Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.schöpfendes Bild; mehrere hervorragende Meister, wie z. B. Kraus, haben schöpfendes Bild; mehrere hervorragende Meister, wie z. B. Kraus, haben <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0234" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/132456"/> <p xml:id="ID_739" prev="#ID_738" next="#ID_740"> schöpfendes Bild; mehrere hervorragende Meister, wie z. B. Kraus, haben<lb/> in diesem Jahre gar nichts ausgestellt. Trotzdem umfaßte der Katalog nicht<lb/> weniger als 10K7 Nummern und man kann immerhin annehmen, eine Vor¬<lb/> stellung von dem Durchschnitt der künstlerischen Leistungsfähigkeit der Gegen¬<lb/> wart, so weit Deutschland in Frage kommt, erhalten zu haben. Der Ge-<lb/> sammteindruck, offen gestanden, war kein besonders erhebender. Hervorragen¬<lb/> der Leistungen waren wenige, man sah viel Mittelgut und entsetzlich viel Un¬<lb/> bedeutendes. Ueppig wuchernd und in den verschiedensten Formen trat die<lb/> Portraitmalerei auf, bald als Portrait schlechthin, bald in Verbindung mit<lb/> Landschafts-, Thier-, Costüm-, Genre-, ja Historienmalerei. Unter den<lb/> eigentlichen Portraits wurden besonders die Bilder aus der kaiserlichen Familie<lb/> von Herrn v. Angeli in Wien bewundert. Unstreitig den besten Platz unter<lb/> denselben nimmt das Bild des Kronprinzen ein, eine ebenso künstlerisch schöne<lb/> wie getreue Darstellung dieses Typus kräftiger Männlichkeit. Sehr bemerkens¬<lb/> werth wegen der vornehm-discreten Behandlung der Farben und der Wärme<lb/> im Ausdruck auch das Portrait der Kronprinzessin; nur herrschte über die<lb/> Aehnlichkeit allgemeiner Zweifel. Am wenigsten befriedigt das Bild des<lb/> Kaisers. Wie ganz anders erscheint die Figur des greisen Helden doch auf<lb/> dem Camphausen'schen Reiterbilde! Allerdings hat Camphausen den Kaiser<lb/> gemalt, wie er vor vier Jahren an der Spitze des deutschen Heeres dem Feinde<lb/> entgegenzog, eine Gestalt von unverwüstlicher Frische und Kraft, während auf<lb/> Angeli's Darstellung wohl das lange Unwohlsein des Kaisers im vorigen Winter<lb/> unvortheilhaft eingewirkt hat. — Am meisten von allen Portraitstücken aber hat<lb/> sich das von Gustav Richter gemalte lebensgroße Bildmß der Fürstin Caro-<lb/> lath die Gunst des Publikums erworben. Das Bild war in der That eine<lb/> Perle der diesmaligen Ausstellung. Es zeigt eine Dame von nahezu klassische^<lb/> Schönheit, in geschmackvoll-einfachem weißem Gewände und in ungekünstelt¬<lb/> graziöser Haltung vor dem Kamin sitzend, ihr zu Füßen eine prächtige Dogge.<lb/> Die gedämpfte Beleuchtung, von der einen Seite der Feuerschein des Kamins¬<lb/> erhöht noch den eigenthümlichen Reiz des Ganzen. Derselbe Künstler hatte,<lb/> außer einem Bilde Bancroft's, noch verschiedene Portraitgruppen in Genre-<lb/> bildform ausgestellt. Auf einem dieser Bilder ist seine Gemahlin mit etnerv<lb/> Kinde auf dem Arm dargestellt; ein anderes zeigt den Maler selbst, wie ^<lb/> seinen schelmisch-lächelnden Buben, das gefüllte Champagnerglas in der Hand,<lb/> zum Fenster hinaushält — Beides Kompositionen von so frischem, lebens¬<lb/> wahren und zugleich so poesievollen Humor, daß man seine herzliche Freude<lb/> an ihnen haben muß. — Zwei in der Erfindung höchst eigenthümliche »ut<lb/> in der Ausführung sehr bedeutende Portraitgemälde waren von dem Brüssel<lb/> Alma Tadema ausgestellt. Dieselben gehören zur Collection des Palazz"<lb/> Palmiert in Nizza. Das eine stellt einen antiken Bildhauerladen, das ante^</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0234]
schöpfendes Bild; mehrere hervorragende Meister, wie z. B. Kraus, haben
in diesem Jahre gar nichts ausgestellt. Trotzdem umfaßte der Katalog nicht
weniger als 10K7 Nummern und man kann immerhin annehmen, eine Vor¬
stellung von dem Durchschnitt der künstlerischen Leistungsfähigkeit der Gegen¬
wart, so weit Deutschland in Frage kommt, erhalten zu haben. Der Ge-
sammteindruck, offen gestanden, war kein besonders erhebender. Hervorragen¬
der Leistungen waren wenige, man sah viel Mittelgut und entsetzlich viel Un¬
bedeutendes. Ueppig wuchernd und in den verschiedensten Formen trat die
Portraitmalerei auf, bald als Portrait schlechthin, bald in Verbindung mit
Landschafts-, Thier-, Costüm-, Genre-, ja Historienmalerei. Unter den
eigentlichen Portraits wurden besonders die Bilder aus der kaiserlichen Familie
von Herrn v. Angeli in Wien bewundert. Unstreitig den besten Platz unter
denselben nimmt das Bild des Kronprinzen ein, eine ebenso künstlerisch schöne
wie getreue Darstellung dieses Typus kräftiger Männlichkeit. Sehr bemerkens¬
werth wegen der vornehm-discreten Behandlung der Farben und der Wärme
im Ausdruck auch das Portrait der Kronprinzessin; nur herrschte über die
Aehnlichkeit allgemeiner Zweifel. Am wenigsten befriedigt das Bild des
Kaisers. Wie ganz anders erscheint die Figur des greisen Helden doch auf
dem Camphausen'schen Reiterbilde! Allerdings hat Camphausen den Kaiser
gemalt, wie er vor vier Jahren an der Spitze des deutschen Heeres dem Feinde
entgegenzog, eine Gestalt von unverwüstlicher Frische und Kraft, während auf
Angeli's Darstellung wohl das lange Unwohlsein des Kaisers im vorigen Winter
unvortheilhaft eingewirkt hat. — Am meisten von allen Portraitstücken aber hat
sich das von Gustav Richter gemalte lebensgroße Bildmß der Fürstin Caro-
lath die Gunst des Publikums erworben. Das Bild war in der That eine
Perle der diesmaligen Ausstellung. Es zeigt eine Dame von nahezu klassische^
Schönheit, in geschmackvoll-einfachem weißem Gewände und in ungekünstelt¬
graziöser Haltung vor dem Kamin sitzend, ihr zu Füßen eine prächtige Dogge.
Die gedämpfte Beleuchtung, von der einen Seite der Feuerschein des Kamins¬
erhöht noch den eigenthümlichen Reiz des Ganzen. Derselbe Künstler hatte,
außer einem Bilde Bancroft's, noch verschiedene Portraitgruppen in Genre-
bildform ausgestellt. Auf einem dieser Bilder ist seine Gemahlin mit etnerv
Kinde auf dem Arm dargestellt; ein anderes zeigt den Maler selbst, wie ^
seinen schelmisch-lächelnden Buben, das gefüllte Champagnerglas in der Hand,
zum Fenster hinaushält — Beides Kompositionen von so frischem, lebens¬
wahren und zugleich so poesievollen Humor, daß man seine herzliche Freude
an ihnen haben muß. — Zwei in der Erfindung höchst eigenthümliche »ut
in der Ausführung sehr bedeutende Portraitgemälde waren von dem Brüssel
Alma Tadema ausgestellt. Dieselben gehören zur Collection des Palazz"
Palmiert in Nizza. Das eine stellt einen antiken Bildhauerladen, das ante^
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