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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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nügender Beantwortung meistens eines sehr umsichtigen, scharf formulirenden
und schwarz auf weiß vorliegenden Referats und zu mehrerer Sicher¬
heit oft auch noch eines ebenso hergestellten Correferats. Ein solches Referat
aber kann der Pharmaceut ganz befriedigend sehr oft nur in seiner Apotheke
verfassen, umgeben von allen seinen wissenschaftlichen Hülfsmitteln, besonders
den geschriebenen und gedruckten, welche ihm die im Gedächtniß nur mehr
oder weniger unbestimmt bewahrten Erfahrungen bestimmt liefern. Aehnlich
geht es den Aerzten, deren Mitwirkung bei einem Pharmacie-Gesetz unent¬
behrlich ist, wie dies von der 22Ser Eingabe betont wird und wie es auch
durch die hohe Autorität des Reichskanzler-Amts in der August-Conserenz
bereits werkthätig anerkannt worden. Wenn man von Apothekern und von
Aerzten je einen Referenten und einen Correferenten, im Ganzen also vier
Referenten, bestellte, so würde damit das Gebiet der Referate höchst wahr¬
scheinlich erledigt sein; denn die vier Arbeiten könnten, autolithographisch
vervielfältigt, einer etwas größeren Zahl Fachkundiger und zugleich einzelnen
ausgezeichneten Verwaltungsbeamten, Statistikern und Juristen zu schrift¬
lichen Aeußerungen (von denen keine Vollständigkeit und deshalb auch nicht
die Form eines Referats verlangt wird) vorgelegt werden. In so compli-
cirten Sachen führt ja bekanntlich ein Kampf der Meinungen schwarz auf
weiß weit sicherer zu einem fach- und zweckgemäßen Uebereinkommen als ein
mündlicher, bei welchem nur allzu leicht die Beredsamkeit über die Erfah¬
rung siegt. Schließlich hätten die Referenten -- entweder vereinigt oder, wenn
keine vollkommene Einigung gelingt, auch mehr oder weniger getrennt -- an
den Gesetzentwurf, welcher den Höchsten Reichsbehörden zu unterbreiten ist, die
letzte Hand anzulegen. Etwaige nachträgliche, ergänzende Fragen dieser Be¬
hörden werden von den unterdeß schon mit dem Gegenstande vertrauter ge¬
wordenen Referenten wohl in der Regel sehr leicht und rasch -- und wieder
ex aeäibus -- beantwortet werden. --

Ich habe auf diesen Blättern wiederholt Maßnahmen tadeln müssen,
welche unter den Auspicien des Hohen Reichskanzler-Amts erfolgt sind. Ich
brauche wohl kaum zu bemerken, daß mein Tadel sich nur gegen die Ver¬
treter der hohen Behörde richtet, welche dem gerechten Vertrauen, dessen
die Behörde sie gewürdigt, sonder Zweifel nur deshalb nicht ganz entsprechen
konnten, weil die Aufgabe zu schwierig war, -- weil die Literatur nicht
bloß Aufklärungen, sondern auch Entstellungen enthielt. -- und weil andere
großen und wichtigen Aufgaben nicht Zeit genug zu eingehenden Referaten
über das großentheils neue, noch viel zu wenig bekannte, Cultur-Element
der Pharmacie übrig ließen. Haben wir doch anderweitig bereits so viel
Gutes und Großes von der neuen Reichs-Gesetzgebung erhalten.
Dr. PH. Phoebus.




nügender Beantwortung meistens eines sehr umsichtigen, scharf formulirenden
und schwarz auf weiß vorliegenden Referats und zu mehrerer Sicher¬
heit oft auch noch eines ebenso hergestellten Correferats. Ein solches Referat
aber kann der Pharmaceut ganz befriedigend sehr oft nur in seiner Apotheke
verfassen, umgeben von allen seinen wissenschaftlichen Hülfsmitteln, besonders
den geschriebenen und gedruckten, welche ihm die im Gedächtniß nur mehr
oder weniger unbestimmt bewahrten Erfahrungen bestimmt liefern. Aehnlich
geht es den Aerzten, deren Mitwirkung bei einem Pharmacie-Gesetz unent¬
behrlich ist, wie dies von der 22Ser Eingabe betont wird und wie es auch
durch die hohe Autorität des Reichskanzler-Amts in der August-Conserenz
bereits werkthätig anerkannt worden. Wenn man von Apothekern und von
Aerzten je einen Referenten und einen Correferenten, im Ganzen also vier
Referenten, bestellte, so würde damit das Gebiet der Referate höchst wahr¬
scheinlich erledigt sein; denn die vier Arbeiten könnten, autolithographisch
vervielfältigt, einer etwas größeren Zahl Fachkundiger und zugleich einzelnen
ausgezeichneten Verwaltungsbeamten, Statistikern und Juristen zu schrift¬
lichen Aeußerungen (von denen keine Vollständigkeit und deshalb auch nicht
die Form eines Referats verlangt wird) vorgelegt werden. In so compli-
cirten Sachen führt ja bekanntlich ein Kampf der Meinungen schwarz auf
weiß weit sicherer zu einem fach- und zweckgemäßen Uebereinkommen als ein
mündlicher, bei welchem nur allzu leicht die Beredsamkeit über die Erfah¬
rung siegt. Schließlich hätten die Referenten — entweder vereinigt oder, wenn
keine vollkommene Einigung gelingt, auch mehr oder weniger getrennt — an
den Gesetzentwurf, welcher den Höchsten Reichsbehörden zu unterbreiten ist, die
letzte Hand anzulegen. Etwaige nachträgliche, ergänzende Fragen dieser Be¬
hörden werden von den unterdeß schon mit dem Gegenstande vertrauter ge¬
wordenen Referenten wohl in der Regel sehr leicht und rasch — und wieder
ex aeäibus — beantwortet werden. —

Ich habe auf diesen Blättern wiederholt Maßnahmen tadeln müssen,
welche unter den Auspicien des Hohen Reichskanzler-Amts erfolgt sind. Ich
brauche wohl kaum zu bemerken, daß mein Tadel sich nur gegen die Ver¬
treter der hohen Behörde richtet, welche dem gerechten Vertrauen, dessen
die Behörde sie gewürdigt, sonder Zweifel nur deshalb nicht ganz entsprechen
konnten, weil die Aufgabe zu schwierig war, — weil die Literatur nicht
bloß Aufklärungen, sondern auch Entstellungen enthielt. — und weil andere
großen und wichtigen Aufgaben nicht Zeit genug zu eingehenden Referaten
über das großentheils neue, noch viel zu wenig bekannte, Cultur-Element
der Pharmacie übrig ließen. Haben wir doch anderweitig bereits so viel
Gutes und Großes von der neuen Reichs-Gesetzgebung erhalten.
Dr. PH. Phoebus.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/58>, abgerufen am 01.07.2024.