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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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theile, ja bis in die ländliche Umgebung hinaus auf Viaductcn erbaut werden,
da dieselben erstens stets die Communication unter der Bahn weg ermöglichen
und bei dem weitern Wachsthum der Stadt eine sichere und hohe Einnahme
versprochen. Wo die Viaducträume als Schuppen, Ställe oder dergl. ver¬
miethet werden, ist man noch weit ab vom Mittelpunkt der Stadt; wo die¬
selben zu eleganten Schauläden benutzt werden, pulsirt der großartigste Verkehr
der größten Welt- und Handelsstadt.

Die Eisenbahnen Londons waren bis zu Anfang der Sechziger Jahre
immer noch durch die Themse getrennt. Da drangen zunächst zwei Eisenbahn¬
gesellschaften von Süden her auf das nördliche Ufer vor, indem sie gemein¬
sam die Vietoriabrücke, dicht am Batterseepark erbauten und in der Nähe des
Buckingham-Palastes im Westend ihren neuen großen Personenbahnhof mit
dem Namen Victioriastation errichteten.

Diesem Beispiele folgten schnell hinter einander die andern von Süden
kommenden Bahnen und jetzt führen 5 große Eisenbahnbrücken über die
Themse, um so die Verbindung zwischen dem südlichen England und dem
Continent einerseits und dem Mittelpunkte des Verkehrs in London selbst,
sowie dem nördlichen Großbritanien andererseits durch London durch herzu¬
stellen. Sämmtliche von Süden kommende Bahnen, mit Ausnahme der South-
Western haben jetzt ihre Endstationen auf dem nördlichen, linken Themseufer,
die zwei wichtigsten die London, Chatam and Dover, sowie die South-Eastern,
welche sich in den so bedeutenden Continentalverkehr theilen, haben sogar mit
enormen Kosten ihre Endstationen in der City und im Westend angelegt,
um es sowohl den Geschäftsleuten, als auch den Vergnügungsreisenden und
der feinen Welt möglichst bequem zu machen.

Die erstgenannte dieser zwei Bahngesellschaften hat sogar im Jahre 1874
in nur i/t englische Meilen Entfernung von ihrer ältern Citystation Lodgate
Hill eine neue am Holborn Viaduct errichtet, weil bet der ältern Station
sowohl die Ab- und Umfahrt, wegen der hohen Lage der Bahn, als auch
wegen der sehr beschränkten Localverhältnisse mangelhaft war und weil sich
dort nicht ein Hotel mit der Station in unmittelbare Verbindung bringen
ließ. Sie hat die enormen Kosten, von denen man sich eine Vorstellung
machen kann, wenn man erwägt, daß allein schon der Quadrat-Meter Bau¬
platz mit 400 Pfund Sterling und mehr bezahlt worden ist, nicht gescheut,
da es galt, weitere Bequemlichkeiten zu schassen, denn sie weiß sehr wohl, daß
sie bei der starken vorhandenen Concurrenz nur durch möglichstes Entgegen¬
kommen dem Publikum gegenüber gedeihen kann. Sie hat aber auch schon
in den ersten Betriebsmonaten ihre Anlagekosten theils aus dem Betriebe
selbst, theil" aus den hohen Miethen der Viaducträume verzinst erhalten.


theile, ja bis in die ländliche Umgebung hinaus auf Viaductcn erbaut werden,
da dieselben erstens stets die Communication unter der Bahn weg ermöglichen
und bei dem weitern Wachsthum der Stadt eine sichere und hohe Einnahme
versprochen. Wo die Viaducträume als Schuppen, Ställe oder dergl. ver¬
miethet werden, ist man noch weit ab vom Mittelpunkt der Stadt; wo die¬
selben zu eleganten Schauläden benutzt werden, pulsirt der großartigste Verkehr
der größten Welt- und Handelsstadt.

Die Eisenbahnen Londons waren bis zu Anfang der Sechziger Jahre
immer noch durch die Themse getrennt. Da drangen zunächst zwei Eisenbahn¬
gesellschaften von Süden her auf das nördliche Ufer vor, indem sie gemein¬
sam die Vietoriabrücke, dicht am Batterseepark erbauten und in der Nähe des
Buckingham-Palastes im Westend ihren neuen großen Personenbahnhof mit
dem Namen Victioriastation errichteten.

Diesem Beispiele folgten schnell hinter einander die andern von Süden
kommenden Bahnen und jetzt führen 5 große Eisenbahnbrücken über die
Themse, um so die Verbindung zwischen dem südlichen England und dem
Continent einerseits und dem Mittelpunkte des Verkehrs in London selbst,
sowie dem nördlichen Großbritanien andererseits durch London durch herzu¬
stellen. Sämmtliche von Süden kommende Bahnen, mit Ausnahme der South-
Western haben jetzt ihre Endstationen auf dem nördlichen, linken Themseufer,
die zwei wichtigsten die London, Chatam and Dover, sowie die South-Eastern,
welche sich in den so bedeutenden Continentalverkehr theilen, haben sogar mit
enormen Kosten ihre Endstationen in der City und im Westend angelegt,
um es sowohl den Geschäftsleuten, als auch den Vergnügungsreisenden und
der feinen Welt möglichst bequem zu machen.

Die erstgenannte dieser zwei Bahngesellschaften hat sogar im Jahre 1874
in nur i/t englische Meilen Entfernung von ihrer ältern Citystation Lodgate
Hill eine neue am Holborn Viaduct errichtet, weil bet der ältern Station
sowohl die Ab- und Umfahrt, wegen der hohen Lage der Bahn, als auch
wegen der sehr beschränkten Localverhältnisse mangelhaft war und weil sich
dort nicht ein Hotel mit der Station in unmittelbare Verbindung bringen
ließ. Sie hat die enormen Kosten, von denen man sich eine Vorstellung
machen kann, wenn man erwägt, daß allein schon der Quadrat-Meter Bau¬
platz mit 400 Pfund Sterling und mehr bezahlt worden ist, nicht gescheut,
da es galt, weitere Bequemlichkeiten zu schassen, denn sie weiß sehr wohl, daß
sie bei der starken vorhandenen Concurrenz nur durch möglichstes Entgegen¬
kommen dem Publikum gegenüber gedeihen kann. Sie hat aber auch schon
in den ersten Betriebsmonaten ihre Anlagekosten theils aus dem Betriebe
selbst, theil» aus den hohen Miethen der Viaducträume verzinst erhalten.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/47>, abgerufen am 23.07.2024.