Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

wird auf die unbedingte Fortdauer eines Baarvorraths in dieser Höhe kaum
zu rechnen sein und noch weniger ist es bestimmt zu sagen, wie viel dieses
Vorraths gemünztes Gold ist. Allein nach meinen Schätzungen können wir
den Vorrath gut und gern auf 1S0 Millionen Thaler rechnen. Es würden
mithin von den bisher geprägten Reichsgoldmünzen 172 Millionen Thaler
übrig bleiben. Von dem Bestände ist zunächst ein Theil bestimmt, diejenigen
metallischen Umlaufsmittel zu ersetzen, welche mit Erlaß des Bankgesetzes aus
dem Verkehr zurücktreten. Es sind dies zunächst in Gold 30.800 Thaler,
sodann an 2-Thaler-Stücken 6 Millionen Thaler, in Kron- und Conventions¬
thalern 3,790,000 Thaler, in 2-Guldenstücken 8,400.000 Thaler, und in Ein-
thalerstücken 19,020,000 Thaler, zusammen 68 Millionen Thaler."

Herr Minister Delbrück gesteht also mit dieser Erklärung zu -- vor Allem
durch die Erwähnung, daß er nicht bestimmt zu sagen wisse, wieviel der Vorrath
an gemünzten Golde bei den deutschen Banken sei. daß die bisher geprägten
362 Millionen Thaler Reichsgoldmünzen größtentheils dem Ver¬
kehr übergeben worden sind. Aus seiner Bemerkung, daß 172 Million
davon übrig bleiben, geht nicht hervor, ob dieselben im Staatsschatze liegen. Da
Minister Camphausen in derselben Sitzung erwähnte, daß bei den preußischen
Banken allein 171 Millionen in Goldmünzen und Barren sich befinden und
da Delbrück den Gold-Vorrath der deutschen Banken nur auf ISO Millionen
schätzt, so sollte man fast glauben, daß der obige Rest der Goldmünzen bei
den preußischen Banken deponirt ist. -- Sei dem aber, wie ihm wolle, soviel
geht aus der Erklärung des Ministers Delbrück unzweifelhaft hervor, daß
wenigstens 190 Millionen Thaler Reichsgoldmünzen dem Verkehr übergeben
worden sind. Diese sollen noch um 68 Millionen zur Einziehung der oben
genannten alten Münzen vermehrt werden. Da nun bis Ende September
an alten Silbermünzen nur gegen 37 Millionen Thaler eingezogen worden
waren und die eingezogenen oder noch einzuziehenden alten Goldmünzen nach
Soetbeer (s. Deutsches Handelsblatt No. 44) nur auf Is Millionen Thaler
zu schätzen sind, so wäre der Metallgeldvorrath des deutschen Reiches durch
die Ausgabe der Reichsgoldmünzen um eine ungeheuere Summe vermehrt
worden, welche mit 30yet. eher zu niedrig angesetzt ist. Wir waren daher
sehr begierig, aus dem Munde des Ministers zu erfahren, mit welchen Argu¬
menten er dieses Experiment zu rechtfertigen gedenkt, wie er der Gefahr zu
begegnen gedachte, daß entweder die Preise um 30yet. stiegen, oder nach Be¬
ginn des Sinkens des Silberpreises die Goldmünzen in einem ähnlichen Be¬
trage eingeschmolzen oder ausgeführt werden, -- ein Fall, der wirklich ein¬
getreten ist, und den die Vertreter der Reichsregierung zwar abzuschwächen
versuchten, aber nicht zu leugnen vermochten. Der einzige Grund, den wir
finden und welcher auch wohl das Hauptmotiv des Reichskanzleramtes ge-


wird auf die unbedingte Fortdauer eines Baarvorraths in dieser Höhe kaum
zu rechnen sein und noch weniger ist es bestimmt zu sagen, wie viel dieses
Vorraths gemünztes Gold ist. Allein nach meinen Schätzungen können wir
den Vorrath gut und gern auf 1S0 Millionen Thaler rechnen. Es würden
mithin von den bisher geprägten Reichsgoldmünzen 172 Millionen Thaler
übrig bleiben. Von dem Bestände ist zunächst ein Theil bestimmt, diejenigen
metallischen Umlaufsmittel zu ersetzen, welche mit Erlaß des Bankgesetzes aus
dem Verkehr zurücktreten. Es sind dies zunächst in Gold 30.800 Thaler,
sodann an 2-Thaler-Stücken 6 Millionen Thaler, in Kron- und Conventions¬
thalern 3,790,000 Thaler, in 2-Guldenstücken 8,400.000 Thaler, und in Ein-
thalerstücken 19,020,000 Thaler, zusammen 68 Millionen Thaler."

Herr Minister Delbrück gesteht also mit dieser Erklärung zu — vor Allem
durch die Erwähnung, daß er nicht bestimmt zu sagen wisse, wieviel der Vorrath
an gemünzten Golde bei den deutschen Banken sei. daß die bisher geprägten
362 Millionen Thaler Reichsgoldmünzen größtentheils dem Ver¬
kehr übergeben worden sind. Aus seiner Bemerkung, daß 172 Million
davon übrig bleiben, geht nicht hervor, ob dieselben im Staatsschatze liegen. Da
Minister Camphausen in derselben Sitzung erwähnte, daß bei den preußischen
Banken allein 171 Millionen in Goldmünzen und Barren sich befinden und
da Delbrück den Gold-Vorrath der deutschen Banken nur auf ISO Millionen
schätzt, so sollte man fast glauben, daß der obige Rest der Goldmünzen bei
den preußischen Banken deponirt ist. — Sei dem aber, wie ihm wolle, soviel
geht aus der Erklärung des Ministers Delbrück unzweifelhaft hervor, daß
wenigstens 190 Millionen Thaler Reichsgoldmünzen dem Verkehr übergeben
worden sind. Diese sollen noch um 68 Millionen zur Einziehung der oben
genannten alten Münzen vermehrt werden. Da nun bis Ende September
an alten Silbermünzen nur gegen 37 Millionen Thaler eingezogen worden
waren und die eingezogenen oder noch einzuziehenden alten Goldmünzen nach
Soetbeer (s. Deutsches Handelsblatt No. 44) nur auf Is Millionen Thaler
zu schätzen sind, so wäre der Metallgeldvorrath des deutschen Reiches durch
die Ausgabe der Reichsgoldmünzen um eine ungeheuere Summe vermehrt
worden, welche mit 30yet. eher zu niedrig angesetzt ist. Wir waren daher
sehr begierig, aus dem Munde des Ministers zu erfahren, mit welchen Argu¬
menten er dieses Experiment zu rechtfertigen gedenkt, wie er der Gefahr zu
begegnen gedachte, daß entweder die Preise um 30yet. stiegen, oder nach Be¬
ginn des Sinkens des Silberpreises die Goldmünzen in einem ähnlichen Be¬
trage eingeschmolzen oder ausgeführt werden, — ein Fall, der wirklich ein¬
getreten ist, und den die Vertreter der Reichsregierung zwar abzuschwächen
versuchten, aber nicht zu leugnen vermochten. Der einzige Grund, den wir
finden und welcher auch wohl das Hauptmotiv des Reichskanzleramtes ge-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0487" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/132709"/>
          <p xml:id="ID_1420" prev="#ID_1419"> wird auf die unbedingte Fortdauer eines Baarvorraths in dieser Höhe kaum<lb/>
zu rechnen sein und noch weniger ist es bestimmt zu sagen, wie viel dieses<lb/>
Vorraths gemünztes Gold ist. Allein nach meinen Schätzungen können wir<lb/>
den Vorrath gut und gern auf 1S0 Millionen Thaler rechnen. Es würden<lb/>
mithin von den bisher geprägten Reichsgoldmünzen 172 Millionen Thaler<lb/>
übrig bleiben. Von dem Bestände ist zunächst ein Theil bestimmt, diejenigen<lb/>
metallischen Umlaufsmittel zu ersetzen, welche mit Erlaß des Bankgesetzes aus<lb/>
dem Verkehr zurücktreten. Es sind dies zunächst in Gold 30.800 Thaler,<lb/>
sodann an 2-Thaler-Stücken 6 Millionen Thaler, in Kron- und Conventions¬<lb/>
thalern 3,790,000 Thaler, in 2-Guldenstücken 8,400.000 Thaler, und in Ein-<lb/>
thalerstücken 19,020,000 Thaler, zusammen 68 Millionen Thaler."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1421" next="#ID_1422"> Herr Minister Delbrück gesteht also mit dieser Erklärung zu &#x2014; vor Allem<lb/>
durch die Erwähnung, daß er nicht bestimmt zu sagen wisse, wieviel der Vorrath<lb/>
an gemünzten Golde bei den deutschen Banken sei. daß die bisher geprägten<lb/>
362 Millionen Thaler Reichsgoldmünzen größtentheils dem Ver¬<lb/>
kehr übergeben worden sind. Aus seiner Bemerkung, daß 172 Million<lb/>
davon übrig bleiben, geht nicht hervor, ob dieselben im Staatsschatze liegen. Da<lb/>
Minister Camphausen in derselben Sitzung erwähnte, daß bei den preußischen<lb/>
Banken allein 171 Millionen in Goldmünzen und Barren sich befinden und<lb/>
da Delbrück den Gold-Vorrath der deutschen Banken nur auf ISO Millionen<lb/>
schätzt, so sollte man fast glauben, daß der obige Rest der Goldmünzen bei<lb/>
den preußischen Banken deponirt ist. &#x2014; Sei dem aber, wie ihm wolle, soviel<lb/>
geht aus der Erklärung des Ministers Delbrück unzweifelhaft hervor, daß<lb/>
wenigstens 190 Millionen Thaler Reichsgoldmünzen dem Verkehr übergeben<lb/>
worden sind. Diese sollen noch um 68 Millionen zur Einziehung der oben<lb/>
genannten alten Münzen vermehrt werden. Da nun bis Ende September<lb/>
an alten Silbermünzen nur gegen 37 Millionen Thaler eingezogen worden<lb/>
waren und die eingezogenen oder noch einzuziehenden alten Goldmünzen nach<lb/>
Soetbeer (s. Deutsches Handelsblatt No. 44) nur auf Is Millionen Thaler<lb/>
zu schätzen sind, so wäre der Metallgeldvorrath des deutschen Reiches durch<lb/>
die Ausgabe der Reichsgoldmünzen um eine ungeheuere Summe vermehrt<lb/>
worden, welche mit 30yet. eher zu niedrig angesetzt ist. Wir waren daher<lb/>
sehr begierig, aus dem Munde des Ministers zu erfahren, mit welchen Argu¬<lb/>
menten er dieses Experiment zu rechtfertigen gedenkt, wie er der Gefahr zu<lb/>
begegnen gedachte, daß entweder die Preise um 30yet. stiegen, oder nach Be¬<lb/>
ginn des Sinkens des Silberpreises die Goldmünzen in einem ähnlichen Be¬<lb/>
trage eingeschmolzen oder ausgeführt werden, &#x2014; ein Fall, der wirklich ein¬<lb/>
getreten ist, und den die Vertreter der Reichsregierung zwar abzuschwächen<lb/>
versuchten, aber nicht zu leugnen vermochten. Der einzige Grund, den wir<lb/>
finden und welcher auch wohl das Hauptmotiv des Reichskanzleramtes ge-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0487] wird auf die unbedingte Fortdauer eines Baarvorraths in dieser Höhe kaum zu rechnen sein und noch weniger ist es bestimmt zu sagen, wie viel dieses Vorraths gemünztes Gold ist. Allein nach meinen Schätzungen können wir den Vorrath gut und gern auf 1S0 Millionen Thaler rechnen. Es würden mithin von den bisher geprägten Reichsgoldmünzen 172 Millionen Thaler übrig bleiben. Von dem Bestände ist zunächst ein Theil bestimmt, diejenigen metallischen Umlaufsmittel zu ersetzen, welche mit Erlaß des Bankgesetzes aus dem Verkehr zurücktreten. Es sind dies zunächst in Gold 30.800 Thaler, sodann an 2-Thaler-Stücken 6 Millionen Thaler, in Kron- und Conventions¬ thalern 3,790,000 Thaler, in 2-Guldenstücken 8,400.000 Thaler, und in Ein- thalerstücken 19,020,000 Thaler, zusammen 68 Millionen Thaler." Herr Minister Delbrück gesteht also mit dieser Erklärung zu — vor Allem durch die Erwähnung, daß er nicht bestimmt zu sagen wisse, wieviel der Vorrath an gemünzten Golde bei den deutschen Banken sei. daß die bisher geprägten 362 Millionen Thaler Reichsgoldmünzen größtentheils dem Ver¬ kehr übergeben worden sind. Aus seiner Bemerkung, daß 172 Million davon übrig bleiben, geht nicht hervor, ob dieselben im Staatsschatze liegen. Da Minister Camphausen in derselben Sitzung erwähnte, daß bei den preußischen Banken allein 171 Millionen in Goldmünzen und Barren sich befinden und da Delbrück den Gold-Vorrath der deutschen Banken nur auf ISO Millionen schätzt, so sollte man fast glauben, daß der obige Rest der Goldmünzen bei den preußischen Banken deponirt ist. — Sei dem aber, wie ihm wolle, soviel geht aus der Erklärung des Ministers Delbrück unzweifelhaft hervor, daß wenigstens 190 Millionen Thaler Reichsgoldmünzen dem Verkehr übergeben worden sind. Diese sollen noch um 68 Millionen zur Einziehung der oben genannten alten Münzen vermehrt werden. Da nun bis Ende September an alten Silbermünzen nur gegen 37 Millionen Thaler eingezogen worden waren und die eingezogenen oder noch einzuziehenden alten Goldmünzen nach Soetbeer (s. Deutsches Handelsblatt No. 44) nur auf Is Millionen Thaler zu schätzen sind, so wäre der Metallgeldvorrath des deutschen Reiches durch die Ausgabe der Reichsgoldmünzen um eine ungeheuere Summe vermehrt worden, welche mit 30yet. eher zu niedrig angesetzt ist. Wir waren daher sehr begierig, aus dem Munde des Ministers zu erfahren, mit welchen Argu¬ menten er dieses Experiment zu rechtfertigen gedenkt, wie er der Gefahr zu begegnen gedachte, daß entweder die Preise um 30yet. stiegen, oder nach Be¬ ginn des Sinkens des Silberpreises die Goldmünzen in einem ähnlichen Be¬ trage eingeschmolzen oder ausgeführt werden, — ein Fall, der wirklich ein¬ getreten ist, und den die Vertreter der Reichsregierung zwar abzuschwächen versuchten, aber nicht zu leugnen vermochten. Der einzige Grund, den wir finden und welcher auch wohl das Hauptmotiv des Reichskanzleramtes ge-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/487
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/487>, abgerufen am 27.07.2024.