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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

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d. h. unsere Pastöre, wollen ein für allemal nichts von Deutschland wissen.
Weßhalb indessen diese unsere Bauern deutsch sprechen, und kein Sterbens¬
wörtlein Französisch verstehen, und unsere Pastöre Deutsch in der Kirche lehren
und predigen, davon verstehen solche "Preußen", wie Unsereins, nichts. Das
weiß unser großer Ethnologe und Ethnograph, Herr A. Funck, besser. Er
meint, wir seien zwar ein deutschsprechender Volksstamm, aber von französischer
Abstammung und von französischem Wesen und Geiste. Nur vergißt er uns
zu sagen, wie wir, als grundsranzösischer Volksstamm zu unserer altsächsischen
Sprache, und zu unsern biederben altdeutschen Volkssitten, Volksbräuchen
Volkssagen und Märchen, und Volksliedern gekommen sind. -- -- -- Das
"Luxemburger Wort", das fromme und wahrhaftige Blatt, dem es bei seinem
eifrigen katholischen Christenthum auf ein bischen weniger Logik nicht an¬
kommt, will nun auch heute französisch sein mit Haut und Haar, während
es noch kurz vor 66, wir meinen vor Sadowa, mit Haut und Haaren deutsch
sein wollte. Wie es scheint, hat Sr. Gelahrtheit. Herr A. Funck, das "Wort"
seitdem eines Besseren belehrt. Vielleicht auch hat es der "Preuß" bei Sadowa
gethan, und zwar durch seine ^.i-gumenta, aä Kommen Oesterreich gegenüber.
Weil Oesterreich nicht deutsch bleiben wollte, oder durfte, so wollten oder
durften es auch seine vielgeliebten Lehrer und Meister, die Jesuiten, nicht
bleiben, ohne sich selbst in den Bann der si. Kirche zu thun; und -- seit
der Zeit sind sie französisch, und wer nicht mit ihnen ist, der -- ist wider sie,
wie das Evangelium lehrt. -- Früher arbeiteten die Jesuiten aus allen
Kräften an der Ausrottung der französischen Sprache im Lande, namentlich
in der Volksschule. Heute soll die ganze Welt bei uns französisch lernen,
um -- mit nach Se. Hubert in Belgien, zur stigmatisirten Heiligen von
Bois d'Haine, nach Lourdes, Paray le Monial, und die tausend andern
Wunderorte in Frankreich, wallfahrten zu können. Heute ist das Deutsche
in den Augen unserer frommen Jesuiten kein Deutsch mehr, nur noch
"Preußisch".

Noch heute kommt unsere "Jude'pendance", die gutwillige Wiederkäuerin
der Enten, die das "Wort" schon zehnmal aufgetischt hat. und beweist uns
Luxemburgern, daß wir noch immer die alten Stockfranzosen sind, und das
Französische daher in unsern Schulen lernen müßten, sintemal es sonst nirgends
im Lande gesprochen wird, wenigstens nicht eorume it kaut. Was soll auA
mag Herr Joris bei sich denken, aus uns werden, wenn nun die "Revanche
kommt, und wir können dieselbe nicht, wie sich dieses schickt, auf gutfranzöstsch
fetiren? -- Wäre das nicht eine Schande für das ganze Land, das so
tiefster Seele französisch ist?--- Und so hat denn auch die wackere "Jn^
pendance" ganz Recht, wenn sie den Beamten unserer Eisenbahnverwaltung
den Text dafür liest, daß sie so faul im Erlernen des Französischen seien, in


d. h. unsere Pastöre, wollen ein für allemal nichts von Deutschland wissen.
Weßhalb indessen diese unsere Bauern deutsch sprechen, und kein Sterbens¬
wörtlein Französisch verstehen, und unsere Pastöre Deutsch in der Kirche lehren
und predigen, davon verstehen solche „Preußen", wie Unsereins, nichts. Das
weiß unser großer Ethnologe und Ethnograph, Herr A. Funck, besser. Er
meint, wir seien zwar ein deutschsprechender Volksstamm, aber von französischer
Abstammung und von französischem Wesen und Geiste. Nur vergißt er uns
zu sagen, wie wir, als grundsranzösischer Volksstamm zu unserer altsächsischen
Sprache, und zu unsern biederben altdeutschen Volkssitten, Volksbräuchen
Volkssagen und Märchen, und Volksliedern gekommen sind. — — — Das
„Luxemburger Wort", das fromme und wahrhaftige Blatt, dem es bei seinem
eifrigen katholischen Christenthum auf ein bischen weniger Logik nicht an¬
kommt, will nun auch heute französisch sein mit Haut und Haar, während
es noch kurz vor 66, wir meinen vor Sadowa, mit Haut und Haaren deutsch
sein wollte. Wie es scheint, hat Sr. Gelahrtheit. Herr A. Funck, das „Wort"
seitdem eines Besseren belehrt. Vielleicht auch hat es der „Preuß" bei Sadowa
gethan, und zwar durch seine ^.i-gumenta, aä Kommen Oesterreich gegenüber.
Weil Oesterreich nicht deutsch bleiben wollte, oder durfte, so wollten oder
durften es auch seine vielgeliebten Lehrer und Meister, die Jesuiten, nicht
bleiben, ohne sich selbst in den Bann der si. Kirche zu thun; und — seit
der Zeit sind sie französisch, und wer nicht mit ihnen ist, der — ist wider sie,
wie das Evangelium lehrt. — Früher arbeiteten die Jesuiten aus allen
Kräften an der Ausrottung der französischen Sprache im Lande, namentlich
in der Volksschule. Heute soll die ganze Welt bei uns französisch lernen,
um — mit nach Se. Hubert in Belgien, zur stigmatisirten Heiligen von
Bois d'Haine, nach Lourdes, Paray le Monial, und die tausend andern
Wunderorte in Frankreich, wallfahrten zu können. Heute ist das Deutsche
in den Augen unserer frommen Jesuiten kein Deutsch mehr, nur noch
„Preußisch".

Noch heute kommt unsere „Jude'pendance", die gutwillige Wiederkäuerin
der Enten, die das „Wort" schon zehnmal aufgetischt hat. und beweist uns
Luxemburgern, daß wir noch immer die alten Stockfranzosen sind, und das
Französische daher in unsern Schulen lernen müßten, sintemal es sonst nirgends
im Lande gesprochen wird, wenigstens nicht eorume it kaut. Was soll auA
mag Herr Joris bei sich denken, aus uns werden, wenn nun die „Revanche
kommt, und wir können dieselbe nicht, wie sich dieses schickt, auf gutfranzöstsch
fetiren? — Wäre das nicht eine Schande für das ganze Land, das so
tiefster Seele französisch ist?--- Und so hat denn auch die wackere „Jn^
pendance" ganz Recht, wenn sie den Beamten unserer Eisenbahnverwaltung
den Text dafür liest, daß sie so faul im Erlernen des Französischen seien, in


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/282>, abgerufen am 27.07.2024.