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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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dem ganzen Theil des kleinen Staates binnen Kurzem einen völlig veränder¬
ten Charakter zu geben. -- Esser County war bisher nur bekannt durch die
Urnaivitcit seiner Farmer. Hier hauste der "Potsdamer" der Vereinigten Staaten;
hier war der Stammsitz des ächten Brother Jonathan. Wie anders soll das
nun Alles werden. Und nur deßhalb, weil ein professioneller Bummler einen
Fund gemacht und ein geriebener Yankee-Farmer diesen Fund zu würdigen
verstand. --

Ein Bummler, aus Bysield gebürtig. Namens Rogers, machte vor nun
etwa 6 Jahren an einem schönen sonnigen Herbsttag einen seiner Studien"
Spaziergänge, welcher ihn auch über die Weide von Highfield führte. In
tiefen Gedanken hob er kleine Steinchen auf, und war durch ihr großes Ge¬
wicht erstaunt. Er ließ sie in seiner Hand im Sonnenlicht funkeln, er zer¬
schlug einige -- und siehe! auch das Innere funkelte. Er hatte gewiß einen
Fund gemacht. Aber, was sollte er denn mit demselben anfangen, er, der
arme Mann? Trotzdem steckte er mehrere Steine ein und brachte sie einem
unverheiratheten älteren Farmer Namens Albert Adams bei Newbury. Dieser
war ebenfalls höchst überrascht, ohne übrigens dem Rogers sein Interesse zu
verrathen, im Gegentheil. Er solle sich nicht auslachen lassen, die Steinchen
seien ja allbekannt -- ob er glaube, sie hätten nur auf ihn gewartet um er¬
kannt zu werden, sie enthielten eben Glimmer, wie alles Gestein umher. --
Ohne irgend einer Seele etwas mitzutheilen -- denn vor Rogers war ihm
nicht bange -- wer wollte dem Bummler glauben? -- ging Adams an die
Arbeit und wie ? Fragte er etwa einen Geologen um Rath? Gott bewahre.
Er fing in seinen alten Tagen an Geologie und Mineralogie zu studiren.
Und nach jahrelangem Fleiß hatte er die Wissenschaft endlich so weit erfaßt,
selbst bestimmen zu können, daß in den Steinen starke, ja lohnende Zu¬
sätze von Blei sich befänden.

In Folge seiner Forschung kaufte Adams die 12 Acres des Weidelandes
von seinem bisherigen Besitzer, einem alten Farmer Namens Jaquith für 4200
Dolls. baar ab. Und die Vorsicht und das Studium sollten nun dem fleißi¬
gen Adams bald reiche Früchte bringen. Er fing zu "graben" an. An der
Oberfläche fand er natürlich mehr oder weniger verwittertes und oxydirtes
Gestein. Bei einer Tiefe von 6 Fuß aber schon traf er auf die wirkliche
"Ader". Er brachte mehrere Tonnen*) des Gesteines nach Hause und unter¬
suchte dasselbe.

Seine Ausgrabungen konnten natürlich nicht geschehen ohne die Auf¬
merksamkeit der Nachbarschaft auf sich zu ziehen, und bald verlautete, was der
Mann suche und in so reichem Maaße finde. Die "ältesten Leute" ärgerten



") Tonne: ist ein Gcwichtsmaaß von 2000 Pfund enql.

dem ganzen Theil des kleinen Staates binnen Kurzem einen völlig veränder¬
ten Charakter zu geben. — Esser County war bisher nur bekannt durch die
Urnaivitcit seiner Farmer. Hier hauste der „Potsdamer" der Vereinigten Staaten;
hier war der Stammsitz des ächten Brother Jonathan. Wie anders soll das
nun Alles werden. Und nur deßhalb, weil ein professioneller Bummler einen
Fund gemacht und ein geriebener Yankee-Farmer diesen Fund zu würdigen
verstand. —

Ein Bummler, aus Bysield gebürtig. Namens Rogers, machte vor nun
etwa 6 Jahren an einem schönen sonnigen Herbsttag einen seiner Studien»
Spaziergänge, welcher ihn auch über die Weide von Highfield führte. In
tiefen Gedanken hob er kleine Steinchen auf, und war durch ihr großes Ge¬
wicht erstaunt. Er ließ sie in seiner Hand im Sonnenlicht funkeln, er zer¬
schlug einige — und siehe! auch das Innere funkelte. Er hatte gewiß einen
Fund gemacht. Aber, was sollte er denn mit demselben anfangen, er, der
arme Mann? Trotzdem steckte er mehrere Steine ein und brachte sie einem
unverheiratheten älteren Farmer Namens Albert Adams bei Newbury. Dieser
war ebenfalls höchst überrascht, ohne übrigens dem Rogers sein Interesse zu
verrathen, im Gegentheil. Er solle sich nicht auslachen lassen, die Steinchen
seien ja allbekannt — ob er glaube, sie hätten nur auf ihn gewartet um er¬
kannt zu werden, sie enthielten eben Glimmer, wie alles Gestein umher. —
Ohne irgend einer Seele etwas mitzutheilen — denn vor Rogers war ihm
nicht bange — wer wollte dem Bummler glauben? — ging Adams an die
Arbeit und wie ? Fragte er etwa einen Geologen um Rath? Gott bewahre.
Er fing in seinen alten Tagen an Geologie und Mineralogie zu studiren.
Und nach jahrelangem Fleiß hatte er die Wissenschaft endlich so weit erfaßt,
selbst bestimmen zu können, daß in den Steinen starke, ja lohnende Zu¬
sätze von Blei sich befänden.

In Folge seiner Forschung kaufte Adams die 12 Acres des Weidelandes
von seinem bisherigen Besitzer, einem alten Farmer Namens Jaquith für 4200
Dolls. baar ab. Und die Vorsicht und das Studium sollten nun dem fleißi¬
gen Adams bald reiche Früchte bringen. Er fing zu „graben" an. An der
Oberfläche fand er natürlich mehr oder weniger verwittertes und oxydirtes
Gestein. Bei einer Tiefe von 6 Fuß aber schon traf er auf die wirkliche
„Ader". Er brachte mehrere Tonnen*) des Gesteines nach Hause und unter¬
suchte dasselbe.

Seine Ausgrabungen konnten natürlich nicht geschehen ohne die Auf¬
merksamkeit der Nachbarschaft auf sich zu ziehen, und bald verlautete, was der
Mann suche und in so reichem Maaße finde. Die „ältesten Leute" ärgerten



") Tonne: ist ein Gcwichtsmaaß von 2000 Pfund enql.
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[0275] dem ganzen Theil des kleinen Staates binnen Kurzem einen völlig veränder¬ ten Charakter zu geben. — Esser County war bisher nur bekannt durch die Urnaivitcit seiner Farmer. Hier hauste der „Potsdamer" der Vereinigten Staaten; hier war der Stammsitz des ächten Brother Jonathan. Wie anders soll das nun Alles werden. Und nur deßhalb, weil ein professioneller Bummler einen Fund gemacht und ein geriebener Yankee-Farmer diesen Fund zu würdigen verstand. — Ein Bummler, aus Bysield gebürtig. Namens Rogers, machte vor nun etwa 6 Jahren an einem schönen sonnigen Herbsttag einen seiner Studien» Spaziergänge, welcher ihn auch über die Weide von Highfield führte. In tiefen Gedanken hob er kleine Steinchen auf, und war durch ihr großes Ge¬ wicht erstaunt. Er ließ sie in seiner Hand im Sonnenlicht funkeln, er zer¬ schlug einige — und siehe! auch das Innere funkelte. Er hatte gewiß einen Fund gemacht. Aber, was sollte er denn mit demselben anfangen, er, der arme Mann? Trotzdem steckte er mehrere Steine ein und brachte sie einem unverheiratheten älteren Farmer Namens Albert Adams bei Newbury. Dieser war ebenfalls höchst überrascht, ohne übrigens dem Rogers sein Interesse zu verrathen, im Gegentheil. Er solle sich nicht auslachen lassen, die Steinchen seien ja allbekannt — ob er glaube, sie hätten nur auf ihn gewartet um er¬ kannt zu werden, sie enthielten eben Glimmer, wie alles Gestein umher. — Ohne irgend einer Seele etwas mitzutheilen — denn vor Rogers war ihm nicht bange — wer wollte dem Bummler glauben? — ging Adams an die Arbeit und wie ? Fragte er etwa einen Geologen um Rath? Gott bewahre. Er fing in seinen alten Tagen an Geologie und Mineralogie zu studiren. Und nach jahrelangem Fleiß hatte er die Wissenschaft endlich so weit erfaßt, selbst bestimmen zu können, daß in den Steinen starke, ja lohnende Zu¬ sätze von Blei sich befänden. In Folge seiner Forschung kaufte Adams die 12 Acres des Weidelandes von seinem bisherigen Besitzer, einem alten Farmer Namens Jaquith für 4200 Dolls. baar ab. Und die Vorsicht und das Studium sollten nun dem fleißi¬ gen Adams bald reiche Früchte bringen. Er fing zu „graben" an. An der Oberfläche fand er natürlich mehr oder weniger verwittertes und oxydirtes Gestein. Bei einer Tiefe von 6 Fuß aber schon traf er auf die wirkliche „Ader". Er brachte mehrere Tonnen*) des Gesteines nach Hause und unter¬ suchte dasselbe. Seine Ausgrabungen konnten natürlich nicht geschehen ohne die Auf¬ merksamkeit der Nachbarschaft auf sich zu ziehen, und bald verlautete, was der Mann suche und in so reichem Maaße finde. Die „ältesten Leute" ärgerten ") Tonne: ist ein Gcwichtsmaaß von 2000 Pfund enql.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/275>, abgerufen am 23.07.2024.