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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

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damals ein blutjunger Schriftsteller und Gelehrter. Alles was heute unsere
nationale Größe ausmacht, ist erst lange nach der Zeit vollbracht worden.
Unsere Nationalwirthschaft von heute ist eine durchaus andere wie die vor
siebenzehn Jahren. Der deutsche Zollverein war damals noch mit Oesterreich
zusammengespannt und krankte am Schutzzollsystem, am absoluten Veto seiner
Glieder und an der durchaus mangelnden Vertretung des Volkes. Erst fünf
Jahre nachdem Wirth's Buch erschien, wurden diese unseligen Bande theil'
weise gelockert durch Abschluß des deutsch-französischen Handelsvertrages'
Oesterreich erlebte bereits im Jahr 1863 sein Sadowa auf wirthschastlichew
Gebiete. Das Freihandelssystem wurde, wenn auch noch verschämt, von
Deutschland proclamirt. In den Zollvereinsverträgen von 1867 wurde dann
endlich auch das absolute Veto über Bord geworfen und statt dessen ein
bundesrath und ein Zollparlament eingesetzt, welche Behörden beide mit ein'
facher Majorität der Stimmen beschließen sollten, und deren Functionen se^
1871 auf den deutschen Reichsbundesrath und den Deutschen Reichstag übe^
gegangen sind. Man sollte denken, durch diese gewaltigen Neuerungen ^
Wirth's Werk über Handelskrisen gründlich veraltet gewesen. Und dennoch
als die Krisis von 1873 über Oesterreich und Deutschland hereinbrach. n?ur'
den diejenigen seiner Kapitel, welche hier einschlugen, von der größten Z""
der (namentlich österreichischen) Zeitungen Wort für Wort abgedruckt, den
fast Wort für Wort paßten sie auf die Ursachen und Wirkungen der grofM
Krise, deren Folgen noch jetzt nicht überall verwunden sind.

Max Wirth ist seit dem Erscheinen der ersten Auflage seines Werkes
unter den jüngeren Volkswirthen mit am seeligsten fortgeschritten und w
bleibender Fühlung mit der Wissenschaft wie mit der Praxis gewesen. Er
bekanntlich Jahre lang an der Spitze des "Arbeitgeber" in Frankfurt a. ^'
als Redakteur gestanden, dann Jahre hindurch Chef des Statistischen Bure""
der Eidgenossenschaft zu Bern gewesen, dann wieder in das journalistisch.
Fach übergegangen, zuerst bei der "Breslauer Presse", seit einem Jahr ^
reinem der hervorragendsten Blätter in Wien. In allen diesen Stellungen
Berufen hat Max Wirth auch auf dem Gebiete der "Handelskrisen" ^
reifsten Erfahrungen gesammelt, welche der vorliegenden zweiten Auflage se^
zu Statten kommen. Dieses Buch kann auf dem Gebiete, welches es beHandel,
klassisch genannt werden. Es verschont uns gänzlich mit jener dilettantisch^
feuilletonistischen Manier der Wehklage. Prophezeiung. Warnung u. derg "
welche bei jeder größeren volkswirthschaftlichen Krise in einer Legion von
Flugschriften vorherrscht. Es ist erschöpfend theoretisch und historisch u"
formulirt die gewonnenen Erfahrungen klar und bündig und sicher. Mba)
es recht viel gelesen, recht allseitig beherzigt werden.__________-




Verantwortlicher Redakteur- or. Hans Blum.
Verlaa, von K. L. Hervig. -- Druck von Hiithel <K Leglrr in Leipzig.

damals ein blutjunger Schriftsteller und Gelehrter. Alles was heute unsere
nationale Größe ausmacht, ist erst lange nach der Zeit vollbracht worden.
Unsere Nationalwirthschaft von heute ist eine durchaus andere wie die vor
siebenzehn Jahren. Der deutsche Zollverein war damals noch mit Oesterreich
zusammengespannt und krankte am Schutzzollsystem, am absoluten Veto seiner
Glieder und an der durchaus mangelnden Vertretung des Volkes. Erst fünf
Jahre nachdem Wirth's Buch erschien, wurden diese unseligen Bande theil'
weise gelockert durch Abschluß des deutsch-französischen Handelsvertrages'
Oesterreich erlebte bereits im Jahr 1863 sein Sadowa auf wirthschastlichew
Gebiete. Das Freihandelssystem wurde, wenn auch noch verschämt, von
Deutschland proclamirt. In den Zollvereinsverträgen von 1867 wurde dann
endlich auch das absolute Veto über Bord geworfen und statt dessen ein
bundesrath und ein Zollparlament eingesetzt, welche Behörden beide mit ein'
facher Majorität der Stimmen beschließen sollten, und deren Functionen se^
1871 auf den deutschen Reichsbundesrath und den Deutschen Reichstag übe^
gegangen sind. Man sollte denken, durch diese gewaltigen Neuerungen ^
Wirth's Werk über Handelskrisen gründlich veraltet gewesen. Und dennoch
als die Krisis von 1873 über Oesterreich und Deutschland hereinbrach. n?ur'
den diejenigen seiner Kapitel, welche hier einschlugen, von der größten Z""
der (namentlich österreichischen) Zeitungen Wort für Wort abgedruckt, den
fast Wort für Wort paßten sie auf die Ursachen und Wirkungen der grofM
Krise, deren Folgen noch jetzt nicht überall verwunden sind.

Max Wirth ist seit dem Erscheinen der ersten Auflage seines Werkes
unter den jüngeren Volkswirthen mit am seeligsten fortgeschritten und w
bleibender Fühlung mit der Wissenschaft wie mit der Praxis gewesen. Er
bekanntlich Jahre lang an der Spitze des „Arbeitgeber" in Frankfurt a. ^'
als Redakteur gestanden, dann Jahre hindurch Chef des Statistischen Bure«"
der Eidgenossenschaft zu Bern gewesen, dann wieder in das journalistisch.
Fach übergegangen, zuerst bei der „Breslauer Presse", seit einem Jahr ^
reinem der hervorragendsten Blätter in Wien. In allen diesen Stellungen
Berufen hat Max Wirth auch auf dem Gebiete der „Handelskrisen" ^
reifsten Erfahrungen gesammelt, welche der vorliegenden zweiten Auflage se^
zu Statten kommen. Dieses Buch kann auf dem Gebiete, welches es beHandel,
klassisch genannt werden. Es verschont uns gänzlich mit jener dilettantisch^
feuilletonistischen Manier der Wehklage. Prophezeiung. Warnung u. derg "
welche bei jeder größeren volkswirthschaftlichen Krise in einer Legion von
Flugschriften vorherrscht. Es ist erschöpfend theoretisch und historisch u"
formulirt die gewonnenen Erfahrungen klar und bündig und sicher. Mba)
es recht viel gelesen, recht allseitig beherzigt werden.__________-




Verantwortlicher Redakteur- or. Hans Blum.
Verlaa, von K. L. Hervig. — Druck von Hiithel <K Leglrr in Leipzig.
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[0084] damals ein blutjunger Schriftsteller und Gelehrter. Alles was heute unsere nationale Größe ausmacht, ist erst lange nach der Zeit vollbracht worden. Unsere Nationalwirthschaft von heute ist eine durchaus andere wie die vor siebenzehn Jahren. Der deutsche Zollverein war damals noch mit Oesterreich zusammengespannt und krankte am Schutzzollsystem, am absoluten Veto seiner Glieder und an der durchaus mangelnden Vertretung des Volkes. Erst fünf Jahre nachdem Wirth's Buch erschien, wurden diese unseligen Bande theil' weise gelockert durch Abschluß des deutsch-französischen Handelsvertrages' Oesterreich erlebte bereits im Jahr 1863 sein Sadowa auf wirthschastlichew Gebiete. Das Freihandelssystem wurde, wenn auch noch verschämt, von Deutschland proclamirt. In den Zollvereinsverträgen von 1867 wurde dann endlich auch das absolute Veto über Bord geworfen und statt dessen ein bundesrath und ein Zollparlament eingesetzt, welche Behörden beide mit ein' facher Majorität der Stimmen beschließen sollten, und deren Functionen se^ 1871 auf den deutschen Reichsbundesrath und den Deutschen Reichstag übe^ gegangen sind. Man sollte denken, durch diese gewaltigen Neuerungen ^ Wirth's Werk über Handelskrisen gründlich veraltet gewesen. Und dennoch als die Krisis von 1873 über Oesterreich und Deutschland hereinbrach. n?ur' den diejenigen seiner Kapitel, welche hier einschlugen, von der größten Z"" der (namentlich österreichischen) Zeitungen Wort für Wort abgedruckt, den fast Wort für Wort paßten sie auf die Ursachen und Wirkungen der grofM Krise, deren Folgen noch jetzt nicht überall verwunden sind. Max Wirth ist seit dem Erscheinen der ersten Auflage seines Werkes unter den jüngeren Volkswirthen mit am seeligsten fortgeschritten und w bleibender Fühlung mit der Wissenschaft wie mit der Praxis gewesen. Er bekanntlich Jahre lang an der Spitze des „Arbeitgeber" in Frankfurt a. ^' als Redakteur gestanden, dann Jahre hindurch Chef des Statistischen Bure«" der Eidgenossenschaft zu Bern gewesen, dann wieder in das journalistisch. Fach übergegangen, zuerst bei der „Breslauer Presse", seit einem Jahr ^ reinem der hervorragendsten Blätter in Wien. In allen diesen Stellungen Berufen hat Max Wirth auch auf dem Gebiete der „Handelskrisen" ^ reifsten Erfahrungen gesammelt, welche der vorliegenden zweiten Auflage se^ zu Statten kommen. Dieses Buch kann auf dem Gebiete, welches es beHandel, klassisch genannt werden. Es verschont uns gänzlich mit jener dilettantisch^ feuilletonistischen Manier der Wehklage. Prophezeiung. Warnung u. derg " welche bei jeder größeren volkswirthschaftlichen Krise in einer Legion von Flugschriften vorherrscht. Es ist erschöpfend theoretisch und historisch u" formulirt die gewonnenen Erfahrungen klar und bündig und sicher. Mba) es recht viel gelesen, recht allseitig beherzigt werden.__________- Verantwortlicher Redakteur- or. Hans Blum. Verlaa, von K. L. Hervig. — Druck von Hiithel <K Leglrr in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/84>, abgerufen am 27.07.2024.