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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

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ü. 7 engl. Fuß), und wiegen etwa 20 bis 30 solcher Büschel zusammen ein
Pud (16s/z Klgr.). Die Sandhügel sind theils regellos vertheilt, theils ziehen
sie sich in Ketten von Ost nach West, durchschnittlich 15 bis 20 Fuß hoch
mit bisweilen steilem Anstieg. Wird man Geschütze durch den tiefen Sand
über die Hügelketten fortschaffen können?

Ein bequemerer Zugang zu den Tekkingen - Nestern bietet sich, wie es
scheint, von Westen, von den Ufern des kaspischen Meeres, wo die Russen
bereits in den Jahren 1869/70 einige feste Punkte eingenommen haben. Hier
ist die Entfernung nicht so groß und der Weg bekannter. Der eine jener
Punkte ist Krasnowodsk, gegenüber der Stadt Baku, in einem Winkel einer
tiefem geschnittenen Bucht, die nach dem Balchan-Gebirge den Namen trägt;
der andere Tschikischlär an der Mündung des Atrekflusses im Gebiete der
Jomud. Der nordwestliche Winkel der Balchcmbucht heißt die Krasnowodsker
Bucht und bietet einen vortrefflichen Hafen, der im Westen durch eine schmale
Landzunge, im Süden durch die vorgelagerte Insel Tschelaken geschützt ist.
Der Eingang ist nur 2^2 Meile breit und hat, wie die ganze Bucht, eine
Tiefe von durchschnittlich 26 bis 28 Fuß, ist also für große Schiffe zugänglich.
Diese außerordentlich günstige Lage erregte anfangs die Erwartung, als sei
Krasnowodsk dazu bestimmt, ein großes Handelsemporium zu werden, das
den Verkehr von den kaukasischen Ländern und den Küsten des schwarzen
Meeres nach Mittelasien hin auf direktem Wege vermittelt. Bis jetzt ist aber
dazu keine Aussicht, und es fragt sich, ob Krasnowodsk jemals mehr als eine
russische Festung werden wird. Die Gegend rings umher ist öde und jeder
Vegetation bar, Süßwasserquellen fehlen ganz und gar, und nur durch An¬
legung artesischer Brunnen wird es möglich sein, brauchbares Wasser für
Menschen, Vieh und Kulturpflanzen zu schaffen. Die Zukunft der ganzen
Anlage hängt somit mehr oder weniger vom Erdbohrer ab.

Von Krasnowodsk aus gingen die ersten russischen Expeditionen zur
Erforschung jenes räthselhaften Erdspaltes, der sich, von den Eingeborenen
Usboi d. i. niedrige Ebene genannt, von dem innersten Winkel der Baichan-
Bucht im Allgemeinen nordöstlich bis zum Aralsee hinzieht, und in dem man
nunmehr das alte Bett des Ann-Darja oder Oxus erkannt hat, welcher
früher mit einem Seitenarm.in den Kaspisee mündete. Durch die Rekognos-
cirungen der Obersten Stebnitzki und Markosoff in den Jahren 1870--72 ist
die Linie des Asdod bis auf eine Strecke von etwa 200 Werst in der Mitte
bekannt geworden. An dieser Stelle bildet das alte Flußbett einen großen,
nach Norden offenen Bogen, welchen Oberst Markosoff durch Einhaltung der
geraden Richtung abschnitt. So gelangte er im Jahre 1871 zu einem Punkte
des Usboi, Decktscha genannt, der noch etwa 180 Werst in gerader Linie von
Khiwa entfernt ist. Hier fanden sich mehrere Süßwasserseen in dem trockenen


Grenzboten IV. 1874. 64

ü. 7 engl. Fuß), und wiegen etwa 20 bis 30 solcher Büschel zusammen ein
Pud (16s/z Klgr.). Die Sandhügel sind theils regellos vertheilt, theils ziehen
sie sich in Ketten von Ost nach West, durchschnittlich 15 bis 20 Fuß hoch
mit bisweilen steilem Anstieg. Wird man Geschütze durch den tiefen Sand
über die Hügelketten fortschaffen können?

Ein bequemerer Zugang zu den Tekkingen - Nestern bietet sich, wie es
scheint, von Westen, von den Ufern des kaspischen Meeres, wo die Russen
bereits in den Jahren 1869/70 einige feste Punkte eingenommen haben. Hier
ist die Entfernung nicht so groß und der Weg bekannter. Der eine jener
Punkte ist Krasnowodsk, gegenüber der Stadt Baku, in einem Winkel einer
tiefem geschnittenen Bucht, die nach dem Balchan-Gebirge den Namen trägt;
der andere Tschikischlär an der Mündung des Atrekflusses im Gebiete der
Jomud. Der nordwestliche Winkel der Balchcmbucht heißt die Krasnowodsker
Bucht und bietet einen vortrefflichen Hafen, der im Westen durch eine schmale
Landzunge, im Süden durch die vorgelagerte Insel Tschelaken geschützt ist.
Der Eingang ist nur 2^2 Meile breit und hat, wie die ganze Bucht, eine
Tiefe von durchschnittlich 26 bis 28 Fuß, ist also für große Schiffe zugänglich.
Diese außerordentlich günstige Lage erregte anfangs die Erwartung, als sei
Krasnowodsk dazu bestimmt, ein großes Handelsemporium zu werden, das
den Verkehr von den kaukasischen Ländern und den Küsten des schwarzen
Meeres nach Mittelasien hin auf direktem Wege vermittelt. Bis jetzt ist aber
dazu keine Aussicht, und es fragt sich, ob Krasnowodsk jemals mehr als eine
russische Festung werden wird. Die Gegend rings umher ist öde und jeder
Vegetation bar, Süßwasserquellen fehlen ganz und gar, und nur durch An¬
legung artesischer Brunnen wird es möglich sein, brauchbares Wasser für
Menschen, Vieh und Kulturpflanzen zu schaffen. Die Zukunft der ganzen
Anlage hängt somit mehr oder weniger vom Erdbohrer ab.

Von Krasnowodsk aus gingen die ersten russischen Expeditionen zur
Erforschung jenes räthselhaften Erdspaltes, der sich, von den Eingeborenen
Usboi d. i. niedrige Ebene genannt, von dem innersten Winkel der Baichan-
Bucht im Allgemeinen nordöstlich bis zum Aralsee hinzieht, und in dem man
nunmehr das alte Bett des Ann-Darja oder Oxus erkannt hat, welcher
früher mit einem Seitenarm.in den Kaspisee mündete. Durch die Rekognos-
cirungen der Obersten Stebnitzki und Markosoff in den Jahren 1870—72 ist
die Linie des Asdod bis auf eine Strecke von etwa 200 Werst in der Mitte
bekannt geworden. An dieser Stelle bildet das alte Flußbett einen großen,
nach Norden offenen Bogen, welchen Oberst Markosoff durch Einhaltung der
geraden Richtung abschnitt. So gelangte er im Jahre 1871 zu einem Punkte
des Usboi, Decktscha genannt, der noch etwa 180 Werst in gerader Linie von
Khiwa entfernt ist. Hier fanden sich mehrere Süßwasserseen in dem trockenen


Grenzboten IV. 1874. 64
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/509>, abgerufen am 27.07.2024.