worden,
indem man durch die Eroberung von Se. Hubert dicht an die Hauptstellungen
des Feindes herangerückt war. -- Einen Augenblick hatte es geschienen, als
ob die mit dem linken Flügel des deutschen Heeres angestrebte Entscheidung
wider Erwarten hier auf dem rechten herbeigeführt sei. Dies hatte sich bald
als irrthümlich herausgestellt; aber stärker noch .als aus den General von
Steinmetz wirkte der äußere Anschein dieser Dinge auf den Marschall Bazaine.
Die Franzosen, gewärtig, jeden Augenblick ihren linken Flügel angegriffen zu
sehn, hielten ihre Reserven so lange hinter der Mitte fest, bis es zu spät war,
den rechten Flügel zu unterstützen.

Seine Majestät der König war um 5 Uhr nachmittags mit dem großen
Hauptquartier in der Gegend zwischen Gravelotte und Malmaison eingetroffen
und hatte den Bericht des Ober-Quartiermeisters, Obersten Grafen v. War¬
tensleben, über den Stand der Schlacht entgegengenommen. In Folge dessen
wurde um ö^/, Uhr General von Fransecky angewiesen, das 2. Armee-Corps
zur Verfügung des Oberbefehlshabers der I. Armee bei Gravelotte bereit
zu stellen.

Das 2. Armee-Corps, welches seit seiner Ausschiffung an der Saar noch
keinen Ruhetag gehalten, war an diesem 18. August bereits von Pont°a°
Moussou über Orville und Buxiöres nach Rezonville marschiert -- ein außer¬
ordentlich starker Marsch! General von Franseckt setzte nun Corps-Artillerie
und 3. Division um 52/4 Uhr auf Gravelotte in Bewegung, und drei Viertel
Stunden später folgte in gleicher Richtung auch die 4. Division.

Als diese Verstärkungen sich dem Kampfplatz näherten, ordnete General
v. Steinmetz.das Vorrücken der 32. Infanterie-Brigade von Gravelotte nach
dem Mancethale an. Da nun um diese Zeit auch verstärktes Feuer von
Norden her ertönte, schloß man auf den Beginn des Entscheidungskampfes
bei der II. Armee; der Tag neigte sich, und es schien geboten, den Druck
gegen den. allem Anschein nach stark erschütterten linken Flügel des Feinde?
zu verstärken. Seine Majestät der König befahl daher, alle noch ver¬
fügbaren Kräfte der I. Armee einzusetzen. -- General v. Zastrow wurde an¬
gewiesen die noch nicht engagirten 9 Bataillone des 7. Corps ebenfalls vor¬
zuführen . und die 3. Division erhielt Befehl, bei dem bevorstehenden Angriffe
mitzuwirken.


bedeutenden Bewegungen von Truppentheilen des 1. Armee-Corps auf dem
rechten Moselufer als mit dem Auftreten der 26. Brigade im Zusammen¬
hange stehend erscheinen mochten.

Aus dem Westabhange der Hochfläche von Point du jour waren im Laufe
der sechsten Nachmittagsstunde die erbitterten Kämpfe allmählich in ein stehen¬
des Jnfanteriegefecht übergegangen. Die ursprüngliche Aufgabe der I. Armee,
den Gegner auf sich zu ziehen, war gelöst, ja sogar überschritten worden,
indem man durch die Eroberung von Se. Hubert dicht an die Hauptstellungen
des Feindes herangerückt war. — Einen Augenblick hatte es geschienen, als
ob die mit dem linken Flügel des deutschen Heeres angestrebte Entscheidung
wider Erwarten hier auf dem rechten herbeigeführt sei. Dies hatte sich bald
als irrthümlich herausgestellt; aber stärker noch .als aus den General von
Steinmetz wirkte der äußere Anschein dieser Dinge auf den Marschall Bazaine.
Die Franzosen, gewärtig, jeden Augenblick ihren linken Flügel angegriffen zu
sehn, hielten ihre Reserven so lange hinter der Mitte fest, bis es zu spät war,
den rechten Flügel zu unterstützen.

Seine Majestät der König war um 5 Uhr nachmittags mit dem großen
Hauptquartier in der Gegend zwischen Gravelotte und Malmaison eingetroffen
und hatte den Bericht des Ober-Quartiermeisters, Obersten Grafen v. War¬
tensleben, über den Stand der Schlacht entgegengenommen. In Folge dessen
wurde um ö^/, Uhr General von Fransecky angewiesen, das 2. Armee-Corps
zur Verfügung des Oberbefehlshabers der I. Armee bei Gravelotte bereit
zu stellen.

Das 2. Armee-Corps, welches seit seiner Ausschiffung an der Saar noch
keinen Ruhetag gehalten, war an diesem 18. August bereits von Pont°a°
Moussou über Orville und Buxiöres nach Rezonville marschiert — ein außer¬
ordentlich starker Marsch! General von Franseckt setzte nun Corps-Artillerie
und 3. Division um 52/4 Uhr auf Gravelotte in Bewegung, und drei Viertel
Stunden später folgte in gleicher Richtung auch die 4. Division.

Als diese Verstärkungen sich dem Kampfplatz näherten, ordnete General
v. Steinmetz.das Vorrücken der 32. Infanterie-Brigade von Gravelotte nach
dem Mancethale an. Da nun um diese Zeit auch verstärktes Feuer von
Norden her ertönte, schloß man auf den Beginn des Entscheidungskampfes
bei der II. Armee; der Tag neigte sich, und es schien geboten, den Druck
gegen den. allem Anschein nach stark erschütterten linken Flügel des Feinde?
zu verstärken. Seine Majestät der König befahl daher, alle noch ver¬
fügbaren Kräfte der I. Armee einzusetzen. — General v. Zastrow wurde an¬
gewiesen die noch nicht engagirten 9 Bataillone des 7. Corps ebenfalls vor¬
zuführen . und die 3. Division erhielt Befehl, bei dem bevorstehenden Angriffe
mitzuwirken.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0066" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/132826"/>
            <p xml:id="ID_219" prev="#ID_218"> bedeutenden Bewegungen von Truppentheilen des 1. Armee-Corps auf dem<lb/>
rechten Moselufer als mit dem Auftreten der 26. Brigade im Zusammen¬<lb/>
hange stehend erscheinen mochten.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_220"> Aus dem Westabhange der Hochfläche von Point du jour waren im Laufe<lb/>
der sechsten Nachmittagsstunde die erbitterten Kämpfe allmählich in ein stehen¬<lb/>
des Jnfanteriegefecht übergegangen. Die ursprüngliche Aufgabe der I. Armee,<lb/>
den Gegner auf sich zu ziehen, war gelöst, ja sogar überschritten worden,<lb/>
indem man durch die Eroberung von Se. Hubert dicht an die Hauptstellungen<lb/>
des Feindes herangerückt war. &#x2014; Einen Augenblick hatte es geschienen, als<lb/>
ob die mit dem linken Flügel des deutschen Heeres angestrebte Entscheidung<lb/>
wider Erwarten hier auf dem rechten herbeigeführt sei. Dies hatte sich bald<lb/>
als irrthümlich herausgestellt; aber stärker noch .als aus den General von<lb/>
Steinmetz wirkte der äußere Anschein dieser Dinge auf den Marschall Bazaine.<lb/>
Die Franzosen, gewärtig, jeden Augenblick ihren linken Flügel angegriffen zu<lb/>
sehn, hielten ihre Reserven so lange hinter der Mitte fest, bis es zu spät war,<lb/>
den rechten Flügel zu unterstützen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_221"> Seine Majestät der König war um 5 Uhr nachmittags mit dem großen<lb/>
Hauptquartier in der Gegend zwischen Gravelotte und Malmaison eingetroffen<lb/>
und hatte den Bericht des Ober-Quartiermeisters, Obersten Grafen v. War¬<lb/>
tensleben, über den Stand der Schlacht entgegengenommen. In Folge dessen<lb/>
wurde um ö^/, Uhr General von Fransecky angewiesen, das 2. Armee-Corps<lb/>
zur Verfügung des Oberbefehlshabers der I. Armee bei Gravelotte bereit<lb/>
zu stellen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_222"> Das 2. Armee-Corps, welches seit seiner Ausschiffung an der Saar noch<lb/>
keinen Ruhetag gehalten, war an diesem 18. August bereits von Pont°a°<lb/>
Moussou über Orville und Buxiöres nach Rezonville marschiert &#x2014; ein außer¬<lb/>
ordentlich starker Marsch! General von Franseckt setzte nun Corps-Artillerie<lb/>
und 3. Division um 52/4 Uhr auf Gravelotte in Bewegung, und drei Viertel<lb/>
Stunden später folgte in gleicher Richtung auch die 4. Division.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_223"> Als diese Verstärkungen sich dem Kampfplatz näherten, ordnete General<lb/>
v. Steinmetz.das Vorrücken der 32. Infanterie-Brigade von Gravelotte nach<lb/>
dem Mancethale an. Da nun um diese Zeit auch verstärktes Feuer von<lb/>
Norden her ertönte, schloß man auf den Beginn des Entscheidungskampfes<lb/>
bei der II. Armee; der Tag neigte sich, und es schien geboten, den Druck<lb/>
gegen den. allem Anschein nach stark erschütterten linken Flügel des Feinde?<lb/>
zu verstärken. Seine Majestät der König befahl daher, alle noch ver¬<lb/>
fügbaren Kräfte der I. Armee einzusetzen. &#x2014; General v. Zastrow wurde an¬<lb/>
gewiesen die noch nicht engagirten 9 Bataillone des 7. Corps ebenfalls vor¬<lb/>
zuführen . und die 3. Division erhielt Befehl, bei dem bevorstehenden Angriffe<lb/>
mitzuwirken.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0066] bedeutenden Bewegungen von Truppentheilen des 1. Armee-Corps auf dem rechten Moselufer als mit dem Auftreten der 26. Brigade im Zusammen¬ hange stehend erscheinen mochten. Aus dem Westabhange der Hochfläche von Point du jour waren im Laufe der sechsten Nachmittagsstunde die erbitterten Kämpfe allmählich in ein stehen¬ des Jnfanteriegefecht übergegangen. Die ursprüngliche Aufgabe der I. Armee, den Gegner auf sich zu ziehen, war gelöst, ja sogar überschritten worden, indem man durch die Eroberung von Se. Hubert dicht an die Hauptstellungen des Feindes herangerückt war. — Einen Augenblick hatte es geschienen, als ob die mit dem linken Flügel des deutschen Heeres angestrebte Entscheidung wider Erwarten hier auf dem rechten herbeigeführt sei. Dies hatte sich bald als irrthümlich herausgestellt; aber stärker noch .als aus den General von Steinmetz wirkte der äußere Anschein dieser Dinge auf den Marschall Bazaine. Die Franzosen, gewärtig, jeden Augenblick ihren linken Flügel angegriffen zu sehn, hielten ihre Reserven so lange hinter der Mitte fest, bis es zu spät war, den rechten Flügel zu unterstützen. Seine Majestät der König war um 5 Uhr nachmittags mit dem großen Hauptquartier in der Gegend zwischen Gravelotte und Malmaison eingetroffen und hatte den Bericht des Ober-Quartiermeisters, Obersten Grafen v. War¬ tensleben, über den Stand der Schlacht entgegengenommen. In Folge dessen wurde um ö^/, Uhr General von Fransecky angewiesen, das 2. Armee-Corps zur Verfügung des Oberbefehlshabers der I. Armee bei Gravelotte bereit zu stellen. Das 2. Armee-Corps, welches seit seiner Ausschiffung an der Saar noch keinen Ruhetag gehalten, war an diesem 18. August bereits von Pont°a° Moussou über Orville und Buxiöres nach Rezonville marschiert — ein außer¬ ordentlich starker Marsch! General von Franseckt setzte nun Corps-Artillerie und 3. Division um 52/4 Uhr auf Gravelotte in Bewegung, und drei Viertel Stunden später folgte in gleicher Richtung auch die 4. Division. Als diese Verstärkungen sich dem Kampfplatz näherten, ordnete General v. Steinmetz.das Vorrücken der 32. Infanterie-Brigade von Gravelotte nach dem Mancethale an. Da nun um diese Zeit auch verstärktes Feuer von Norden her ertönte, schloß man auf den Beginn des Entscheidungskampfes bei der II. Armee; der Tag neigte sich, und es schien geboten, den Druck gegen den. allem Anschein nach stark erschütterten linken Flügel des Feinde? zu verstärken. Seine Majestät der König befahl daher, alle noch ver¬ fügbaren Kräfte der I. Armee einzusetzen. — General v. Zastrow wurde an¬ gewiesen die noch nicht engagirten 9 Bataillone des 7. Corps ebenfalls vor¬ zuführen . und die 3. Division erhielt Befehl, bei dem bevorstehenden Angriffe mitzuwirken.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/66
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/66>, abgerufen am 23.07.2024.