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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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Gravelotte den rechten Flügel der Deutschen gegen ein Vorbrechen des Fein¬
des, während der Entscheidungsschlag im Norden durch andere Artilleriemassen
vorbereitet und erst, nachdem diese eine Zeitlang gewirkt hatten, von der In¬
fanterie durchgeführt werden konnte. -- Und andererseits wieder begleiteten
deutsche Batterien am 14. über la Planchette und Lauvallier, am 16. über
Mars la Tour und gegen Rezonville, am 18. über' Gravelotte, Verneville
und Se. An hinaus ihre Infanterie bis in den Nahkampf hinein. Die ge¬
steigerten Einbußen der Artillerie durch Kleingewehrfeuer fordern aber auch
immer wieder dazu auf, jener Waffe einen ausreichenden Schutz durch vorge¬
schobene Infanterie-Abtheilungen zu gewähren. Wo die deutschen Batterien
fast allzukühn und allzuselbstständig, wie am 16. Morgens bei Vionville und
am 18. Mittags bei Verneville, die Linie der eigenen Truppen überschritten,
überraschten sie zwar den Gegner, geriethen dann aber auch ihrerseits in be¬
denkliche Gefechtslagen."

In den Infanterie-Kämpfen zeigte sich die hohe Wichtigkeit trefflicheren
Feuers. Die taktischen Formen wurden dem überlegenen Gewehr des Feindes
gegenüber vielfach aus den Augen gesetzt, der Grundsatz "aus der Tiefe zu
fechten", bei dem allgemeinen Triebe, schnell an den Feind zu kommen, nur
selten richtig durchgeführt, artete meist in ein leidenschaftliches Vorstürmen
aus, welches den Aufmarsch und die Entwickelung der nachfolgenden Truppen
nicht abwartete; wie bei Wörth und Spicheren kam es auch in den Schlachten
vor Metz vielfach zu vereinzelten, unzusammenhängenden Kämpfen und zu
häufiger Mischung und Auflösung der taktischen Verbände."

Als man am Morgen des IN. August im Hauptquartiere Sr. Majestät
des Königs die Gesammtlage übersah und erwog, daß dem deutschen Ein¬
schließungsheere vor Metz nun eine wesentlich defensive Aufgabe zufallen
werde, da beschloß man sofort, nur einen Theil der hier versammelten Armee-
Corps vor Metz stehn zu lassen, mit den andern aber unverweilt gegen die
Armee von Chalons aufzubrechen. Dieser Entschluß, am Morgen nach einer
Schlacht, wie die von Gravelotte-Se. Privat gefaßt, zeugt von der höchsten
Kühnheit und Sicherheit. In ihm liegt denn auch bereits der Keim des
M. I. Sieges von Sedan!




Gravelotte den rechten Flügel der Deutschen gegen ein Vorbrechen des Fein¬
des, während der Entscheidungsschlag im Norden durch andere Artilleriemassen
vorbereitet und erst, nachdem diese eine Zeitlang gewirkt hatten, von der In¬
fanterie durchgeführt werden konnte. — Und andererseits wieder begleiteten
deutsche Batterien am 14. über la Planchette und Lauvallier, am 16. über
Mars la Tour und gegen Rezonville, am 18. über' Gravelotte, Verneville
und Se. An hinaus ihre Infanterie bis in den Nahkampf hinein. Die ge¬
steigerten Einbußen der Artillerie durch Kleingewehrfeuer fordern aber auch
immer wieder dazu auf, jener Waffe einen ausreichenden Schutz durch vorge¬
schobene Infanterie-Abtheilungen zu gewähren. Wo die deutschen Batterien
fast allzukühn und allzuselbstständig, wie am 16. Morgens bei Vionville und
am 18. Mittags bei Verneville, die Linie der eigenen Truppen überschritten,
überraschten sie zwar den Gegner, geriethen dann aber auch ihrerseits in be¬
denkliche Gefechtslagen."

In den Infanterie-Kämpfen zeigte sich die hohe Wichtigkeit trefflicheren
Feuers. Die taktischen Formen wurden dem überlegenen Gewehr des Feindes
gegenüber vielfach aus den Augen gesetzt, der Grundsatz „aus der Tiefe zu
fechten", bei dem allgemeinen Triebe, schnell an den Feind zu kommen, nur
selten richtig durchgeführt, artete meist in ein leidenschaftliches Vorstürmen
aus, welches den Aufmarsch und die Entwickelung der nachfolgenden Truppen
nicht abwartete; wie bei Wörth und Spicheren kam es auch in den Schlachten
vor Metz vielfach zu vereinzelten, unzusammenhängenden Kämpfen und zu
häufiger Mischung und Auflösung der taktischen Verbände."

Als man am Morgen des IN. August im Hauptquartiere Sr. Majestät
des Königs die Gesammtlage übersah und erwog, daß dem deutschen Ein¬
schließungsheere vor Metz nun eine wesentlich defensive Aufgabe zufallen
werde, da beschloß man sofort, nur einen Theil der hier versammelten Armee-
Corps vor Metz stehn zu lassen, mit den andern aber unverweilt gegen die
Armee von Chalons aufzubrechen. Dieser Entschluß, am Morgen nach einer
Schlacht, wie die von Gravelotte-Se. Privat gefaßt, zeugt von der höchsten
Kühnheit und Sicherheit. In ihm liegt denn auch bereits der Keim des
M. I. Sieges von Sedan!




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[0109] Gravelotte den rechten Flügel der Deutschen gegen ein Vorbrechen des Fein¬ des, während der Entscheidungsschlag im Norden durch andere Artilleriemassen vorbereitet und erst, nachdem diese eine Zeitlang gewirkt hatten, von der In¬ fanterie durchgeführt werden konnte. — Und andererseits wieder begleiteten deutsche Batterien am 14. über la Planchette und Lauvallier, am 16. über Mars la Tour und gegen Rezonville, am 18. über' Gravelotte, Verneville und Se. An hinaus ihre Infanterie bis in den Nahkampf hinein. Die ge¬ steigerten Einbußen der Artillerie durch Kleingewehrfeuer fordern aber auch immer wieder dazu auf, jener Waffe einen ausreichenden Schutz durch vorge¬ schobene Infanterie-Abtheilungen zu gewähren. Wo die deutschen Batterien fast allzukühn und allzuselbstständig, wie am 16. Morgens bei Vionville und am 18. Mittags bei Verneville, die Linie der eigenen Truppen überschritten, überraschten sie zwar den Gegner, geriethen dann aber auch ihrerseits in be¬ denkliche Gefechtslagen." In den Infanterie-Kämpfen zeigte sich die hohe Wichtigkeit trefflicheren Feuers. Die taktischen Formen wurden dem überlegenen Gewehr des Feindes gegenüber vielfach aus den Augen gesetzt, der Grundsatz „aus der Tiefe zu fechten", bei dem allgemeinen Triebe, schnell an den Feind zu kommen, nur selten richtig durchgeführt, artete meist in ein leidenschaftliches Vorstürmen aus, welches den Aufmarsch und die Entwickelung der nachfolgenden Truppen nicht abwartete; wie bei Wörth und Spicheren kam es auch in den Schlachten vor Metz vielfach zu vereinzelten, unzusammenhängenden Kämpfen und zu häufiger Mischung und Auflösung der taktischen Verbände." Als man am Morgen des IN. August im Hauptquartiere Sr. Majestät des Königs die Gesammtlage übersah und erwog, daß dem deutschen Ein¬ schließungsheere vor Metz nun eine wesentlich defensive Aufgabe zufallen werde, da beschloß man sofort, nur einen Theil der hier versammelten Armee- Corps vor Metz stehn zu lassen, mit den andern aber unverweilt gegen die Armee von Chalons aufzubrechen. Dieser Entschluß, am Morgen nach einer Schlacht, wie die von Gravelotte-Se. Privat gefaßt, zeugt von der höchsten Kühnheit und Sicherheit. In ihm liegt denn auch bereits der Keim des M. I. Sieges von Sedan!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/109>, abgerufen am 01.07.2024.