Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.Freimaurer- und Preß-Judenthum" und dergl. ihm nicht mehr die eigene Freimaurer- und Preß-Judenthum" und dergl. ihm nicht mehr die eigene <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0197" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/132957"/> <p xml:id="ID_674" prev="#ID_673" next="#ID_675"> Freimaurer- und Preß-Judenthum" und dergl. ihm nicht mehr die eigene<lb/> Sehkraft benimmt: was er denn eigentlich von der ganzen Geschichte halte?<lb/> — Er wird sagen: Ich muß einstweilen so und nicht anders wählen, thun<lb/> und sprechen, soll nicht mein Geschäft darüber zu Grunde gehen, soll ich<lb/> meine Ruhe in Familie und Gesellschaft behalten, weit entfernt, daß der Eine<lb/> oder andere seine Ansicht dahin äußerte: „Es ist den Schwarzröcken recht, daß<lb/> es ihnen mal gründlich an den Kittel geht." — Ein Revolutiönchen<lb/> nun gar, auf das der eine oder andere ultramontane Heißsporn sich wohl<lb/> Hoffnung gemacht hat, will trotz aller Machinationen noch immer nicht zu<lb/> Stande kommen. Und wenn ein solches überhaupt möglich gewesen wäre,<lb/> dann würden wir es bei einzelnen aufregenden und scandalösen Ereignissen,<lb/> wie der Verhaftung der Bischöfe, den Trierer Vorfällen und dergl. wohl schon<lb/> erlebt haben. Dazu gehört aber heutzutage schon etwas mehr, als cleri-<lb/> kale Wühlerei und religiöse Faradisirung: da müssen schon die socialen und<lb/> wirthschaftlichen Verhältnisse der untern und mittlern Volksschichten mit im<lb/> Spiele sein, ehe man daran denkt, einen gewaltigen Umschwung der Dinge<lb/> mit der Pike oder Sense in der Faust herbeizuführen. Bekanntlich machen<lb/> in neuester Zeit unsere ultramontanen Heerführer, da sie allgemach einsehen,<lb/> daß sie eine hoffnungslose Sache vertheidigen, die bei dem Gros des Volkes<lb/> wenig Anklang findet, auch in letzterm Artikel und stecken sich in das rauhe<lb/> Gewand des radicalen Socialismus, um dem Volk weiter Sand in die Augen<lb/> zu streuen für egoistische Machtzwecke. Ein Religionskrieg von hüben oder<lb/> drüben ist aber heute erst recht unmöglich und der Gedanke daran der lächer¬<lb/> lichste Anachronismus, der je in eines Menschen Hirn ausgeheckt worden ist.<lb/> Der Staat aber wird mit seinen berechtigten Forderungen nicht nachgeben,<lb/> weder nach rechts noch nach links sich beugen lassen, solange die Kirchengesetze ne<lb/> iurs bestehen, vornehmlich nicht der preußische: dafür ist seine Regierung von<lb/> oben bis unten, um uns des Ausdrucks zu bedienen, zu zäh. Der einzig<lb/> mögliche Ausweg und Rückschritt würde der legale auf eine verfassungsmäßige<lb/> Aenderung und Nedressirung der Maigesetze sein. Damit hat es aber gewiß<lb/> noch seine langen Wege. Darum, Ihr Herren Clerici! „I^seiatL ogni<lb/> Lngi-ansia.!" Erkennt das Gesetz an und thut, was es von Euch verlangt!<lb/> Man hat nun gesagt: „Gegen die definitive Besetzung der Succursal-<lb/> Pfarreien hätten die Herren Bischöfe im Prinzip sich niemals ausgesprochen.<lb/> Das Haupthinderniß sei immer die unzureichende Besoldung der Stellen gewesen.<lb/> Es solle der Staat daher nur für die genügende Ausstattung der Stellen<lb/> sorgen, so würde die dauernde Besetzung sich schon finden."<lb/> Was es mit diesen Nahrungssorgen auf sich hat, darüber haben wir schon<lb/> im Anfange dieses Aufsatzes unser unmaßgebliches Votum abgegeben, das<lb/> wir übrigens durch die persönliche Erfahrung erhärten können. Oder sollte</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0197]
Freimaurer- und Preß-Judenthum" und dergl. ihm nicht mehr die eigene
Sehkraft benimmt: was er denn eigentlich von der ganzen Geschichte halte?
— Er wird sagen: Ich muß einstweilen so und nicht anders wählen, thun
und sprechen, soll nicht mein Geschäft darüber zu Grunde gehen, soll ich
meine Ruhe in Familie und Gesellschaft behalten, weit entfernt, daß der Eine
oder andere seine Ansicht dahin äußerte: „Es ist den Schwarzröcken recht, daß
es ihnen mal gründlich an den Kittel geht." — Ein Revolutiönchen
nun gar, auf das der eine oder andere ultramontane Heißsporn sich wohl
Hoffnung gemacht hat, will trotz aller Machinationen noch immer nicht zu
Stande kommen. Und wenn ein solches überhaupt möglich gewesen wäre,
dann würden wir es bei einzelnen aufregenden und scandalösen Ereignissen,
wie der Verhaftung der Bischöfe, den Trierer Vorfällen und dergl. wohl schon
erlebt haben. Dazu gehört aber heutzutage schon etwas mehr, als cleri-
kale Wühlerei und religiöse Faradisirung: da müssen schon die socialen und
wirthschaftlichen Verhältnisse der untern und mittlern Volksschichten mit im
Spiele sein, ehe man daran denkt, einen gewaltigen Umschwung der Dinge
mit der Pike oder Sense in der Faust herbeizuführen. Bekanntlich machen
in neuester Zeit unsere ultramontanen Heerführer, da sie allgemach einsehen,
daß sie eine hoffnungslose Sache vertheidigen, die bei dem Gros des Volkes
wenig Anklang findet, auch in letzterm Artikel und stecken sich in das rauhe
Gewand des radicalen Socialismus, um dem Volk weiter Sand in die Augen
zu streuen für egoistische Machtzwecke. Ein Religionskrieg von hüben oder
drüben ist aber heute erst recht unmöglich und der Gedanke daran der lächer¬
lichste Anachronismus, der je in eines Menschen Hirn ausgeheckt worden ist.
Der Staat aber wird mit seinen berechtigten Forderungen nicht nachgeben,
weder nach rechts noch nach links sich beugen lassen, solange die Kirchengesetze ne
iurs bestehen, vornehmlich nicht der preußische: dafür ist seine Regierung von
oben bis unten, um uns des Ausdrucks zu bedienen, zu zäh. Der einzig
mögliche Ausweg und Rückschritt würde der legale auf eine verfassungsmäßige
Aenderung und Nedressirung der Maigesetze sein. Damit hat es aber gewiß
noch seine langen Wege. Darum, Ihr Herren Clerici! „I^seiatL ogni
Lngi-ansia.!" Erkennt das Gesetz an und thut, was es von Euch verlangt!
Man hat nun gesagt: „Gegen die definitive Besetzung der Succursal-
Pfarreien hätten die Herren Bischöfe im Prinzip sich niemals ausgesprochen.
Das Haupthinderniß sei immer die unzureichende Besoldung der Stellen gewesen.
Es solle der Staat daher nur für die genügende Ausstattung der Stellen
sorgen, so würde die dauernde Besetzung sich schon finden."
Was es mit diesen Nahrungssorgen auf sich hat, darüber haben wir schon
im Anfange dieses Aufsatzes unser unmaßgebliches Votum abgegeben, das
wir übrigens durch die persönliche Erfahrung erhärten können. Oder sollte
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