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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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kommen übereinstimmendes wissenschaftliches System zur Geltung gebracht
werde/') Wie die Ansichten über Abgrenzung und Einteilung der Wissen¬
schaftsgebiete und über die wissenschaftliche Zugehörigkeit eines Buches im
Einzelnen mannigfach auseinandergehen können, so sei dem individuellen Er¬
messen in diesen Beziehungen der breiteste Spielraum gestattet, wenn nur das
Princip wissenschaftlicher Anordnung an und für sich gewahrt bleibt. Nur
der Grundsatz ist festzuhalten, daß zu vieles specialisiren, welches die Ueber¬
sicht erschwert, vermieden werde.

Bei der Frage nach Art, Zahl und Einrichtung der Kataloge ist vor
allen Dingen weise Beschränkung auf das wirklich Nothwendige und Ver¬
meidung jedes überflüssigen Beiwerks zu fordern. Als unentbehrlich wird
man neben dem Accessions-Katalog einen alphabetischen General-
Katalog und wissenschaftliche Fach-Kataloge betrachten müssen. Wenn
der alphabetische Katalog, nach den Namen der Autoren resp, bei anonymen
Schriften nach den Stichworten geordnet, die Frage zu beantworten hat. ob
ein bestimmtes Buch in der Bibliothek vorhanden ist, oder nicht, so haben
die wissenschaftlichen Kataloge zu zeigen, welche Bücher die Bibliothek über
ein einzelnes Wissenschaftsgebiet oder üher eine einzelne wissenschaftliche Materie
besitzt. Real- oder Fach-Kataloge dagegen, in welche alle Bücher nach
alphabetischer Folge der behandelten Gegenstände eingetragen werden, sind
ebenso überflüssig wie zeitraubend und gewähren nicht den Nutzen, um den
Aufwand von Mühe und Arbeitskraft, welchen sie erfordern, zu rechtfertigen.
Jedenfalls sind sie an großen Bibliotheken und mit dem zur Zeit vorhandenen
Personal neben den nothwendigen Arbeiten undurchführbar.

Für nothwendig hält man gewöhnlich noch eine vierte Gattung von
Katalogen, die Standoitskataloge, welche die Bücher in jedem Wissen¬
schaftsfache in derjenigen Reihenfolge verzeichnen, wie dieselben in den Reposi-
torien aufgestellt sind. In der That können Standortskataloge an solchen
Bibliotheken nicht entbehrt werden, welche nicht wissenschaftlich geordnet sind,
so daß die Ausstellung der Bücher sich mit der Ordnung in den Fachkatalogen
nicht deckt. Ein Irrthum aber ist es, die Nothwendigkeit der Standorts-
kataloge auch für wissenschaftlich geordnete Bibliotheken zu behaupten. Bei
wissenschaftlicher Aufstellung erfüllen die Fachkataloge zugleich den Zweck der
Standortskataloge, welche letzteren ganz überflüssig sind, wenn, wie unten ge¬
zeigt werden soll, die Numenrung dem entsprechend eingerichtet wird.

Eine besondere Erörterung erheischt der Accessions- oder Erwerbs-
Katalog. Er hat mit der Ordnung und Benutzung der Bibliothek, wofür



") Das Verlangen, es möge auf einem blibliothekarischcn Congreß per- maiora über ein
allgemein verbindliches bibliographisches System Beschluß gefaßt werden (Nullmann a. a. O,),
>se ebenso unpraktisch, als widersinnig.

kommen übereinstimmendes wissenschaftliches System zur Geltung gebracht
werde/') Wie die Ansichten über Abgrenzung und Einteilung der Wissen¬
schaftsgebiete und über die wissenschaftliche Zugehörigkeit eines Buches im
Einzelnen mannigfach auseinandergehen können, so sei dem individuellen Er¬
messen in diesen Beziehungen der breiteste Spielraum gestattet, wenn nur das
Princip wissenschaftlicher Anordnung an und für sich gewahrt bleibt. Nur
der Grundsatz ist festzuhalten, daß zu vieles specialisiren, welches die Ueber¬
sicht erschwert, vermieden werde.

Bei der Frage nach Art, Zahl und Einrichtung der Kataloge ist vor
allen Dingen weise Beschränkung auf das wirklich Nothwendige und Ver¬
meidung jedes überflüssigen Beiwerks zu fordern. Als unentbehrlich wird
man neben dem Accessions-Katalog einen alphabetischen General-
Katalog und wissenschaftliche Fach-Kataloge betrachten müssen. Wenn
der alphabetische Katalog, nach den Namen der Autoren resp, bei anonymen
Schriften nach den Stichworten geordnet, die Frage zu beantworten hat. ob
ein bestimmtes Buch in der Bibliothek vorhanden ist, oder nicht, so haben
die wissenschaftlichen Kataloge zu zeigen, welche Bücher die Bibliothek über
ein einzelnes Wissenschaftsgebiet oder üher eine einzelne wissenschaftliche Materie
besitzt. Real- oder Fach-Kataloge dagegen, in welche alle Bücher nach
alphabetischer Folge der behandelten Gegenstände eingetragen werden, sind
ebenso überflüssig wie zeitraubend und gewähren nicht den Nutzen, um den
Aufwand von Mühe und Arbeitskraft, welchen sie erfordern, zu rechtfertigen.
Jedenfalls sind sie an großen Bibliotheken und mit dem zur Zeit vorhandenen
Personal neben den nothwendigen Arbeiten undurchführbar.

Für nothwendig hält man gewöhnlich noch eine vierte Gattung von
Katalogen, die Standoitskataloge, welche die Bücher in jedem Wissen¬
schaftsfache in derjenigen Reihenfolge verzeichnen, wie dieselben in den Reposi-
torien aufgestellt sind. In der That können Standortskataloge an solchen
Bibliotheken nicht entbehrt werden, welche nicht wissenschaftlich geordnet sind,
so daß die Ausstellung der Bücher sich mit der Ordnung in den Fachkatalogen
nicht deckt. Ein Irrthum aber ist es, die Nothwendigkeit der Standorts-
kataloge auch für wissenschaftlich geordnete Bibliotheken zu behaupten. Bei
wissenschaftlicher Aufstellung erfüllen die Fachkataloge zugleich den Zweck der
Standortskataloge, welche letzteren ganz überflüssig sind, wenn, wie unten ge¬
zeigt werden soll, die Numenrung dem entsprechend eingerichtet wird.

Eine besondere Erörterung erheischt der Accessions- oder Erwerbs-
Katalog. Er hat mit der Ordnung und Benutzung der Bibliothek, wofür



") Das Verlangen, es möge auf einem blibliothekarischcn Congreß per- maiora über ein
allgemein verbindliches bibliographisches System Beschluß gefaßt werden (Nullmann a. a. O,),
>se ebenso unpraktisch, als widersinnig.
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[0381] kommen übereinstimmendes wissenschaftliches System zur Geltung gebracht werde/') Wie die Ansichten über Abgrenzung und Einteilung der Wissen¬ schaftsgebiete und über die wissenschaftliche Zugehörigkeit eines Buches im Einzelnen mannigfach auseinandergehen können, so sei dem individuellen Er¬ messen in diesen Beziehungen der breiteste Spielraum gestattet, wenn nur das Princip wissenschaftlicher Anordnung an und für sich gewahrt bleibt. Nur der Grundsatz ist festzuhalten, daß zu vieles specialisiren, welches die Ueber¬ sicht erschwert, vermieden werde. Bei der Frage nach Art, Zahl und Einrichtung der Kataloge ist vor allen Dingen weise Beschränkung auf das wirklich Nothwendige und Ver¬ meidung jedes überflüssigen Beiwerks zu fordern. Als unentbehrlich wird man neben dem Accessions-Katalog einen alphabetischen General- Katalog und wissenschaftliche Fach-Kataloge betrachten müssen. Wenn der alphabetische Katalog, nach den Namen der Autoren resp, bei anonymen Schriften nach den Stichworten geordnet, die Frage zu beantworten hat. ob ein bestimmtes Buch in der Bibliothek vorhanden ist, oder nicht, so haben die wissenschaftlichen Kataloge zu zeigen, welche Bücher die Bibliothek über ein einzelnes Wissenschaftsgebiet oder üher eine einzelne wissenschaftliche Materie besitzt. Real- oder Fach-Kataloge dagegen, in welche alle Bücher nach alphabetischer Folge der behandelten Gegenstände eingetragen werden, sind ebenso überflüssig wie zeitraubend und gewähren nicht den Nutzen, um den Aufwand von Mühe und Arbeitskraft, welchen sie erfordern, zu rechtfertigen. Jedenfalls sind sie an großen Bibliotheken und mit dem zur Zeit vorhandenen Personal neben den nothwendigen Arbeiten undurchführbar. Für nothwendig hält man gewöhnlich noch eine vierte Gattung von Katalogen, die Standoitskataloge, welche die Bücher in jedem Wissen¬ schaftsfache in derjenigen Reihenfolge verzeichnen, wie dieselben in den Reposi- torien aufgestellt sind. In der That können Standortskataloge an solchen Bibliotheken nicht entbehrt werden, welche nicht wissenschaftlich geordnet sind, so daß die Ausstellung der Bücher sich mit der Ordnung in den Fachkatalogen nicht deckt. Ein Irrthum aber ist es, die Nothwendigkeit der Standorts- kataloge auch für wissenschaftlich geordnete Bibliotheken zu behaupten. Bei wissenschaftlicher Aufstellung erfüllen die Fachkataloge zugleich den Zweck der Standortskataloge, welche letzteren ganz überflüssig sind, wenn, wie unten ge¬ zeigt werden soll, die Numenrung dem entsprechend eingerichtet wird. Eine besondere Erörterung erheischt der Accessions- oder Erwerbs- Katalog. Er hat mit der Ordnung und Benutzung der Bibliothek, wofür ") Das Verlangen, es möge auf einem blibliothekarischcn Congreß per- maiora über ein allgemein verbindliches bibliographisches System Beschluß gefaßt werden (Nullmann a. a. O,), >se ebenso unpraktisch, als widersinnig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/381>, abgerufen am 25.08.2024.