Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

reien auf dem linken Rheinufer bloß 47 fest zu besetzende Benefizien und in
der Diözese Trier unter 726 nur 69.

Dieses Institut der "Organischen Artikel" auf dem linken Rheinufer über¬
nahm auch Preußen unverändert, als ihm durch völkerrechtliche Verträge zu
Anfang dieses Jahrhunderts das linke Rheinufer als Theil seines Territoriums
zugesprochen wurde. Als nun i. I. 1821 die Beziehungen zwischen der preu¬
ßischen Monarchie und der römischen Kirche geregelt wurden, erließ der da¬
malige Papst Pius VII. eine Circumscriptionsbulle, Lulla, eireumsorixtioms
Dioveos. lieZm Lorussiei: publicirt in Preußen am 16. Juli jenes Jahres,
d. h. ein Rundschreiben für die preußischen Diöcesen, in welchem die
Diöcesan-Verhältnisse im Einzelnen genauer geregelt und u. a. auch, allerdings
im Gegensatz zu den Bestimmungen des Concils zu Trient und des canoni¬
schen Rechtes -- davon unten Näheres -- die Succursal Pfarreien des fran¬
zösischen Rechts anerkannt wurden. Als solches, d. h. als ein auf diploma¬
tischen Vereinbarungen beruhendes, vom Papste erlassenes, den Fürsten
ungetheiltes, und von denselben mit mehr oder weniger Vorbehalt publicirtes
Circular erscheint nun auch die berühmte Bulle: "ve saluto amirmruin"
(nach den Anfangsworten citirt). Dies geht auch aus der Einleitung der¬
selben hervor, welche in wortgetreuer Uebersetzung aus dem etwas barocken
Küchenlatein also lautet: "Pius Bischof, Diener der Diener Gottes. Zum
ewigen Angedenken. Um das Heil der Seelen und um das Wachsthum der
katholischen Religion zumeist dem Amte des apostolischen Dienstes unablässig
bekümmert, erstrecken wir unsere Sorgfalt fortwährend auf alles dasjenige,
was wir für die Besorgung der geistlichen Regierung der Christgläubigen
passender und nützlicher einrichten zu können erachten. In diesem Entschlüsse
sind unsere Gedanken schon lange vorzüglich auf jene Gegenden gerichtet,
welche thatsächlich unter der Herrschaft des allergestrengsten Fürsten Friedrich
Wilhelm, Königs der Preußen, stehen, damit wir mit dessen Hülfe und Frei¬
gebigkeit die kirchlichen Angelegenheiten (ron saern-in) daselbst auf die best¬
möglich" Methode zu ordnen vermöchten. Wenn wir uns billig den gegen¬
wärtigen Zustand in jenen Gegenden vor Augen hielten, so haben wir niemals
aufgehört, die ungeheuren Schäden zu beklagen, welche aus den verflossenen
Verwirrungen (der französischen Revolution und der Freiheitskriege) hervor¬
gegangen, und die jene einst so blühenden und reichen Kirchen Germaniens
ihres alten Glanzes, durch den sie sich auszeichneten, und des Schutzes ihrer
Güter beraubt und dieselben in einen äußerst kläglichen Zustand gebracht
hatten, woher das größte Elend und Verderben über die katholische Religion
und die Katholiken selbst hereingebrochen ist. Und da die Zeitumstände es
schlechterdings unmöglich machten, die Kirchen der berühmten germanischen
Nation wieder in ihrem alten Glänze erstehen zu sehen, so haben wir allen


reien auf dem linken Rheinufer bloß 47 fest zu besetzende Benefizien und in
der Diözese Trier unter 726 nur 69.

Dieses Institut der „Organischen Artikel" auf dem linken Rheinufer über¬
nahm auch Preußen unverändert, als ihm durch völkerrechtliche Verträge zu
Anfang dieses Jahrhunderts das linke Rheinufer als Theil seines Territoriums
zugesprochen wurde. Als nun i. I. 1821 die Beziehungen zwischen der preu¬
ßischen Monarchie und der römischen Kirche geregelt wurden, erließ der da¬
malige Papst Pius VII. eine Circumscriptionsbulle, Lulla, eireumsorixtioms
Dioveos. lieZm Lorussiei: publicirt in Preußen am 16. Juli jenes Jahres,
d. h. ein Rundschreiben für die preußischen Diöcesen, in welchem die
Diöcesan-Verhältnisse im Einzelnen genauer geregelt und u. a. auch, allerdings
im Gegensatz zu den Bestimmungen des Concils zu Trient und des canoni¬
schen Rechtes — davon unten Näheres — die Succursal Pfarreien des fran¬
zösischen Rechts anerkannt wurden. Als solches, d. h. als ein auf diploma¬
tischen Vereinbarungen beruhendes, vom Papste erlassenes, den Fürsten
ungetheiltes, und von denselben mit mehr oder weniger Vorbehalt publicirtes
Circular erscheint nun auch die berühmte Bulle: „ve saluto amirmruin"
(nach den Anfangsworten citirt). Dies geht auch aus der Einleitung der¬
selben hervor, welche in wortgetreuer Uebersetzung aus dem etwas barocken
Küchenlatein also lautet: „Pius Bischof, Diener der Diener Gottes. Zum
ewigen Angedenken. Um das Heil der Seelen und um das Wachsthum der
katholischen Religion zumeist dem Amte des apostolischen Dienstes unablässig
bekümmert, erstrecken wir unsere Sorgfalt fortwährend auf alles dasjenige,
was wir für die Besorgung der geistlichen Regierung der Christgläubigen
passender und nützlicher einrichten zu können erachten. In diesem Entschlüsse
sind unsere Gedanken schon lange vorzüglich auf jene Gegenden gerichtet,
welche thatsächlich unter der Herrschaft des allergestrengsten Fürsten Friedrich
Wilhelm, Königs der Preußen, stehen, damit wir mit dessen Hülfe und Frei¬
gebigkeit die kirchlichen Angelegenheiten (ron saern-in) daselbst auf die best¬
möglich« Methode zu ordnen vermöchten. Wenn wir uns billig den gegen¬
wärtigen Zustand in jenen Gegenden vor Augen hielten, so haben wir niemals
aufgehört, die ungeheuren Schäden zu beklagen, welche aus den verflossenen
Verwirrungen (der französischen Revolution und der Freiheitskriege) hervor¬
gegangen, und die jene einst so blühenden und reichen Kirchen Germaniens
ihres alten Glanzes, durch den sie sich auszeichneten, und des Schutzes ihrer
Güter beraubt und dieselben in einen äußerst kläglichen Zustand gebracht
hatten, woher das größte Elend und Verderben über die katholische Religion
und die Katholiken selbst hereingebrochen ist. Und da die Zeitumstände es
schlechterdings unmöglich machten, die Kirchen der berühmten germanischen
Nation wieder in ihrem alten Glänze erstehen zu sehen, so haben wir allen


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0158" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/132918"/>
          <p xml:id="ID_531" prev="#ID_530"> reien auf dem linken Rheinufer bloß 47 fest zu besetzende Benefizien und in<lb/>
der Diözese Trier unter 726 nur 69.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_532" next="#ID_533"> Dieses Institut der &#x201E;Organischen Artikel" auf dem linken Rheinufer über¬<lb/>
nahm auch Preußen unverändert, als ihm durch völkerrechtliche Verträge zu<lb/>
Anfang dieses Jahrhunderts das linke Rheinufer als Theil seines Territoriums<lb/>
zugesprochen wurde. Als nun i. I. 1821 die Beziehungen zwischen der preu¬<lb/>
ßischen Monarchie und der römischen Kirche geregelt wurden, erließ der da¬<lb/>
malige Papst Pius VII. eine Circumscriptionsbulle, Lulla, eireumsorixtioms<lb/>
Dioveos. lieZm Lorussiei: publicirt in Preußen am 16. Juli jenes Jahres,<lb/>
d. h. ein Rundschreiben für die preußischen Diöcesen, in welchem die<lb/>
Diöcesan-Verhältnisse im Einzelnen genauer geregelt und u. a. auch, allerdings<lb/>
im Gegensatz zu den Bestimmungen des Concils zu Trient und des canoni¬<lb/>
schen Rechtes &#x2014; davon unten Näheres &#x2014; die Succursal Pfarreien des fran¬<lb/>
zösischen Rechts anerkannt wurden. Als solches, d. h. als ein auf diploma¬<lb/>
tischen Vereinbarungen beruhendes, vom Papste erlassenes, den Fürsten<lb/>
ungetheiltes, und von denselben mit mehr oder weniger Vorbehalt publicirtes<lb/>
Circular erscheint nun auch die berühmte Bulle: &#x201E;ve saluto amirmruin"<lb/>
(nach den Anfangsworten citirt). Dies geht auch aus der Einleitung der¬<lb/>
selben hervor, welche in wortgetreuer Uebersetzung aus dem etwas barocken<lb/>
Küchenlatein also lautet: &#x201E;Pius Bischof, Diener der Diener Gottes. Zum<lb/>
ewigen Angedenken. Um das Heil der Seelen und um das Wachsthum der<lb/>
katholischen Religion zumeist dem Amte des apostolischen Dienstes unablässig<lb/>
bekümmert, erstrecken wir unsere Sorgfalt fortwährend auf alles dasjenige,<lb/>
was wir für die Besorgung der geistlichen Regierung der Christgläubigen<lb/>
passender und nützlicher einrichten zu können erachten. In diesem Entschlüsse<lb/>
sind unsere Gedanken schon lange vorzüglich auf jene Gegenden gerichtet,<lb/>
welche thatsächlich unter der Herrschaft des allergestrengsten Fürsten Friedrich<lb/>
Wilhelm, Königs der Preußen, stehen, damit wir mit dessen Hülfe und Frei¬<lb/>
gebigkeit die kirchlichen Angelegenheiten (ron saern-in) daselbst auf die best¬<lb/>
möglich« Methode zu ordnen vermöchten. Wenn wir uns billig den gegen¬<lb/>
wärtigen Zustand in jenen Gegenden vor Augen hielten, so haben wir niemals<lb/>
aufgehört, die ungeheuren Schäden zu beklagen, welche aus den verflossenen<lb/>
Verwirrungen (der französischen Revolution und der Freiheitskriege) hervor¬<lb/>
gegangen, und die jene einst so blühenden und reichen Kirchen Germaniens<lb/>
ihres alten Glanzes, durch den sie sich auszeichneten, und des Schutzes ihrer<lb/>
Güter beraubt und dieselben in einen äußerst kläglichen Zustand gebracht<lb/>
hatten, woher das größte Elend und Verderben über die katholische Religion<lb/>
und die Katholiken selbst hereingebrochen ist. Und da die Zeitumstände es<lb/>
schlechterdings unmöglich machten, die Kirchen der berühmten germanischen<lb/>
Nation wieder in ihrem alten Glänze erstehen zu sehen, so haben wir allen</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0158] reien auf dem linken Rheinufer bloß 47 fest zu besetzende Benefizien und in der Diözese Trier unter 726 nur 69. Dieses Institut der „Organischen Artikel" auf dem linken Rheinufer über¬ nahm auch Preußen unverändert, als ihm durch völkerrechtliche Verträge zu Anfang dieses Jahrhunderts das linke Rheinufer als Theil seines Territoriums zugesprochen wurde. Als nun i. I. 1821 die Beziehungen zwischen der preu¬ ßischen Monarchie und der römischen Kirche geregelt wurden, erließ der da¬ malige Papst Pius VII. eine Circumscriptionsbulle, Lulla, eireumsorixtioms Dioveos. lieZm Lorussiei: publicirt in Preußen am 16. Juli jenes Jahres, d. h. ein Rundschreiben für die preußischen Diöcesen, in welchem die Diöcesan-Verhältnisse im Einzelnen genauer geregelt und u. a. auch, allerdings im Gegensatz zu den Bestimmungen des Concils zu Trient und des canoni¬ schen Rechtes — davon unten Näheres — die Succursal Pfarreien des fran¬ zösischen Rechts anerkannt wurden. Als solches, d. h. als ein auf diploma¬ tischen Vereinbarungen beruhendes, vom Papste erlassenes, den Fürsten ungetheiltes, und von denselben mit mehr oder weniger Vorbehalt publicirtes Circular erscheint nun auch die berühmte Bulle: „ve saluto amirmruin" (nach den Anfangsworten citirt). Dies geht auch aus der Einleitung der¬ selben hervor, welche in wortgetreuer Uebersetzung aus dem etwas barocken Küchenlatein also lautet: „Pius Bischof, Diener der Diener Gottes. Zum ewigen Angedenken. Um das Heil der Seelen und um das Wachsthum der katholischen Religion zumeist dem Amte des apostolischen Dienstes unablässig bekümmert, erstrecken wir unsere Sorgfalt fortwährend auf alles dasjenige, was wir für die Besorgung der geistlichen Regierung der Christgläubigen passender und nützlicher einrichten zu können erachten. In diesem Entschlüsse sind unsere Gedanken schon lange vorzüglich auf jene Gegenden gerichtet, welche thatsächlich unter der Herrschaft des allergestrengsten Fürsten Friedrich Wilhelm, Königs der Preußen, stehen, damit wir mit dessen Hülfe und Frei¬ gebigkeit die kirchlichen Angelegenheiten (ron saern-in) daselbst auf die best¬ möglich« Methode zu ordnen vermöchten. Wenn wir uns billig den gegen¬ wärtigen Zustand in jenen Gegenden vor Augen hielten, so haben wir niemals aufgehört, die ungeheuren Schäden zu beklagen, welche aus den verflossenen Verwirrungen (der französischen Revolution und der Freiheitskriege) hervor¬ gegangen, und die jene einst so blühenden und reichen Kirchen Germaniens ihres alten Glanzes, durch den sie sich auszeichneten, und des Schutzes ihrer Güter beraubt und dieselben in einen äußerst kläglichen Zustand gebracht hatten, woher das größte Elend und Verderben über die katholische Religion und die Katholiken selbst hereingebrochen ist. Und da die Zeitumstände es schlechterdings unmöglich machten, die Kirchen der berühmten germanischen Nation wieder in ihrem alten Glänze erstehen zu sehen, so haben wir allen

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/158
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/158>, abgerufen am 23.07.2024.