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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

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Kerman Hrimm's fünfzehn Lssays. ^)

Es sind jetzt fünfzehn Jahre verflossen, seit Herman Grimm die erste Samm¬
lung seiner Aufsätze unter dem Titel "Essays" herausgab. Vor neun Jahren
folgte die zweite Sammlung unter dem Titel "Neun Essays über Kunst und
Literatur". Als die Gunst des Publikums eine neue Auflage nothwendig machte,
wählte der Verfasser zunächst die auf bildende Kunst bezüglichen Stücke aus,
die 1871 erschienen.*") Die vorliegende Sammlung bietet die älteren und
neueren Aufsätze, welche politisch-historischen und literaturgeschichtlichen Inhalts
sind. Eine künftige Sammlung wird uns noch diejenigen Arbeiten Grimm's
vereinigen, welche sich mit dem Drama beschäftigen.

Die vorliegende Sammlung ist vielleicht diejenige, die den größten Leser¬
kreis finden wird, eben ihres Inhaltes, ihrer Stoffe halber. Viele der darin
enthaltenen Abhandlungen, auch einige der politischen, stammen aus einer der
Gegenwart fast entschwundenen Zeit, so z. B. der Aufsatz über "Friedrich
den Großen und Macaulay" aus dem Jahr 1858, der über "Herrn von Varn-
hagen's Tagebücher" aus dem Jahr 1862. Natürlich sind diese politischen
Aufsätze getragen und getränkt von den politischen Tagesinteressen, welche
damals die besten Kreise Berlins erfüllten. Und auch in die literargeschicht-
lichen Arbeiten aus alten Tagen, die hier neu aufgelegt werden, verwebt der
Verfasser eine Fülle von Ideen und Wünschen, die gerade dem vorwärts¬
strebender preußischen nationalen jener Zeit das ganze Herz bewegten und
zuvorderst auf der Lippe und in der Feder standen. Manche jener Wünsche
und Hoffnungen mögen wir heute schüchtern, manche jener Warnungen und
Befürchtungen heute irrig nennen; darum sind wir aber dem Verfasser nicht
minder dankbar dafür, daß er durch den unveränderten Abdruck seiner
Essays aus dem Ende des fünften und aus dem Beginn des sechsten Jahr¬
zehnts unseres Jahrhunderts, uns noch heute unverzagt den Spiegel hinhält,
in welchem die besten Zeitgenossen von damals sich spiegeln. Das Bild, das




*) Fünfzehn Essays von Herman Grimm. Zweite vermehrte Auflage der Neuen
Essays u. s. w. Berlin, Ferd. Dümmler's Verlagsbuchhandlung (Harrwitz K Go߬
mann), 1874.
") Unter dem Titel "Zehn ausgewählte Essays zur Einführung in das Studium der
Modernen Kunst."
Grenzboten IV. 1874. 1
Kerman Hrimm's fünfzehn Lssays. ^)

Es sind jetzt fünfzehn Jahre verflossen, seit Herman Grimm die erste Samm¬
lung seiner Aufsätze unter dem Titel „Essays" herausgab. Vor neun Jahren
folgte die zweite Sammlung unter dem Titel „Neun Essays über Kunst und
Literatur". Als die Gunst des Publikums eine neue Auflage nothwendig machte,
wählte der Verfasser zunächst die auf bildende Kunst bezüglichen Stücke aus,
die 1871 erschienen.*") Die vorliegende Sammlung bietet die älteren und
neueren Aufsätze, welche politisch-historischen und literaturgeschichtlichen Inhalts
sind. Eine künftige Sammlung wird uns noch diejenigen Arbeiten Grimm's
vereinigen, welche sich mit dem Drama beschäftigen.

Die vorliegende Sammlung ist vielleicht diejenige, die den größten Leser¬
kreis finden wird, eben ihres Inhaltes, ihrer Stoffe halber. Viele der darin
enthaltenen Abhandlungen, auch einige der politischen, stammen aus einer der
Gegenwart fast entschwundenen Zeit, so z. B. der Aufsatz über „Friedrich
den Großen und Macaulay" aus dem Jahr 1858, der über „Herrn von Varn-
hagen's Tagebücher" aus dem Jahr 1862. Natürlich sind diese politischen
Aufsätze getragen und getränkt von den politischen Tagesinteressen, welche
damals die besten Kreise Berlins erfüllten. Und auch in die literargeschicht-
lichen Arbeiten aus alten Tagen, die hier neu aufgelegt werden, verwebt der
Verfasser eine Fülle von Ideen und Wünschen, die gerade dem vorwärts¬
strebender preußischen nationalen jener Zeit das ganze Herz bewegten und
zuvorderst auf der Lippe und in der Feder standen. Manche jener Wünsche
und Hoffnungen mögen wir heute schüchtern, manche jener Warnungen und
Befürchtungen heute irrig nennen; darum sind wir aber dem Verfasser nicht
minder dankbar dafür, daß er durch den unveränderten Abdruck seiner
Essays aus dem Ende des fünften und aus dem Beginn des sechsten Jahr¬
zehnts unseres Jahrhunderts, uns noch heute unverzagt den Spiegel hinhält,
in welchem die besten Zeitgenossen von damals sich spiegeln. Das Bild, das




*) Fünfzehn Essays von Herman Grimm. Zweite vermehrte Auflage der Neuen
Essays u. s. w. Berlin, Ferd. Dümmler's Verlagsbuchhandlung (Harrwitz K Go߬
mann), 1874.
") Unter dem Titel „Zehn ausgewählte Essays zur Einführung in das Studium der
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[0005] Kerman Hrimm's fünfzehn Lssays. ^) Es sind jetzt fünfzehn Jahre verflossen, seit Herman Grimm die erste Samm¬ lung seiner Aufsätze unter dem Titel „Essays" herausgab. Vor neun Jahren folgte die zweite Sammlung unter dem Titel „Neun Essays über Kunst und Literatur". Als die Gunst des Publikums eine neue Auflage nothwendig machte, wählte der Verfasser zunächst die auf bildende Kunst bezüglichen Stücke aus, die 1871 erschienen.*") Die vorliegende Sammlung bietet die älteren und neueren Aufsätze, welche politisch-historischen und literaturgeschichtlichen Inhalts sind. Eine künftige Sammlung wird uns noch diejenigen Arbeiten Grimm's vereinigen, welche sich mit dem Drama beschäftigen. Die vorliegende Sammlung ist vielleicht diejenige, die den größten Leser¬ kreis finden wird, eben ihres Inhaltes, ihrer Stoffe halber. Viele der darin enthaltenen Abhandlungen, auch einige der politischen, stammen aus einer der Gegenwart fast entschwundenen Zeit, so z. B. der Aufsatz über „Friedrich den Großen und Macaulay" aus dem Jahr 1858, der über „Herrn von Varn- hagen's Tagebücher" aus dem Jahr 1862. Natürlich sind diese politischen Aufsätze getragen und getränkt von den politischen Tagesinteressen, welche damals die besten Kreise Berlins erfüllten. Und auch in die literargeschicht- lichen Arbeiten aus alten Tagen, die hier neu aufgelegt werden, verwebt der Verfasser eine Fülle von Ideen und Wünschen, die gerade dem vorwärts¬ strebender preußischen nationalen jener Zeit das ganze Herz bewegten und zuvorderst auf der Lippe und in der Feder standen. Manche jener Wünsche und Hoffnungen mögen wir heute schüchtern, manche jener Warnungen und Befürchtungen heute irrig nennen; darum sind wir aber dem Verfasser nicht minder dankbar dafür, daß er durch den unveränderten Abdruck seiner Essays aus dem Ende des fünften und aus dem Beginn des sechsten Jahr¬ zehnts unseres Jahrhunderts, uns noch heute unverzagt den Spiegel hinhält, in welchem die besten Zeitgenossen von damals sich spiegeln. Das Bild, das *) Fünfzehn Essays von Herman Grimm. Zweite vermehrte Auflage der Neuen Essays u. s. w. Berlin, Ferd. Dümmler's Verlagsbuchhandlung (Harrwitz K Go߬ mann), 1874. ") Unter dem Titel „Zehn ausgewählte Essays zur Einführung in das Studium der Modernen Kunst." Grenzboten IV. 1874. 1

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/5>, abgerufen am 28.12.2024.