Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.erschütterliche Interessengemeinschaft beider Staaten spricht sich in diesem Die italienische Sprache wird zur Zeit in Deutschland noch zu wenig erschütterliche Interessengemeinschaft beider Staaten spricht sich in diesem Die italienische Sprache wird zur Zeit in Deutschland noch zu wenig <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0039" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/132261"/> <p xml:id="ID_86" prev="#ID_85"> erschütterliche Interessengemeinschaft beider Staaten spricht sich in diesem<lb/> freiwilligen lebendigen Streben, sich gegenseitig in seinen hervorragenden<lb/> Staatsmännern immer besser kennen zu lernen in der liebenswürdigsten Weise<lb/> aus. Und wer daran z. B. bisher gezweifelt hat, daß die oftgerühmte<lb/> Freundschaft Frankreichs und der Franzosen zu Italien nur ein offizielles<lb/> Schaustück, und im Grunde aus französischer Seite nur von phrasenhaftem<lb/> Egoismus beherrscht sei. der mag an der Hand der französischen Presse und<lb/> Literatur der letzten Jahre sich belehren lassen. Nirgends fast ein spontanes<lb/> Streben in Frankreich, sich über die Verhältnisse und Männer Italiens zu<lb/> unterrichten, nirgends die Voraussetzung gedacht, daß französische Leser sich<lb/> für eine in den Augen des wahren Franzosen so geringfügige und undankbare<lb/> Nation interessiren könnten.</p><lb/> <p xml:id="ID_87" next="#ID_88"> Die italienische Sprache wird zur Zeit in Deutschland noch zu wenig<lb/> getrieben, als daß die letzte Stufe dieser befruchtenden gegenseitigen Erkenntniß<lb/> erreicht gelten könnte: daß wir Deutschen auch allgemein in der Ursprache<lb/> lesen könnten, was in Italien über Italien und über uns geschrieben wird.<lb/> Die große Mehrzahl unserer Landsleute wird in dieser Hinsicht immer auf<lb/> Uebersetzungen angewiesen sein. Deßhalb verdient jeder Versuch, uns durch<lb/> gute deutsche Uebersetzungen mit guten italienischen Werken bekannt zu machen,<lb/> welche dem öffentlichen Leben in beiden Nationen von Wichtigkeit sind,<lb/> freundliche Förderung und bereitwilliges Entgegenkommen. Besondere Auf¬<lb/> merksamkeit aber darf die Uebersetzung eines italienischen Werkes beanspruchen,<lb/> welches das Leben des Grafen Cavour aus der Feder eines vertrauten<lb/> Freundes des großen Staatsmannes in vollendeter Weise schildert, die kleinsten<lb/> und die größten Züge dieses Lebens und Charakters mit dem liebevollen<lb/> Detail ausfüllt, das der Freund in nächster Nähe beobachten konnte, und<lb/> daher uns Deutschen erst ermöglicht, den Schöpfer der italienischen Einheit<lb/> ganz so kennen zu lernen, wie er daheim aufgefaßt wird. Eine solche deutsche<lb/> Uebersetzung der berühmten „biographischen Erinnerungen" von Joseph<lb/> Massari an Cavour ist in diesen Tagen bei Joh. Ambr. Barth in Leipzig<lb/> erschienen. Die Uebersetzung ist von Dr. Ernst Bezold mit Geschick und<lb/> Verständniß bearbeitet. Prof. Dr. v. Holtzendorff hat ein einleitendes Vor¬<lb/> wort dazu geschrieben. Beide Männer sprechen sich über die Absichten, welche<lb/> sie bei Herausgabe dieses Werkes verfolgten, in so interessanter Weise aus,<lb/> daß einige ihrer einführenden Worte hier wohl angeführt zu werden ver¬<lb/> dienen. An Gedanken, wie die eben vorgetragenen sich anlehnend, sagt<lb/> Prof. von Holtzendorff: „Was mich bestimmte, eine Uebertragung ins<lb/> Deutsche anzurathen, war in Kürze dieses: Jedes bedeutende Werk, welches<lb/> die neuere Geschichte Deutschlands und seiner einheitlichen Wiederherstellung<lb/> behandelt, scheint mir zu einem Theile für Italien, jede Geschichte der italie-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0039]
erschütterliche Interessengemeinschaft beider Staaten spricht sich in diesem
freiwilligen lebendigen Streben, sich gegenseitig in seinen hervorragenden
Staatsmännern immer besser kennen zu lernen in der liebenswürdigsten Weise
aus. Und wer daran z. B. bisher gezweifelt hat, daß die oftgerühmte
Freundschaft Frankreichs und der Franzosen zu Italien nur ein offizielles
Schaustück, und im Grunde aus französischer Seite nur von phrasenhaftem
Egoismus beherrscht sei. der mag an der Hand der französischen Presse und
Literatur der letzten Jahre sich belehren lassen. Nirgends fast ein spontanes
Streben in Frankreich, sich über die Verhältnisse und Männer Italiens zu
unterrichten, nirgends die Voraussetzung gedacht, daß französische Leser sich
für eine in den Augen des wahren Franzosen so geringfügige und undankbare
Nation interessiren könnten.
Die italienische Sprache wird zur Zeit in Deutschland noch zu wenig
getrieben, als daß die letzte Stufe dieser befruchtenden gegenseitigen Erkenntniß
erreicht gelten könnte: daß wir Deutschen auch allgemein in der Ursprache
lesen könnten, was in Italien über Italien und über uns geschrieben wird.
Die große Mehrzahl unserer Landsleute wird in dieser Hinsicht immer auf
Uebersetzungen angewiesen sein. Deßhalb verdient jeder Versuch, uns durch
gute deutsche Uebersetzungen mit guten italienischen Werken bekannt zu machen,
welche dem öffentlichen Leben in beiden Nationen von Wichtigkeit sind,
freundliche Förderung und bereitwilliges Entgegenkommen. Besondere Auf¬
merksamkeit aber darf die Uebersetzung eines italienischen Werkes beanspruchen,
welches das Leben des Grafen Cavour aus der Feder eines vertrauten
Freundes des großen Staatsmannes in vollendeter Weise schildert, die kleinsten
und die größten Züge dieses Lebens und Charakters mit dem liebevollen
Detail ausfüllt, das der Freund in nächster Nähe beobachten konnte, und
daher uns Deutschen erst ermöglicht, den Schöpfer der italienischen Einheit
ganz so kennen zu lernen, wie er daheim aufgefaßt wird. Eine solche deutsche
Uebersetzung der berühmten „biographischen Erinnerungen" von Joseph
Massari an Cavour ist in diesen Tagen bei Joh. Ambr. Barth in Leipzig
erschienen. Die Uebersetzung ist von Dr. Ernst Bezold mit Geschick und
Verständniß bearbeitet. Prof. Dr. v. Holtzendorff hat ein einleitendes Vor¬
wort dazu geschrieben. Beide Männer sprechen sich über die Absichten, welche
sie bei Herausgabe dieses Werkes verfolgten, in so interessanter Weise aus,
daß einige ihrer einführenden Worte hier wohl angeführt zu werden ver¬
dienen. An Gedanken, wie die eben vorgetragenen sich anlehnend, sagt
Prof. von Holtzendorff: „Was mich bestimmte, eine Uebertragung ins
Deutsche anzurathen, war in Kürze dieses: Jedes bedeutende Werk, welches
die neuere Geschichte Deutschlands und seiner einheitlichen Wiederherstellung
behandelt, scheint mir zu einem Theile für Italien, jede Geschichte der italie-
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