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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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-inen Pfennig mehr aus den Mitteln deutscher Partikularstaaten oder des
Reiches erhalten darf. Damit ist unseres Erachtens die Schlacht gegen Rom
entschieden, der ganze prahlerische Widerstand der Hierarchie gebrochen. Daß
diese Zeilen oder ein diesem Vorschlag entsprechendes Gesetz mit dem ganzen
für diese Fälle vorräthigen Hohn aus jenem Lager begrüßt werden wird,
wissen wir wohl. Aber wir wissen auch, wie bald diese unnatürliche Heiter¬
keit verstummen würde. Wir haben es schon einmal erlebt. Als der nord¬
deutsche Reichstag im Herbst 1867 die Verlängerung der Zollvereinsverträge
mit Süddeutschland abhängig machte von der Annahme der Schutz- und Trutz¬
bündnisse mit dem Norden, da höhnten die Ultramontanen und Radicalen
auch: kein süddeutscher Mann werde sich um schnöden Geldes und Erwerbes
willen unter den preußischen oasus toeäeris und preußischen Oberbefehl beugen.
Aber wir wissen, daß das Jahr 1867 nicht zu Rüste ging. ehe diese Unter,
werfung vollzogen war und zwar in der Hauptsache nur um der Zollvereins¬
verträge, nur um des "schnöden Geldes und Erwerbes" willen. '

Nun kann ja einem solchen Vorgehen, wie es hier gefordert wird, der
scheinbar sehr begründete Einwand entgegengestellt werden, daß die für die
Kirche vorräthigen Fonds theilweise kraft wohlerworbener Rechte ihr und
selbst gewissen kirchlichen Stellen ausschließlich zukommen. Aber dem ist zweierlei
zu entgegnen. Einmal kann der Staat durch kein Privatrecht verbunden
werden, die wichtigsten öffentlichen Rechte preiszugeben, und sich selbst da¬
durch ins Gesicht zu schlagen, daß er überführten Friedensbrechern Staats¬
gehalt auszahlt. Und zweitens wird der bei weitem größte Theil der persön¬
lichen Bedürfnisse der Kirche aus den laufenden Steuereinnahmen bestritten.
Auf ein aus den Beiträgen der Steuerzahler ermöglichtes Gehalt hat aber
zweifellos nur derjenige Anspruch, der dem Staate und der Gesammtheit der
Staatsbürger Dienste leistet, welche der Bezahlung werth sind. Für die be¬
rufsmäßige Widersetzlichkeit und Reichsfeindltchkeit hat das Reich oder irgend
einer der deutschen Einzelstaaten wahrlich keine Mittel übrig. Die Klage
über den deutschen Militairaufwand ist deßwegen so widerlich, weil sie
die Grundbedingung unsrer staatlichen Existenz ignorirt. Aber die Klage
darüber kann nicht laut genug erhoben werden, daß die von jedem Einzelnen
in schwerer Arbeit aufgebrachten Steuern dazu verwendet werden, um ein
Heer zu unterhalten und zu füttern, das an Feindseligkeit gegen Deutschland
hinter dem französischen durchaus nicht zurücksteht, an unmittelbarer Kriegs¬
bereitschaft diesem weit überlegen ist. Es steht zu hoffen, daß diese einfache
Erkenntniß sich bald allseitig Bahn bricht und zu Gesetzen führt, die uns das
siegreiche baldige Ende des größten Kampfes unserer Tage verbürgen.


H. B.


-inen Pfennig mehr aus den Mitteln deutscher Partikularstaaten oder des
Reiches erhalten darf. Damit ist unseres Erachtens die Schlacht gegen Rom
entschieden, der ganze prahlerische Widerstand der Hierarchie gebrochen. Daß
diese Zeilen oder ein diesem Vorschlag entsprechendes Gesetz mit dem ganzen
für diese Fälle vorräthigen Hohn aus jenem Lager begrüßt werden wird,
wissen wir wohl. Aber wir wissen auch, wie bald diese unnatürliche Heiter¬
keit verstummen würde. Wir haben es schon einmal erlebt. Als der nord¬
deutsche Reichstag im Herbst 1867 die Verlängerung der Zollvereinsverträge
mit Süddeutschland abhängig machte von der Annahme der Schutz- und Trutz¬
bündnisse mit dem Norden, da höhnten die Ultramontanen und Radicalen
auch: kein süddeutscher Mann werde sich um schnöden Geldes und Erwerbes
willen unter den preußischen oasus toeäeris und preußischen Oberbefehl beugen.
Aber wir wissen, daß das Jahr 1867 nicht zu Rüste ging. ehe diese Unter,
werfung vollzogen war und zwar in der Hauptsache nur um der Zollvereins¬
verträge, nur um des „schnöden Geldes und Erwerbes" willen. '

Nun kann ja einem solchen Vorgehen, wie es hier gefordert wird, der
scheinbar sehr begründete Einwand entgegengestellt werden, daß die für die
Kirche vorräthigen Fonds theilweise kraft wohlerworbener Rechte ihr und
selbst gewissen kirchlichen Stellen ausschließlich zukommen. Aber dem ist zweierlei
zu entgegnen. Einmal kann der Staat durch kein Privatrecht verbunden
werden, die wichtigsten öffentlichen Rechte preiszugeben, und sich selbst da¬
durch ins Gesicht zu schlagen, daß er überführten Friedensbrechern Staats¬
gehalt auszahlt. Und zweitens wird der bei weitem größte Theil der persön¬
lichen Bedürfnisse der Kirche aus den laufenden Steuereinnahmen bestritten.
Auf ein aus den Beiträgen der Steuerzahler ermöglichtes Gehalt hat aber
zweifellos nur derjenige Anspruch, der dem Staate und der Gesammtheit der
Staatsbürger Dienste leistet, welche der Bezahlung werth sind. Für die be¬
rufsmäßige Widersetzlichkeit und Reichsfeindltchkeit hat das Reich oder irgend
einer der deutschen Einzelstaaten wahrlich keine Mittel übrig. Die Klage
über den deutschen Militairaufwand ist deßwegen so widerlich, weil sie
die Grundbedingung unsrer staatlichen Existenz ignorirt. Aber die Klage
darüber kann nicht laut genug erhoben werden, daß die von jedem Einzelnen
in schwerer Arbeit aufgebrachten Steuern dazu verwendet werden, um ein
Heer zu unterhalten und zu füttern, das an Feindseligkeit gegen Deutschland
hinter dem französischen durchaus nicht zurücksteht, an unmittelbarer Kriegs¬
bereitschaft diesem weit überlegen ist. Es steht zu hoffen, daß diese einfache
Erkenntniß sich bald allseitig Bahn bricht und zu Gesetzen führt, die uns das
siegreiche baldige Ende des größten Kampfes unserer Tage verbürgen.


H. B.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/14>, abgerufen am 23.07.2024.