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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

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Brande der Trommler die Männer seiner Compagnie zusammenrief. Da
fehlten auch die Einzelheiten und das Uebrige war da. Namentlich bei einem
Feuer zur Nachtzeit, wo dann oft ganz seltsame Bürgerwehrmänner, in dem
allermerkwürdigsten Costüm auftauchten. Wann hernach das kleine Häuflein
der Pflichttreuen beim Apelt nach dem Namen aufgerufen wurde, übernahm
es wohl die Handvoll erschienener Wehrmänner mit gutem Humor aus reiner
Freundschaft bei jedem Mann der Compagnieliste zu antworten: Müller?
>,Hier!" Fischer? "Hier!" Lehmann? "Hier!" und sofort ani inüvituw.
Damit war denn allen Bedürfnissen geholfen. -- Kein Wunder, daß sich
^ehe Uebelstände von Jahr zu Jahr vergrößerten. Mancher stille Wunsch
dach einer Auflösung dieser Bürgerwehr wurde öffentlich laut. Auch in den
Zeitungen erscholl dann und wann schon ein Heller Klageruf. Freilich ward
^ dem jungen Bürger nicht möglich, von seinem Dienst als Bürgerwehrmann
fich zu befreien, wenn er nicht etwa von vorn herein durch seinen Stand
gesetzlich dieser Bürde ledig war, oder wenn er nicht just, wie ein guter
Freund von mir, als Bürgerwehrmann seinem Cameraden eine tüchtige Ohr-
^ge applicirte. Er ward wegen dieser Unthat vor das Ehrengericht geladen
Und in feierlicher Session Kraft des Gesetzes für immer aus der Bürgerwehr
^usgestoßen. Dieser letzte Vorfall muß nicht publik geworden sein, sonst,
fürchte ich, hätte es vielleicht Ohrfeigen geregnet.

Endlich schlug die Erlösungsstunde. Der Magistrat der Stadt Rostock
k>npfahl die Auflösung der Bürgerfeuerwehr, und die Bürgerschaft gab "mit
Vergnügen" ihre Zustimmung. So ward denn endlich am 1. März 1868
^ches Institut zu Grabe getragen. Man gab der Kriegskasse anheim, für
^ "bestmöglichste Veräußerung der Waffen und Monturen" Sorge zu tragen,
^ut wieder begann hier das Schicksal mit seinem Humor mitzuspielen. Die
Glieder alten Waffenröcke, welche die Stadt für die armen Feuerwehrmänner
^geliehen hatte, wurden freilich für hundert und einige Thaler glücklich
^steigert. Nicht so die Waffenstücke. Es begann ein großartiges Aufbieten
^i>s beau rsLts der alten Bürgergarde. Man denke nur, welches Angebot
^f diese Waffen gemacht wurde. Ein Hamburger Handelsmann bot nämlich,
7^ hört! hört! -- für jeden Säbel eines Officiers oder Feldwebels 20 Sgr..
tur jede Trommel 1^ Thaler, und für jedes Käppi mit Haarbusch 2^ Sgr.
^ukt! für diese herrliche Zierde der Bürgergarde, inklusive der goldenen Sonne
dem Vogel Greif darin und inclusive Federbusch zwei und einen halben
ilbergroschen! für jede Patrontasche sogar nur einen Silbergroschen und drei
Pfennige. Während der Magistrat nicht abgeneigt schien, für diesen Preis
^ Zierstücke der alten Bürgergarde loszuschlagen. wollte die Bürgerschaft
°H auf diesen großartigen Handel nicht recht eingehen. "Der gebotene
^s". meinten sie bei den bezüglichen Verhandlungen des erwähnten Jahres,


Brande der Trommler die Männer seiner Compagnie zusammenrief. Da
fehlten auch die Einzelheiten und das Uebrige war da. Namentlich bei einem
Feuer zur Nachtzeit, wo dann oft ganz seltsame Bürgerwehrmänner, in dem
allermerkwürdigsten Costüm auftauchten. Wann hernach das kleine Häuflein
der Pflichttreuen beim Apelt nach dem Namen aufgerufen wurde, übernahm
es wohl die Handvoll erschienener Wehrmänner mit gutem Humor aus reiner
Freundschaft bei jedem Mann der Compagnieliste zu antworten: Müller?
>,Hier!" Fischer? „Hier!" Lehmann? „Hier!" und sofort ani inüvituw.
Damit war denn allen Bedürfnissen geholfen. — Kein Wunder, daß sich
^ehe Uebelstände von Jahr zu Jahr vergrößerten. Mancher stille Wunsch
dach einer Auflösung dieser Bürgerwehr wurde öffentlich laut. Auch in den
Zeitungen erscholl dann und wann schon ein Heller Klageruf. Freilich ward
^ dem jungen Bürger nicht möglich, von seinem Dienst als Bürgerwehrmann
fich zu befreien, wenn er nicht etwa von vorn herein durch seinen Stand
gesetzlich dieser Bürde ledig war, oder wenn er nicht just, wie ein guter
Freund von mir, als Bürgerwehrmann seinem Cameraden eine tüchtige Ohr-
^ge applicirte. Er ward wegen dieser Unthat vor das Ehrengericht geladen
Und in feierlicher Session Kraft des Gesetzes für immer aus der Bürgerwehr
^usgestoßen. Dieser letzte Vorfall muß nicht publik geworden sein, sonst,
fürchte ich, hätte es vielleicht Ohrfeigen geregnet.

Endlich schlug die Erlösungsstunde. Der Magistrat der Stadt Rostock
k>npfahl die Auflösung der Bürgerfeuerwehr, und die Bürgerschaft gab „mit
Vergnügen" ihre Zustimmung. So ward denn endlich am 1. März 1868
^ches Institut zu Grabe getragen. Man gab der Kriegskasse anheim, für
^ „bestmöglichste Veräußerung der Waffen und Monturen" Sorge zu tragen,
^ut wieder begann hier das Schicksal mit seinem Humor mitzuspielen. Die
Glieder alten Waffenröcke, welche die Stadt für die armen Feuerwehrmänner
^geliehen hatte, wurden freilich für hundert und einige Thaler glücklich
^steigert. Nicht so die Waffenstücke. Es begann ein großartiges Aufbieten
^i>s beau rsLts der alten Bürgergarde. Man denke nur, welches Angebot
^f diese Waffen gemacht wurde. Ein Hamburger Handelsmann bot nämlich,
7^ hört! hört! — für jeden Säbel eines Officiers oder Feldwebels 20 Sgr..
tur jede Trommel 1^ Thaler, und für jedes Käppi mit Haarbusch 2^ Sgr.
^ukt! für diese herrliche Zierde der Bürgergarde, inklusive der goldenen Sonne
dem Vogel Greif darin und inclusive Federbusch zwei und einen halben
ilbergroschen! für jede Patrontasche sogar nur einen Silbergroschen und drei
Pfennige. Während der Magistrat nicht abgeneigt schien, für diesen Preis
^ Zierstücke der alten Bürgergarde loszuschlagen. wollte die Bürgerschaft
°H auf diesen großartigen Handel nicht recht eingehen. „Der gebotene
^s". meinten sie bei den bezüglichen Verhandlungen des erwähnten Jahres,


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[0273] Brande der Trommler die Männer seiner Compagnie zusammenrief. Da fehlten auch die Einzelheiten und das Uebrige war da. Namentlich bei einem Feuer zur Nachtzeit, wo dann oft ganz seltsame Bürgerwehrmänner, in dem allermerkwürdigsten Costüm auftauchten. Wann hernach das kleine Häuflein der Pflichttreuen beim Apelt nach dem Namen aufgerufen wurde, übernahm es wohl die Handvoll erschienener Wehrmänner mit gutem Humor aus reiner Freundschaft bei jedem Mann der Compagnieliste zu antworten: Müller? >,Hier!" Fischer? „Hier!" Lehmann? „Hier!" und sofort ani inüvituw. Damit war denn allen Bedürfnissen geholfen. — Kein Wunder, daß sich ^ehe Uebelstände von Jahr zu Jahr vergrößerten. Mancher stille Wunsch dach einer Auflösung dieser Bürgerwehr wurde öffentlich laut. Auch in den Zeitungen erscholl dann und wann schon ein Heller Klageruf. Freilich ward ^ dem jungen Bürger nicht möglich, von seinem Dienst als Bürgerwehrmann fich zu befreien, wenn er nicht etwa von vorn herein durch seinen Stand gesetzlich dieser Bürde ledig war, oder wenn er nicht just, wie ein guter Freund von mir, als Bürgerwehrmann seinem Cameraden eine tüchtige Ohr- ^ge applicirte. Er ward wegen dieser Unthat vor das Ehrengericht geladen Und in feierlicher Session Kraft des Gesetzes für immer aus der Bürgerwehr ^usgestoßen. Dieser letzte Vorfall muß nicht publik geworden sein, sonst, fürchte ich, hätte es vielleicht Ohrfeigen geregnet. Endlich schlug die Erlösungsstunde. Der Magistrat der Stadt Rostock k>npfahl die Auflösung der Bürgerfeuerwehr, und die Bürgerschaft gab „mit Vergnügen" ihre Zustimmung. So ward denn endlich am 1. März 1868 ^ches Institut zu Grabe getragen. Man gab der Kriegskasse anheim, für ^ „bestmöglichste Veräußerung der Waffen und Monturen" Sorge zu tragen, ^ut wieder begann hier das Schicksal mit seinem Humor mitzuspielen. Die Glieder alten Waffenröcke, welche die Stadt für die armen Feuerwehrmänner ^geliehen hatte, wurden freilich für hundert und einige Thaler glücklich ^steigert. Nicht so die Waffenstücke. Es begann ein großartiges Aufbieten ^i>s beau rsLts der alten Bürgergarde. Man denke nur, welches Angebot ^f diese Waffen gemacht wurde. Ein Hamburger Handelsmann bot nämlich, 7^ hört! hört! — für jeden Säbel eines Officiers oder Feldwebels 20 Sgr.. tur jede Trommel 1^ Thaler, und für jedes Käppi mit Haarbusch 2^ Sgr. ^ukt! für diese herrliche Zierde der Bürgergarde, inklusive der goldenen Sonne dem Vogel Greif darin und inclusive Federbusch zwei und einen halben ilbergroschen! für jede Patrontasche sogar nur einen Silbergroschen und drei Pfennige. Während der Magistrat nicht abgeneigt schien, für diesen Preis ^ Zierstücke der alten Bürgergarde loszuschlagen. wollte die Bürgerschaft °H auf diesen großartigen Handel nicht recht eingehen. „Der gebotene ^s". meinten sie bei den bezüglichen Verhandlungen des erwähnten Jahres,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/273>, abgerufen am 27.07.2024.