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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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suchen und Zeichnen beschäftigt, obschon von Corinths ehemaliger Pracht nur
wenig Spuren übrig sind, und die sich beinahe nur auf die Reste eines Do¬
rischen Tempels einschließen; doch diese sind auch allein schon hinlänglich
dem Sinne für solche Gr oss eit Beschäftigung zu geben. Wir gingen end¬
lich zu Fuße über den Isthmus, und schifften uns zu Cenchrea auf einer klei¬
nen Eginetischen Barke für Athen ein. Der Wind trieb uns doch zuerst nach
Egina, wo ich mich sogleich am Anblick der schönen Säulen des Venus-Tem¬
pels am Porto weidete. Ich kann Dir nun den Eindruck nicht beschreiben, den
mir schon Athen mit seinen Umgebungen machte, als wir uns dem Piraeus
näherten, und nun zu Fuß demselben zueilten; doch ich hoffe Dir einst einige
Früchte meines Aufenthaltes an diesem herrlichen Orte Griechenlands zeigen
zu können. In seiner ersten Periode war ich jedoch wieder einer schweren
Prüfung unterzogen, in dem bald nach unserer Ankunft mein l. Stackelberg
und Links aufs Krankenbette fielen, und ersterer dem Grabe nahe gebracht
wurde. Nachdem diese Freunde aber durch Gott und die Hülfe eines zufällig
anwesenden englischen Arztes außer Gefahr waren, schiffte ich mich mit meinen
beiden andern lieben Freunden und Herr'n Grvpius, den wir hier kennen zu
lernen bald die Freude hatten, nach der Insel Hydra ein, um von da nach
dem Peloponnes zu gehen. Die Witterung war unserer Reise entgegen, und
hatte uns viel Zeit und Geld verlieren machen, so daß wir sie nur auf einen
flüchtigen Besuch des Interessantesten in der Argolide einschränken müsten.

Wir giengen die uralten Städte: Tyrinth, Mycene, den heiligen Haym
von Epidaurus zu besehen, wo mir besonders die Neste des herrlichen The¬
aters von Philoktet aus weißem Marmor erbauet, innigen Genus gaben;
von da nahmen wir über Argos, den Resten des Jupiter-Tempels zu Ne-
Maea und Corinth unsern Weg nach Athen zurück. Die.bald darauf folgende
Ankunft Cockerells, eines englischen Architekten, war mir um so angenehmer,
als wir in einem Borsatz zusammentrafen, die schönsten Monumente der grie¬
chischen Baukunst näher zu untersuchen. Cockerell hat von der Natur die vor¬
züglichsten Geistesgaben und ein sehr angenehmes Aeußere empfangen, und
Ulan kann sagen die Schönheit seiner Seele ist in seinem Ange und seiner
ganzen Miene ausgesprochen. Mit einer unbegrenzten Liebe verfolgt er un^
ausgesetzt thätig das Streben zur weitern Ausbildung seiner Kunst, für die
^ mit Auszeichnung ein großes Talent besitzt. Alles dieses zog mich alsbald
an ihn "n, und im ungetrennten Zusammenwirken für ein und ebendemselben
Zweck, wurden wir enge Freunde.

Der l. Stackelberg, Koch und Bröndstedt beschloßen am Anfang des
^ahrs 1811. ihre Reise weiter durch das nördliche Griechenland und nach
Constantinopel fortzusetzen. Der l. Links fühlte sich nach seiner Krankheit
noch nicht fähig sie zu begleiten, und ich zog es vor. mit Eockerell vereint.


Grenzboten I. 1875. 27

suchen und Zeichnen beschäftigt, obschon von Corinths ehemaliger Pracht nur
wenig Spuren übrig sind, und die sich beinahe nur auf die Reste eines Do¬
rischen Tempels einschließen; doch diese sind auch allein schon hinlänglich
dem Sinne für solche Gr oss eit Beschäftigung zu geben. Wir gingen end¬
lich zu Fuße über den Isthmus, und schifften uns zu Cenchrea auf einer klei¬
nen Eginetischen Barke für Athen ein. Der Wind trieb uns doch zuerst nach
Egina, wo ich mich sogleich am Anblick der schönen Säulen des Venus-Tem¬
pels am Porto weidete. Ich kann Dir nun den Eindruck nicht beschreiben, den
mir schon Athen mit seinen Umgebungen machte, als wir uns dem Piraeus
näherten, und nun zu Fuß demselben zueilten; doch ich hoffe Dir einst einige
Früchte meines Aufenthaltes an diesem herrlichen Orte Griechenlands zeigen
zu können. In seiner ersten Periode war ich jedoch wieder einer schweren
Prüfung unterzogen, in dem bald nach unserer Ankunft mein l. Stackelberg
und Links aufs Krankenbette fielen, und ersterer dem Grabe nahe gebracht
wurde. Nachdem diese Freunde aber durch Gott und die Hülfe eines zufällig
anwesenden englischen Arztes außer Gefahr waren, schiffte ich mich mit meinen
beiden andern lieben Freunden und Herr'n Grvpius, den wir hier kennen zu
lernen bald die Freude hatten, nach der Insel Hydra ein, um von da nach
dem Peloponnes zu gehen. Die Witterung war unserer Reise entgegen, und
hatte uns viel Zeit und Geld verlieren machen, so daß wir sie nur auf einen
flüchtigen Besuch des Interessantesten in der Argolide einschränken müsten.

Wir giengen die uralten Städte: Tyrinth, Mycene, den heiligen Haym
von Epidaurus zu besehen, wo mir besonders die Neste des herrlichen The¬
aters von Philoktet aus weißem Marmor erbauet, innigen Genus gaben;
von da nahmen wir über Argos, den Resten des Jupiter-Tempels zu Ne-
Maea und Corinth unsern Weg nach Athen zurück. Die.bald darauf folgende
Ankunft Cockerells, eines englischen Architekten, war mir um so angenehmer,
als wir in einem Borsatz zusammentrafen, die schönsten Monumente der grie¬
chischen Baukunst näher zu untersuchen. Cockerell hat von der Natur die vor¬
züglichsten Geistesgaben und ein sehr angenehmes Aeußere empfangen, und
Ulan kann sagen die Schönheit seiner Seele ist in seinem Ange und seiner
ganzen Miene ausgesprochen. Mit einer unbegrenzten Liebe verfolgt er un^
ausgesetzt thätig das Streben zur weitern Ausbildung seiner Kunst, für die
^ mit Auszeichnung ein großes Talent besitzt. Alles dieses zog mich alsbald
an ihn «n, und im ungetrennten Zusammenwirken für ein und ebendemselben
Zweck, wurden wir enge Freunde.

Der l. Stackelberg, Koch und Bröndstedt beschloßen am Anfang des
^ahrs 1811. ihre Reise weiter durch das nördliche Griechenland und nach
Constantinopel fortzusetzen. Der l. Links fühlte sich nach seiner Krankheit
noch nicht fähig sie zu begleiten, und ich zog es vor. mit Eockerell vereint.


Grenzboten I. 1875. 27
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[0217] suchen und Zeichnen beschäftigt, obschon von Corinths ehemaliger Pracht nur wenig Spuren übrig sind, und die sich beinahe nur auf die Reste eines Do¬ rischen Tempels einschließen; doch diese sind auch allein schon hinlänglich dem Sinne für solche Gr oss eit Beschäftigung zu geben. Wir gingen end¬ lich zu Fuße über den Isthmus, und schifften uns zu Cenchrea auf einer klei¬ nen Eginetischen Barke für Athen ein. Der Wind trieb uns doch zuerst nach Egina, wo ich mich sogleich am Anblick der schönen Säulen des Venus-Tem¬ pels am Porto weidete. Ich kann Dir nun den Eindruck nicht beschreiben, den mir schon Athen mit seinen Umgebungen machte, als wir uns dem Piraeus näherten, und nun zu Fuß demselben zueilten; doch ich hoffe Dir einst einige Früchte meines Aufenthaltes an diesem herrlichen Orte Griechenlands zeigen zu können. In seiner ersten Periode war ich jedoch wieder einer schweren Prüfung unterzogen, in dem bald nach unserer Ankunft mein l. Stackelberg und Links aufs Krankenbette fielen, und ersterer dem Grabe nahe gebracht wurde. Nachdem diese Freunde aber durch Gott und die Hülfe eines zufällig anwesenden englischen Arztes außer Gefahr waren, schiffte ich mich mit meinen beiden andern lieben Freunden und Herr'n Grvpius, den wir hier kennen zu lernen bald die Freude hatten, nach der Insel Hydra ein, um von da nach dem Peloponnes zu gehen. Die Witterung war unserer Reise entgegen, und hatte uns viel Zeit und Geld verlieren machen, so daß wir sie nur auf einen flüchtigen Besuch des Interessantesten in der Argolide einschränken müsten. Wir giengen die uralten Städte: Tyrinth, Mycene, den heiligen Haym von Epidaurus zu besehen, wo mir besonders die Neste des herrlichen The¬ aters von Philoktet aus weißem Marmor erbauet, innigen Genus gaben; von da nahmen wir über Argos, den Resten des Jupiter-Tempels zu Ne- Maea und Corinth unsern Weg nach Athen zurück. Die.bald darauf folgende Ankunft Cockerells, eines englischen Architekten, war mir um so angenehmer, als wir in einem Borsatz zusammentrafen, die schönsten Monumente der grie¬ chischen Baukunst näher zu untersuchen. Cockerell hat von der Natur die vor¬ züglichsten Geistesgaben und ein sehr angenehmes Aeußere empfangen, und Ulan kann sagen die Schönheit seiner Seele ist in seinem Ange und seiner ganzen Miene ausgesprochen. Mit einer unbegrenzten Liebe verfolgt er un^ ausgesetzt thätig das Streben zur weitern Ausbildung seiner Kunst, für die ^ mit Auszeichnung ein großes Talent besitzt. Alles dieses zog mich alsbald an ihn «n, und im ungetrennten Zusammenwirken für ein und ebendemselben Zweck, wurden wir enge Freunde. Der l. Stackelberg, Koch und Bröndstedt beschloßen am Anfang des ^ahrs 1811. ihre Reise weiter durch das nördliche Griechenland und nach Constantinopel fortzusetzen. Der l. Links fühlte sich nach seiner Krankheit noch nicht fähig sie zu begleiten, und ich zog es vor. mit Eockerell vereint. Grenzboten I. 1875. 27

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/217>, abgerufen am 25.08.2024.