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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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In diesen Magazinen finden auch die Zollrevisionen statt und werden
die großen Auktionen abgehalten, durch welche dann die Waaren in alle Welt
zerstreut auseinander gehen. In den der East- und West-Jutta-Dock-Com-
Pagnie gehörigen ausgedehnten Gebäuden befindet sich eine förmliche Aus¬
stellung von chinesischem und japanesischen Geschirr, Zierrathen, Schmuckkasten.
Komoden von allen möglichen Größen in 3 großen Sälen ausgestellt und
einzelne dieser Kasten repräsentiren einen Bserth von 3000 Pfund Sterling.
In einem großen Gebäude ist der Thee in wirklicher Originalverpackung ge¬
lagert, nichts anderes darf außerdem in das Haus hinein, um den feinen
Geruch nicht zu schädigen. Hier kostet das Pfund gewöhnlichen Familienthees
Zros etwa 70 bis 80 Pfennig und schon drüben über der Straße verlangt
der Kaufmann für dieselbe Sorte, die höchstens wieder etwas -- gemischt
worden ist 2^2 Mark.

Hier lagert in einem durch und durch blauen Hause für etwa ^ Millio¬
nen Pfund Sterling Indigo, nicht weit davon für I'/z Millionen Seide,
Hunderte von den feinsten Elephantenstoßzähnen und in einem großen Saale
stehen Hunderte von Kisten mit den herrlichsten Straußenfedern, von denen
viele bis zu l000 Pfund Sterling Werth haben. In andern Sälen wieder
sind in Kisten verpackt Colibris, Fasanen und wie alle die vielen buntschil¬
lernden Waldbewohner noch heißen mögen, die hier dicht zusammengepfercht
aus fernen Landen hergeschickt worden sind, um mit ihrer Pracht das schöne
Geschlecht noch schöner zu machen. Wenn doch nur diejenigen, welche die
Moden bestimmen, sich an der Schönheit der Geschöpfe, welche ihr Leben lassen
mußten, auf daß mit ihrem Gefieder irgend ein neuer Effect erhascht werden
könne, ein Muster nehmen wollten, anstatt alles Mögliche daran zu setzen,
wie ihren häßlichen Kunstprodukten die Schönheiten der Natur zu verunstalten;
"der ist ihnen aller Begriff von Schönheit verloren gegangen?

In diesen Lagerhäusern befindet sich auch eine kleine Sammlung aller
Medieinalrohproducte, wenn ich mich so ausdrücken darf, der ganzen Erde;
und mit großem Stolz versichert der Wärter dieser Schätze, seine Sammlung
sei nicht nur vollständig, sondern sie enthalte auch das Vorzüglichste in ihrer
Art, denn von allen Offizinalwaaren würden stets die schönsten und besten
^emplare ausgesucht um seiner kleinen unscheinbaren Sammlung einverleibt
zu werden. Sie scheint denn auch wirklich sehr werthvoll zu sein und sie ist
eigenthümlicher Weise bei manchen Arzneistoffen derartig geordnet, daß bei
verschiedenen Arten desselben Produktes nicht das Vorkommen sondern die
Nation maaßgebend war, deren Aerzte diese Abart einer andern vorziehen.

Doch genug von den Docks; und von der ernsten Arbeit zum Vergnügen.
Sind ja doch auch die Vergnügungen eines Volkes so recht dazu angethan
es darin zu beobachten. Auch hier, in allen Concerten, Schaustellungen,


Grenzboten I. 1875. 28

In diesen Magazinen finden auch die Zollrevisionen statt und werden
die großen Auktionen abgehalten, durch welche dann die Waaren in alle Welt
zerstreut auseinander gehen. In den der East- und West-Jutta-Dock-Com-
Pagnie gehörigen ausgedehnten Gebäuden befindet sich eine förmliche Aus¬
stellung von chinesischem und japanesischen Geschirr, Zierrathen, Schmuckkasten.
Komoden von allen möglichen Größen in 3 großen Sälen ausgestellt und
einzelne dieser Kasten repräsentiren einen Bserth von 3000 Pfund Sterling.
In einem großen Gebäude ist der Thee in wirklicher Originalverpackung ge¬
lagert, nichts anderes darf außerdem in das Haus hinein, um den feinen
Geruch nicht zu schädigen. Hier kostet das Pfund gewöhnlichen Familienthees
Zros etwa 70 bis 80 Pfennig und schon drüben über der Straße verlangt
der Kaufmann für dieselbe Sorte, die höchstens wieder etwas — gemischt
worden ist 2^2 Mark.

Hier lagert in einem durch und durch blauen Hause für etwa ^ Millio¬
nen Pfund Sterling Indigo, nicht weit davon für I'/z Millionen Seide,
Hunderte von den feinsten Elephantenstoßzähnen und in einem großen Saale
stehen Hunderte von Kisten mit den herrlichsten Straußenfedern, von denen
viele bis zu l000 Pfund Sterling Werth haben. In andern Sälen wieder
sind in Kisten verpackt Colibris, Fasanen und wie alle die vielen buntschil¬
lernden Waldbewohner noch heißen mögen, die hier dicht zusammengepfercht
aus fernen Landen hergeschickt worden sind, um mit ihrer Pracht das schöne
Geschlecht noch schöner zu machen. Wenn doch nur diejenigen, welche die
Moden bestimmen, sich an der Schönheit der Geschöpfe, welche ihr Leben lassen
mußten, auf daß mit ihrem Gefieder irgend ein neuer Effect erhascht werden
könne, ein Muster nehmen wollten, anstatt alles Mögliche daran zu setzen,
wie ihren häßlichen Kunstprodukten die Schönheiten der Natur zu verunstalten;
"der ist ihnen aller Begriff von Schönheit verloren gegangen?

In diesen Lagerhäusern befindet sich auch eine kleine Sammlung aller
Medieinalrohproducte, wenn ich mich so ausdrücken darf, der ganzen Erde;
und mit großem Stolz versichert der Wärter dieser Schätze, seine Sammlung
sei nicht nur vollständig, sondern sie enthalte auch das Vorzüglichste in ihrer
Art, denn von allen Offizinalwaaren würden stets die schönsten und besten
^emplare ausgesucht um seiner kleinen unscheinbaren Sammlung einverleibt
zu werden. Sie scheint denn auch wirklich sehr werthvoll zu sein und sie ist
eigenthümlicher Weise bei manchen Arzneistoffen derartig geordnet, daß bei
verschiedenen Arten desselben Produktes nicht das Vorkommen sondern die
Nation maaßgebend war, deren Aerzte diese Abart einer andern vorziehen.

Doch genug von den Docks; und von der ernsten Arbeit zum Vergnügen.
Sind ja doch auch die Vergnügungen eines Volkes so recht dazu angethan
es darin zu beobachten. Auch hier, in allen Concerten, Schaustellungen,


Grenzboten I. 1875. 28
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[0225] In diesen Magazinen finden auch die Zollrevisionen statt und werden die großen Auktionen abgehalten, durch welche dann die Waaren in alle Welt zerstreut auseinander gehen. In den der East- und West-Jutta-Dock-Com- Pagnie gehörigen ausgedehnten Gebäuden befindet sich eine förmliche Aus¬ stellung von chinesischem und japanesischen Geschirr, Zierrathen, Schmuckkasten. Komoden von allen möglichen Größen in 3 großen Sälen ausgestellt und einzelne dieser Kasten repräsentiren einen Bserth von 3000 Pfund Sterling. In einem großen Gebäude ist der Thee in wirklicher Originalverpackung ge¬ lagert, nichts anderes darf außerdem in das Haus hinein, um den feinen Geruch nicht zu schädigen. Hier kostet das Pfund gewöhnlichen Familienthees Zros etwa 70 bis 80 Pfennig und schon drüben über der Straße verlangt der Kaufmann für dieselbe Sorte, die höchstens wieder etwas — gemischt worden ist 2^2 Mark. Hier lagert in einem durch und durch blauen Hause für etwa ^ Millio¬ nen Pfund Sterling Indigo, nicht weit davon für I'/z Millionen Seide, Hunderte von den feinsten Elephantenstoßzähnen und in einem großen Saale stehen Hunderte von Kisten mit den herrlichsten Straußenfedern, von denen viele bis zu l000 Pfund Sterling Werth haben. In andern Sälen wieder sind in Kisten verpackt Colibris, Fasanen und wie alle die vielen buntschil¬ lernden Waldbewohner noch heißen mögen, die hier dicht zusammengepfercht aus fernen Landen hergeschickt worden sind, um mit ihrer Pracht das schöne Geschlecht noch schöner zu machen. Wenn doch nur diejenigen, welche die Moden bestimmen, sich an der Schönheit der Geschöpfe, welche ihr Leben lassen mußten, auf daß mit ihrem Gefieder irgend ein neuer Effect erhascht werden könne, ein Muster nehmen wollten, anstatt alles Mögliche daran zu setzen, wie ihren häßlichen Kunstprodukten die Schönheiten der Natur zu verunstalten; "der ist ihnen aller Begriff von Schönheit verloren gegangen? In diesen Lagerhäusern befindet sich auch eine kleine Sammlung aller Medieinalrohproducte, wenn ich mich so ausdrücken darf, der ganzen Erde; und mit großem Stolz versichert der Wärter dieser Schätze, seine Sammlung sei nicht nur vollständig, sondern sie enthalte auch das Vorzüglichste in ihrer Art, denn von allen Offizinalwaaren würden stets die schönsten und besten ^emplare ausgesucht um seiner kleinen unscheinbaren Sammlung einverleibt zu werden. Sie scheint denn auch wirklich sehr werthvoll zu sein und sie ist eigenthümlicher Weise bei manchen Arzneistoffen derartig geordnet, daß bei verschiedenen Arten desselben Produktes nicht das Vorkommen sondern die Nation maaßgebend war, deren Aerzte diese Abart einer andern vorziehen. Doch genug von den Docks; und von der ernsten Arbeit zum Vergnügen. Sind ja doch auch die Vergnügungen eines Volkes so recht dazu angethan es darin zu beobachten. Auch hier, in allen Concerten, Schaustellungen, Grenzboten I. 1875. 28

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/225>, abgerufen am 23.07.2024.