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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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Julien, Deutschland nach seinem Vaterland zurückkehren wollte, wo ihn ein
liebendes Mädchen schon lange Zeit sehnlich erwartete. Wir hatten uns in
dem Tempel von Phigalien ' wieder zu finden versprochen. Nachdem wir
in Zarte unsere Geschäfte beendet hatten, schifften wir nach Pyrgo über,
von wo aus wir unsere Reise in der Morea begannen. Wir besuchten zuerst
die Reste von Olympia in Elis, wo man jedoch auser der Situation des
Altys heutzutag nur noch wenig mehr erkennt. Wir glauben den Tempel
des Olympischen Jupiters gesunden zu haben, seine Ruinen sind aber neuer¬
dings durch die Barbarei der Türken sehr geschmälert worden. Die schon in
frühern Zeiten großen Überschwemmungen des Alpheus haben überhaupt die
Lage Olympias sehr unkenntlich gemacht, und unsere Reisende sind noch zwei¬
felhaft ob die, die wir besuchten, die wirkliche ist. Der Fluß, der sich sehr
malerisch durch Thäler zwischen den hohen Gebirgen mündet, gehört mit zu
den schönsten und größten in Griechenland. Nach ein paar Tagen hiesigen
Aufenthaltes giengen wir nach Arkadien, und zwar zuerst nach den Ruinen
des schönen Tempels des Apolls Epikurius von Phigalien, auf dem Berg
Cotylius, eines des höchsten Arkadiens; kaum waren wir in dieselben'getreten,
als uns ein Paket mit meiner Adresse an einer seiner Säulen aufgehangen,
in die Augen fiel. Es enthielt das letzte Lebewohl meines Freundes Koch,
der die vorige Nacht hier zugebracht hatte, und da er gegen unsere Absprache
uns hier nicht fand, seine Reise ub'er Elis nach Zarte zurücknahm. Er hatte
mir dabei seine Charte des alten Griechenlands zum Andenken zurückgelassen.
Wir schlugen nun hier wieder unser Zelt auf, da nur auf mehrere Entfer¬
nung tiefer gelegene Oerter, zum Wohnen sind. Außer der eigenen Schönheit
der Architektur dieses dorischen Tempels ist seine Lage sehr schön. Gegen
Süden reicht das Auge von ihm über die niedrigen Vorgebirge und die Ebene
Messeniens bis an den Horizont des Meeres. Aus jener steigt der in der
Geschichte von Messenien so berühmte Berg Jthüme jetzt Volkano Bura
genannt, als eine malerische grvse Parthie im Mittelgrunde dieser herrlichen
Gegend empor. Wir nahmen uns vor. auch die hiesigen Ruinen genau zu
untersuchen, und hatten schon mit Eifer die Hände ans Werk gelegt, als wir
durch den Cadi von Sanari, unter dem dieser Ort steht, darinnen gestört
wurden. Er lies uns durch ein zwar höfliches Schreiben ernähren, nicht nur
keine Hand an jene Ruinen zu legen, sondern auch selbst unsern Aufenthalt
dabei nicht mehr zu verlängern, was er bey einer persönlichen Visttte wieder¬
holte, indem es ihm unmöglich sei, unsre Bitte darum zu gewähren, indem
der herrschende Veli Pascha der Morea. ihm mit seinem Kopf dafür verant¬
wortlich gemacht habe. Mit vielen Bedauren setzten wir unser angefangenes
Werk aus, wo wir schon wieder so glücklich waren, die Reste sehr schöner
Bildhauerwerke in Basreliefen unter den Trümmern des Tempels vergraben,


Julien, Deutschland nach seinem Vaterland zurückkehren wollte, wo ihn ein
liebendes Mädchen schon lange Zeit sehnlich erwartete. Wir hatten uns in
dem Tempel von Phigalien ' wieder zu finden versprochen. Nachdem wir
in Zarte unsere Geschäfte beendet hatten, schifften wir nach Pyrgo über,
von wo aus wir unsere Reise in der Morea begannen. Wir besuchten zuerst
die Reste von Olympia in Elis, wo man jedoch auser der Situation des
Altys heutzutag nur noch wenig mehr erkennt. Wir glauben den Tempel
des Olympischen Jupiters gesunden zu haben, seine Ruinen sind aber neuer¬
dings durch die Barbarei der Türken sehr geschmälert worden. Die schon in
frühern Zeiten großen Überschwemmungen des Alpheus haben überhaupt die
Lage Olympias sehr unkenntlich gemacht, und unsere Reisende sind noch zwei¬
felhaft ob die, die wir besuchten, die wirkliche ist. Der Fluß, der sich sehr
malerisch durch Thäler zwischen den hohen Gebirgen mündet, gehört mit zu
den schönsten und größten in Griechenland. Nach ein paar Tagen hiesigen
Aufenthaltes giengen wir nach Arkadien, und zwar zuerst nach den Ruinen
des schönen Tempels des Apolls Epikurius von Phigalien, auf dem Berg
Cotylius, eines des höchsten Arkadiens; kaum waren wir in dieselben'getreten,
als uns ein Paket mit meiner Adresse an einer seiner Säulen aufgehangen,
in die Augen fiel. Es enthielt das letzte Lebewohl meines Freundes Koch,
der die vorige Nacht hier zugebracht hatte, und da er gegen unsere Absprache
uns hier nicht fand, seine Reise ub'er Elis nach Zarte zurücknahm. Er hatte
mir dabei seine Charte des alten Griechenlands zum Andenken zurückgelassen.
Wir schlugen nun hier wieder unser Zelt auf, da nur auf mehrere Entfer¬
nung tiefer gelegene Oerter, zum Wohnen sind. Außer der eigenen Schönheit
der Architektur dieses dorischen Tempels ist seine Lage sehr schön. Gegen
Süden reicht das Auge von ihm über die niedrigen Vorgebirge und die Ebene
Messeniens bis an den Horizont des Meeres. Aus jener steigt der in der
Geschichte von Messenien so berühmte Berg Jthüme jetzt Volkano Bura
genannt, als eine malerische grvse Parthie im Mittelgrunde dieser herrlichen
Gegend empor. Wir nahmen uns vor. auch die hiesigen Ruinen genau zu
untersuchen, und hatten schon mit Eifer die Hände ans Werk gelegt, als wir
durch den Cadi von Sanari, unter dem dieser Ort steht, darinnen gestört
wurden. Er lies uns durch ein zwar höfliches Schreiben ernähren, nicht nur
keine Hand an jene Ruinen zu legen, sondern auch selbst unsern Aufenthalt
dabei nicht mehr zu verlängern, was er bey einer persönlichen Visttte wieder¬
holte, indem es ihm unmöglich sei, unsre Bitte darum zu gewähren, indem
der herrschende Veli Pascha der Morea. ihm mit seinem Kopf dafür verant¬
wortlich gemacht habe. Mit vielen Bedauren setzten wir unser angefangenes
Werk aus, wo wir schon wieder so glücklich waren, die Reste sehr schöner
Bildhauerwerke in Basreliefen unter den Trümmern des Tempels vergraben,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/220>, abgerufen am 23.07.2024.