Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.Meine Sorge um Dich und für Dein zeitliches Wohl hatte mich dazu Wissend daß Du mich liebst, schlage ich Dir einen Austausch unserer Die nehmlichen Gefühle der Liebe begleiten das Andenken des Augen¬ Nach ein paar Monaten für meine Geschäfte fruchtlosen Aufenthalts zu Meine Sorge um Dich und für Dein zeitliches Wohl hatte mich dazu Wissend daß Du mich liebst, schlage ich Dir einen Austausch unserer Die nehmlichen Gefühle der Liebe begleiten das Andenken des Augen¬ Nach ein paar Monaten für meine Geschäfte fruchtlosen Aufenthalts zu <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0211" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/132971"/> <p xml:id="ID_716"> Meine Sorge um Dich und für Dein zeitliches Wohl hatte mich dazu<lb/> veranlaßt; ich hätte es aber nicht thun sollen, denn der Mann muß seinem Beruf<lb/> treu bleiben, zu dem er sich aus guten Grundsätzen bereitet, und ihn das<lb/> liebende Geschick das vom Himmel kommt, den Weg geführt hat. Ich schätze<lb/> Dich guter Bruder, den ich vou jeher und immerfort unwandelbar innig<lb/> liebte, darum sehr hoch, daß Du bei so vielen widrigen Begegnissen Deinem<lb/> Stande treu geblieben bist. Dein mir immer bekannter Heldensinn schwebte<lb/> mir als ein Muster vor, wenn Gefahr und Unfälle meinen Geist durch<lb/> Bangigkeit fesseln wollten. Ich habe jene als eine Schule kennen lernen, in<lb/> die Gott den Menschen aus großer Vaterliebe führt.</p><lb/> <p xml:id="ID_717"> Wissend daß Du mich liebst, schlage ich Dir einen Austausch unserer<lb/> Persönlichen Geschichte, seitdem wir uns das letztemal trennten, vor, und gebe<lb/> Dir die Meinige in einem summarischen Abriß zum voraus.</p><lb/> <p xml:id="ID_718"> Die nehmlichen Gefühle der Liebe begleiten das Andenken des Augen¬<lb/> blickes , wo in der Nacht am Postwagen zu Sulzbach ich mich aus Deinen<lb/> Armen reißen mußte, und ich mich nun auch von Dir, der mich so liebevoll<lb/> bis dahin begleitete, verlassen sah. Ich kam nach München mit vielen guten<lb/> Empfehlungen, die mir aber weniger zuwegebrachten, als ich gehofft hatte.'<lb/> Man betrachtete mich als Bittenden, wo ich doch nur das mir Gebührende<lb/> verlangte. Ich glaube, daß ich viel die Schuld mir selbst zuzuschreiben habe,<lb/> da ich mit zu wenigem Selbstvertrauen und mit einer falsch geleiteten Be¬<lb/> scheidenheit, die aus Mangel an jenem, Aengstlichkeit begleitete, mich den<lb/> Menschen näherte, die unter diesem Gewand nur den lästigen bittenden ahnen<lb/> mochten. Meine Vorstellung bei dem König, der Königin, dem Kronprinzen,<lb/> blieb daher nur eine leere Ceremonie. Zu den angenehmen Bekanntschaften, die<lb/> ich zu München machte, gehört die mit der Familie des Baron Lütgendorfs,<lb/> in welcher ich eine sehr gastfreundliche Aufnahme gefunden hatte, wofür ich<lb/> ihr dankbar bleibe.</p><lb/> <p xml:id="ID_719" next="#ID_720"> Nach ein paar Monaten für meine Geschäfte fruchtlosen Aufenthalts zu<lb/> München, setzte ich meine Reise weiter fort. Es hatte einen großen Kampf<lb/> gekostet zu entscheiden was unter solchen Umständen räthlicher war zu thun,<lb/> ob nach Nürnberg zurück — oder weiter vorwärts zu gehen, dazu kamen<lb/> noch die Ermahnungen des l. s. Kiefhabers und des l. Bruders Christoph,<lb/> die für Ersteres waren; doch die große Begierde nach Italien und ein immer<lb/> vorwaltender Hang sich durch Hindernisse nicht sogleich abschrecken zu lassen<lb/> ließ mich muthvoll den Bündel auf den Rücken nehmen, und meine Schritte<lb/> Zu Fuße, Tyrol zu lenken. Ein Landshuter Student, leichtsinnig, aber<lb/> sehr gutmüthig, war mein Begleiter. Ich kam mit ihm recht gut und glücklich<lb/> nach Riva am Lago ti Garda. wo ich den armen Jungen bey Freunden<lb/> zurücklief. Meine Reise durch Tyrol hatte mit jedem Schritte vorwärts, mehr</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0211]
Meine Sorge um Dich und für Dein zeitliches Wohl hatte mich dazu
veranlaßt; ich hätte es aber nicht thun sollen, denn der Mann muß seinem Beruf
treu bleiben, zu dem er sich aus guten Grundsätzen bereitet, und ihn das
liebende Geschick das vom Himmel kommt, den Weg geführt hat. Ich schätze
Dich guter Bruder, den ich vou jeher und immerfort unwandelbar innig
liebte, darum sehr hoch, daß Du bei so vielen widrigen Begegnissen Deinem
Stande treu geblieben bist. Dein mir immer bekannter Heldensinn schwebte
mir als ein Muster vor, wenn Gefahr und Unfälle meinen Geist durch
Bangigkeit fesseln wollten. Ich habe jene als eine Schule kennen lernen, in
die Gott den Menschen aus großer Vaterliebe führt.
Wissend daß Du mich liebst, schlage ich Dir einen Austausch unserer
Persönlichen Geschichte, seitdem wir uns das letztemal trennten, vor, und gebe
Dir die Meinige in einem summarischen Abriß zum voraus.
Die nehmlichen Gefühle der Liebe begleiten das Andenken des Augen¬
blickes , wo in der Nacht am Postwagen zu Sulzbach ich mich aus Deinen
Armen reißen mußte, und ich mich nun auch von Dir, der mich so liebevoll
bis dahin begleitete, verlassen sah. Ich kam nach München mit vielen guten
Empfehlungen, die mir aber weniger zuwegebrachten, als ich gehofft hatte.'
Man betrachtete mich als Bittenden, wo ich doch nur das mir Gebührende
verlangte. Ich glaube, daß ich viel die Schuld mir selbst zuzuschreiben habe,
da ich mit zu wenigem Selbstvertrauen und mit einer falsch geleiteten Be¬
scheidenheit, die aus Mangel an jenem, Aengstlichkeit begleitete, mich den
Menschen näherte, die unter diesem Gewand nur den lästigen bittenden ahnen
mochten. Meine Vorstellung bei dem König, der Königin, dem Kronprinzen,
blieb daher nur eine leere Ceremonie. Zu den angenehmen Bekanntschaften, die
ich zu München machte, gehört die mit der Familie des Baron Lütgendorfs,
in welcher ich eine sehr gastfreundliche Aufnahme gefunden hatte, wofür ich
ihr dankbar bleibe.
Nach ein paar Monaten für meine Geschäfte fruchtlosen Aufenthalts zu
München, setzte ich meine Reise weiter fort. Es hatte einen großen Kampf
gekostet zu entscheiden was unter solchen Umständen räthlicher war zu thun,
ob nach Nürnberg zurück — oder weiter vorwärts zu gehen, dazu kamen
noch die Ermahnungen des l. s. Kiefhabers und des l. Bruders Christoph,
die für Ersteres waren; doch die große Begierde nach Italien und ein immer
vorwaltender Hang sich durch Hindernisse nicht sogleich abschrecken zu lassen
ließ mich muthvoll den Bündel auf den Rücken nehmen, und meine Schritte
Zu Fuße, Tyrol zu lenken. Ein Landshuter Student, leichtsinnig, aber
sehr gutmüthig, war mein Begleiter. Ich kam mit ihm recht gut und glücklich
nach Riva am Lago ti Garda. wo ich den armen Jungen bey Freunden
zurücklief. Meine Reise durch Tyrol hatte mit jedem Schritte vorwärts, mehr
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