Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.Pächter dessen Vermittlung anerkennen und die Entscheidung der Streitigkeiten In dieser Art gelang es der National-Union, die weggejagten Arbeiter Pächter dessen Vermittlung anerkennen und die Entscheidung der Streitigkeiten In dieser Art gelang es der National-Union, die weggejagten Arbeiter <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0424" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/133184"/> <p xml:id="ID_1492" prev="#ID_1491"> Pächter dessen Vermittlung anerkennen und die Entscheidung der Streitigkeiten<lb/> durch Schiedsgericht genehmigen sollten, da stieg die Erbitterung der Pächter<lb/> auf das Höchste. Zunächst galt es, die Abwehr gegen die National-Union<lb/> weil diese der gefährlichere der beiden Vereine war, sowohl wegen der Zahl<lb/> seiner Mitglieder, wie wegen der radikalen Schärfe seiner Forderungen und<lb/> Losungsworte und wegen der Empfehlung der Auswanderung, welche er sich<lb/> als eventuelles Ziel gesteckt hatte. Die Pächter gründeten eine Defensiv-<lb/> Association, deren Mitglieder sich anheischig machten, keine Arbeiter mehr<lb/> anzustellen, welche der National-Union angehören. Der Streit erschien von<lb/> da in der englischen Presse unter dem Namen des Ausschlusses (locke out) der<lb/> Landarbeiter. Das Haupt-Kampfmittel der Pächter, um den Streit abzu¬<lb/> kürzen, bestand darin, den Kreis der Mitglieder ihrer Gesellschaft möglichst<lb/> weit auszudehnen, um die Geldmittel der Arbeitervereine durch die rasch<lb/> wachsende Zahl ihrer ausgeschlossenen, unterstützungsbedürftigen Mitglieder<lb/> bald zu erschöpfen. Schon Ende April hatte daher die Zahl der weggejagten<lb/> Arbeiter N—-0000 erreicht. Während des ganzen Frühjahrs bis zum Beginn<lb/> der Erntearbeiten folgte die öffentliche Aufmerksamkeit dem Streite mit einer<lb/> Erregung, welche zeigte, eine wie empfindliche Seite des englischen Staats¬<lb/> lebens davon berührt wurde. In die Casse der National-Union flössen zahl¬<lb/> reiche Unterstützungsgelder von Seiten der Gewerkvereine, von Privaten und<lb/> von Versammlungen, welche besonders zu diesem Zwecke zusammengetreten<lb/> waren. Der Vorstand der National-Union suchte auch die Mittel des Ver¬<lb/> eines soviel als möglich zu Rath zu halten, indem er soviel Arbeiter als<lb/> möglich zum Wegzug bewog und sie im Norden Englands, oder in Schott¬<lb/> land unterbrachte, sowie zur Auswanderung nach Canada veranlaßte, zumal<lb/> ein Agent der Canadischen Regierung eingetroffen war und neue, günstige<lb/> Zusicherungen ertheilte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1493" next="#ID_1494"> In dieser Art gelang es der National-Union, die weggejagten Arbeiter<lb/> bis zum Beginn der Ernte mit 10 Shilling und zuletzt mit !) Shilling<lb/> wöchentlich zu unterstützen. Zu diesem Zeitpunkt hoffte sie, würden die Päch¬<lb/> ter in ihrem eigenen Interesse zur Nachgiebigkeit genöthigt sein, zumal wenn<lb/> dazu noch das Wetter die Beschleunigung der Erntearbeiten erfordern würde.<lb/> Allein der Vorstand der National-Union hatte falsch gerechnet. Seine Agen¬<lb/> ten hatten zu bösen Samen ausgestreut, die Pächter so erbittert, daß sie mit<lb/> der äußersten Hartnäckigkeit aushielten, ja daß Manche erklärten, sie wollten<lb/> lieber sterben als nachgeben. Bei Beginn der Ernte hatten sie sich theils da¬<lb/> durch geholfen, daß sie selbst mit Weib und Kind thätiger zugriffen, und<lb/> mehr Maschinen anschafften, theils daß sie fremde Arbeiter kommen ließen,<lb/> oder Mädchen und Frauen, Kinder und Greise, deren Mitwirkung sonst ver¬<lb/> schmäht zu werden pflegt, in Arbeit nahmen. Da nun auch ein Theil der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0424]
Pächter dessen Vermittlung anerkennen und die Entscheidung der Streitigkeiten
durch Schiedsgericht genehmigen sollten, da stieg die Erbitterung der Pächter
auf das Höchste. Zunächst galt es, die Abwehr gegen die National-Union
weil diese der gefährlichere der beiden Vereine war, sowohl wegen der Zahl
seiner Mitglieder, wie wegen der radikalen Schärfe seiner Forderungen und
Losungsworte und wegen der Empfehlung der Auswanderung, welche er sich
als eventuelles Ziel gesteckt hatte. Die Pächter gründeten eine Defensiv-
Association, deren Mitglieder sich anheischig machten, keine Arbeiter mehr
anzustellen, welche der National-Union angehören. Der Streit erschien von
da in der englischen Presse unter dem Namen des Ausschlusses (locke out) der
Landarbeiter. Das Haupt-Kampfmittel der Pächter, um den Streit abzu¬
kürzen, bestand darin, den Kreis der Mitglieder ihrer Gesellschaft möglichst
weit auszudehnen, um die Geldmittel der Arbeitervereine durch die rasch
wachsende Zahl ihrer ausgeschlossenen, unterstützungsbedürftigen Mitglieder
bald zu erschöpfen. Schon Ende April hatte daher die Zahl der weggejagten
Arbeiter N—-0000 erreicht. Während des ganzen Frühjahrs bis zum Beginn
der Erntearbeiten folgte die öffentliche Aufmerksamkeit dem Streite mit einer
Erregung, welche zeigte, eine wie empfindliche Seite des englischen Staats¬
lebens davon berührt wurde. In die Casse der National-Union flössen zahl¬
reiche Unterstützungsgelder von Seiten der Gewerkvereine, von Privaten und
von Versammlungen, welche besonders zu diesem Zwecke zusammengetreten
waren. Der Vorstand der National-Union suchte auch die Mittel des Ver¬
eines soviel als möglich zu Rath zu halten, indem er soviel Arbeiter als
möglich zum Wegzug bewog und sie im Norden Englands, oder in Schott¬
land unterbrachte, sowie zur Auswanderung nach Canada veranlaßte, zumal
ein Agent der Canadischen Regierung eingetroffen war und neue, günstige
Zusicherungen ertheilte.
In dieser Art gelang es der National-Union, die weggejagten Arbeiter
bis zum Beginn der Ernte mit 10 Shilling und zuletzt mit !) Shilling
wöchentlich zu unterstützen. Zu diesem Zeitpunkt hoffte sie, würden die Päch¬
ter in ihrem eigenen Interesse zur Nachgiebigkeit genöthigt sein, zumal wenn
dazu noch das Wetter die Beschleunigung der Erntearbeiten erfordern würde.
Allein der Vorstand der National-Union hatte falsch gerechnet. Seine Agen¬
ten hatten zu bösen Samen ausgestreut, die Pächter so erbittert, daß sie mit
der äußersten Hartnäckigkeit aushielten, ja daß Manche erklärten, sie wollten
lieber sterben als nachgeben. Bei Beginn der Ernte hatten sie sich theils da¬
durch geholfen, daß sie selbst mit Weib und Kind thätiger zugriffen, und
mehr Maschinen anschafften, theils daß sie fremde Arbeiter kommen ließen,
oder Mädchen und Frauen, Kinder und Greise, deren Mitwirkung sonst ver¬
schmäht zu werden pflegt, in Arbeit nahmen. Da nun auch ein Theil der
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