Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.geschätzt. Die Fischerei der Holsteinischen Nordseeküste ist unbedeutend. Nahe Noch möchte ich hier eines Großbetriebes der Deutschen Seefischerei ge¬ geschätzt. Die Fischerei der Holsteinischen Nordseeküste ist unbedeutend. Nahe Noch möchte ich hier eines Großbetriebes der Deutschen Seefischerei ge¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0503" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/133263"/> <p xml:id="ID_1723" prev="#ID_1722"> geschätzt. Die Fischerei der Holsteinischen Nordseeküste ist unbedeutend. Nahe<lb/> diesen Küsten holen dagegen die englischen Fahrzeuge alljährlich große Fänge<lb/> aus dem Meere. Im Jahre 1874 berichtete darüber der Düneninspector<lb/> Hübbe in Keil auf Sylt: „Man kann gegenwärtig am Horizonte und auch<lb/> näher am Strande wohl gegen 1000 Segel sehen, welche größtenteils von<lb/> englischen Fischerkuttern aus Hull, Grimsby u. s. w. herrühren. Weiter seewärts,<lb/> vom Lande aus nicht mehr wahrnehmbar, sollen noch ähnliche Geschwader<lb/> beim Fischfange thätig sein. Diese Schiffe segeln alle denselben Cours.<lb/> Nachts zeigen die Leitschiffe eine Signallaterne, wenn sie wenden, worauf alle<lb/> anderen Fahrzeuge gleichfalls umlegen. Auf diese Weise werden Collisionen<lb/> vermieden. Alle drei Tage werden die Fische pr. Dampfschiff nach England<lb/> übergeführt. Nach den Aeußerungen eines englischen Capitains, der unlängst<lb/> das Lister Tief einpassirte, ist der Ertrag dieser Fischerei ein ganz außerordent¬<lb/> lich großer, und drängt sich da stets von Neuem die Frage auf, ob es wirklich<lb/> triftige Gründe sind, welche deutscherseits die Ausbeutung des Fischreichthums<lb/> dieser Küstengewässer verhindern, oder ob nicht vielmehr eine dem Deutschen<lb/> eigenthümliche Schwerfälligkeit stark in Mitwirkung treten möchte." Diese<lb/> Methode, den Fang mittelst eines Dampfers zu sammeln und auf die schnellste<lb/> Weise zu Markt zu bringen, ist eben auch nur möglich, wenn ein so großer<lb/> Fischmarkt, wie London, die Deckung dieser nicht unbedeutenden Extrakosten<lb/> sichert. Als Verfasser dieses im vorigen Herbst in London war, besuchte er<lb/> einen dieser Dampfer, deren im Ganzen fünf sind, bei dem Fischmarkt von<lb/> Billingsgate. Ein jeder dieser Dampfer hat eine Tragfähigkeit von mindestens<lb/> 200 Tons und vermag 3400 Kisten in Eis gepackten Fisches aufzunehmen.<lb/> Die Rundreise von der Themse bis zur Fischerflotille und zum Markt zurück<lb/> Wird in der Regel in 4 —6 Tagen zurückgelegt und bringt der Dampfer<lb/> gewöhnlich den Fang von 60 — 70 Fischersmackes zu Markte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1724" next="#ID_1725"> Noch möchte ich hier eines Großbetriebes der Deutschen Seefischerei ge¬<lb/> denken, der freilich jetzt längst im Absterben begriffen, einst aber von großer<lb/> Bedeutung für die Ausbildung tüchtiger Seeleute war. nämlich des Walfisch¬<lb/> fanges. Vor ein paar Jahrhunderten segelten, wie von England und von<lb/> Holland, so auch von der Elbe und Weser in jedem Frühjahre ganze Flotten<lb/> auf den Wal- und Seehundsfang bei Spitzbergen und im Grönlandsmeere<lb/> aus. Allmälig wurde die Fischerei immer weniger ergiebig, und es war<lb/> hauptsächlich der Seehundsfang bei der Insel Jan Mciyen, welcher die Deutsche<lb/> Grönlandsfahrt noch bis heute aufrecht erhielt. Gegenwärtig ist der Betrieb<lb/> in der in Hamburg bestehenden Deutschen Polarschifffahrts-Gesellschaft con-<lb/> centrirt, welche 4 Dampfer und 3 Segelschiffe besitzt. Der Betrieb geschieht<lb/> Wesentlich von Norwegen aus. zum Theil auch mit norwegischer Mannschaft.<lb/> Im Gegensatz zur sogenannten Grönlandsfahrt hat sich bis heute in der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0503]
geschätzt. Die Fischerei der Holsteinischen Nordseeküste ist unbedeutend. Nahe
diesen Küsten holen dagegen die englischen Fahrzeuge alljährlich große Fänge
aus dem Meere. Im Jahre 1874 berichtete darüber der Düneninspector
Hübbe in Keil auf Sylt: „Man kann gegenwärtig am Horizonte und auch
näher am Strande wohl gegen 1000 Segel sehen, welche größtenteils von
englischen Fischerkuttern aus Hull, Grimsby u. s. w. herrühren. Weiter seewärts,
vom Lande aus nicht mehr wahrnehmbar, sollen noch ähnliche Geschwader
beim Fischfange thätig sein. Diese Schiffe segeln alle denselben Cours.
Nachts zeigen die Leitschiffe eine Signallaterne, wenn sie wenden, worauf alle
anderen Fahrzeuge gleichfalls umlegen. Auf diese Weise werden Collisionen
vermieden. Alle drei Tage werden die Fische pr. Dampfschiff nach England
übergeführt. Nach den Aeußerungen eines englischen Capitains, der unlängst
das Lister Tief einpassirte, ist der Ertrag dieser Fischerei ein ganz außerordent¬
lich großer, und drängt sich da stets von Neuem die Frage auf, ob es wirklich
triftige Gründe sind, welche deutscherseits die Ausbeutung des Fischreichthums
dieser Küstengewässer verhindern, oder ob nicht vielmehr eine dem Deutschen
eigenthümliche Schwerfälligkeit stark in Mitwirkung treten möchte." Diese
Methode, den Fang mittelst eines Dampfers zu sammeln und auf die schnellste
Weise zu Markt zu bringen, ist eben auch nur möglich, wenn ein so großer
Fischmarkt, wie London, die Deckung dieser nicht unbedeutenden Extrakosten
sichert. Als Verfasser dieses im vorigen Herbst in London war, besuchte er
einen dieser Dampfer, deren im Ganzen fünf sind, bei dem Fischmarkt von
Billingsgate. Ein jeder dieser Dampfer hat eine Tragfähigkeit von mindestens
200 Tons und vermag 3400 Kisten in Eis gepackten Fisches aufzunehmen.
Die Rundreise von der Themse bis zur Fischerflotille und zum Markt zurück
Wird in der Regel in 4 —6 Tagen zurückgelegt und bringt der Dampfer
gewöhnlich den Fang von 60 — 70 Fischersmackes zu Markte.
Noch möchte ich hier eines Großbetriebes der Deutschen Seefischerei ge¬
denken, der freilich jetzt längst im Absterben begriffen, einst aber von großer
Bedeutung für die Ausbildung tüchtiger Seeleute war. nämlich des Walfisch¬
fanges. Vor ein paar Jahrhunderten segelten, wie von England und von
Holland, so auch von der Elbe und Weser in jedem Frühjahre ganze Flotten
auf den Wal- und Seehundsfang bei Spitzbergen und im Grönlandsmeere
aus. Allmälig wurde die Fischerei immer weniger ergiebig, und es war
hauptsächlich der Seehundsfang bei der Insel Jan Mciyen, welcher die Deutsche
Grönlandsfahrt noch bis heute aufrecht erhielt. Gegenwärtig ist der Betrieb
in der in Hamburg bestehenden Deutschen Polarschifffahrts-Gesellschaft con-
centrirt, welche 4 Dampfer und 3 Segelschiffe besitzt. Der Betrieb geschieht
Wesentlich von Norwegen aus. zum Theil auch mit norwegischer Mannschaft.
Im Gegensatz zur sogenannten Grönlandsfahrt hat sich bis heute in der
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