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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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schließlich, wenn die Lehrjahre überstanden, als ein lucratives erweisen werde.
Während man bisher sich auf den Häringsfang im Sommer beschränkte, sollen
nunmehr die Logger der Gesellschaft auch im Winter dem Frischsischfang ob¬
liegen und zwar hauptsächlich in der Absicht, den Fischern das ganze Jahr
hindurch Beschäftigung zu geben und sich einen festen Bestand geübter Mann¬
schaften zu sichern. Nach den Untersuchungen, die auf einer im vorigen Som¬
mer unternommenen Reise nach England seitens sachverständiger Freunde des
Unternehmens stattgefunden haben, eignen sich die Fahrzeuge der Gesellschaft
sehr wohl dazu, nachdem einige geringe Veränderungen mit denselben vorge¬
nommen, im Frischfischfang nach den Gründen der Nordsee ausgesandt zu wer¬
den. In Jarmouth findet ein solcher combinirter Betrieb auf Härings- und
auf Frischsischfang schon längere Zeit statt. Die Holländer betreiben ebenfalls
im Winter den Frischsischfang und bringen die Ergebnisse desselben nach den
nächst gelegenen englischen Fischmarkt.en,

Es ist nicht leicht für die junge Gesellschaft gegen Großbritannien und
Holland zu concurriren. Holland hat die große Erfahrung für sich und ein
bedeutendes Capital zur Disposition, während in Deutschland die Capitalan¬
lage in maritimen Unternehmungen eine verhältnißmäßig nur sehr geringe,
und durch die früheren Mißerfolge noch herabgemindert ist; Schottland hat
den Häringsfang gleichsam vor seiner Thür, und diese Küstenfischerei erfordert
begreiflicherweise weit geringeren Aufwand an Böten, Netzen und Zeit. Die
Böte gehen in der Regel am Nachmittag oder Abend aus und fischen auf
18 -- 20 Seemeilen von der Küste; die Arbeit des Ausweidens und Salzens
der Fische geschieht dann am Lande durch Frauen und Mädchen. Der unver¬
gleichliche Reichthum der schottischen Küstengewässer an Häringen wird bei¬
spielsweise dadurch offenbar, daß im vorigen Frühjahr und Sommer die Zahl
der um und bei der schottischen Küste gefangenen Häringe nicht weniger als
800 Millionen Stück nach sachverständiger Schätzung betrug. Der größte
Theil dieses Fanges wurde an der Ostküste bis nach den Shetlands- und
Orkney-Jnseln hierauf erzielt. Nur ein geringer Theil fällt auf die Fischerei
an der Westküste. Diese Fischerei wird dort hauptsächlich im Mai in den
Mines, der Wasserstraße zwischen den Hebriden und Schottland, und später,
im September, im Loch Tine betrieben. Der Fang geschieht, wie überall,
mittelst Treibnetzen, die durch luftgefüllte Lederballons im Wasser senkrecht
schwebend gehalten werden. Für die Holländer und Deutschen ist der Härings¬
fang Hochseefischerei. Der Apparat, die Fahrzeuge, das Netzwerk ist schwerer,
dauerhafter und kostspieliger. Die Fischplätze sind weiter vom Hafen abgelegen
und dies bedingt wiederum längere Reisen. Damit ist denn auch ein größeres
Risico für Menschenleben, Fahrzeuge und Netzwerk verbunden. Das Aus¬
weiden und Einsalzen muß an Bord vorgenommen werden und dies erfordert


schließlich, wenn die Lehrjahre überstanden, als ein lucratives erweisen werde.
Während man bisher sich auf den Häringsfang im Sommer beschränkte, sollen
nunmehr die Logger der Gesellschaft auch im Winter dem Frischsischfang ob¬
liegen und zwar hauptsächlich in der Absicht, den Fischern das ganze Jahr
hindurch Beschäftigung zu geben und sich einen festen Bestand geübter Mann¬
schaften zu sichern. Nach den Untersuchungen, die auf einer im vorigen Som¬
mer unternommenen Reise nach England seitens sachverständiger Freunde des
Unternehmens stattgefunden haben, eignen sich die Fahrzeuge der Gesellschaft
sehr wohl dazu, nachdem einige geringe Veränderungen mit denselben vorge¬
nommen, im Frischfischfang nach den Gründen der Nordsee ausgesandt zu wer¬
den. In Jarmouth findet ein solcher combinirter Betrieb auf Härings- und
auf Frischsischfang schon längere Zeit statt. Die Holländer betreiben ebenfalls
im Winter den Frischsischfang und bringen die Ergebnisse desselben nach den
nächst gelegenen englischen Fischmarkt.en,

Es ist nicht leicht für die junge Gesellschaft gegen Großbritannien und
Holland zu concurriren. Holland hat die große Erfahrung für sich und ein
bedeutendes Capital zur Disposition, während in Deutschland die Capitalan¬
lage in maritimen Unternehmungen eine verhältnißmäßig nur sehr geringe,
und durch die früheren Mißerfolge noch herabgemindert ist; Schottland hat
den Häringsfang gleichsam vor seiner Thür, und diese Küstenfischerei erfordert
begreiflicherweise weit geringeren Aufwand an Böten, Netzen und Zeit. Die
Böte gehen in der Regel am Nachmittag oder Abend aus und fischen auf
18 — 20 Seemeilen von der Küste; die Arbeit des Ausweidens und Salzens
der Fische geschieht dann am Lande durch Frauen und Mädchen. Der unver¬
gleichliche Reichthum der schottischen Küstengewässer an Häringen wird bei¬
spielsweise dadurch offenbar, daß im vorigen Frühjahr und Sommer die Zahl
der um und bei der schottischen Küste gefangenen Häringe nicht weniger als
800 Millionen Stück nach sachverständiger Schätzung betrug. Der größte
Theil dieses Fanges wurde an der Ostküste bis nach den Shetlands- und
Orkney-Jnseln hierauf erzielt. Nur ein geringer Theil fällt auf die Fischerei
an der Westküste. Diese Fischerei wird dort hauptsächlich im Mai in den
Mines, der Wasserstraße zwischen den Hebriden und Schottland, und später,
im September, im Loch Tine betrieben. Der Fang geschieht, wie überall,
mittelst Treibnetzen, die durch luftgefüllte Lederballons im Wasser senkrecht
schwebend gehalten werden. Für die Holländer und Deutschen ist der Härings¬
fang Hochseefischerei. Der Apparat, die Fahrzeuge, das Netzwerk ist schwerer,
dauerhafter und kostspieliger. Die Fischplätze sind weiter vom Hafen abgelegen
und dies bedingt wiederum längere Reisen. Damit ist denn auch ein größeres
Risico für Menschenleben, Fahrzeuge und Netzwerk verbunden. Das Aus¬
weiden und Einsalzen muß an Bord vorgenommen werden und dies erfordert


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/500>, abgerufen am 25.08.2024.