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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

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[Beginn Spaltensatz]
"Der Gardeherr sprach mit Muthe stark:
,Ach König, mein lieber Herre,
Ist es nicht gebunden an den Himmel hoch,
Ditmarschen soll unser bald werden!"
[Spaltenumbruch]
"Er ließen die Trommeln schlagen alsbald,
Die Fähnlein, die ließ er fliegen,
Damit zogen sie einen langen Weg,
Bis sie das Land zu Gesichte kriegen i
,Ach Ländchen tief! Nun bin ich nicht
weit,
Dn sollst nun mein bald werden/
[Ende Spaltensatz]

Im Februar 1L00 erschien der König in Holstein und entschloß sich
trotz der nassen Jahreszeit zum sofortigen Aufbruch. Am 11., Dienstags nach
scholastica, ward Alversdorp genommen, das an der Ostmark des Landes
auf der Geest liegt, und von da ging's südwestwärts auf trockenen Geestwegen
gegen Windbergen. Was fliehen konnte, floh in die westlichen Marschen
wohin die Königlichen nicht zu folgen vermochten; die streitbare Mannschaft
aber sammelte sich im Norden des Landes um ihre Banner. Sie aufzusuchen,
wandte sich der König von Windbergen nordwärts gegen Meldorp, das nach
kurzem Gefecht am 13. genommen wurde. Die Garde plünderte die Kirchen
und das Kloster und hauste grausam in der eroberten Stadt, in der eine
Besatzung zurückgelassen wurde. Davon singt das mehrfach erwähnte größere
Lied wie folgt:


[Beginn Spaltensatz]
"Drauf zeigte sich der König auf der
Holsten Erde
Mit großer Mannheit zu Fuß und zu
Pferde.
Ausstreckt er seine Flügel zu beiden Enden,
Gewappnet von Haupt zu Fuß und an
den Lenden."
"Die erste Nacht blieben sie zu Alvers¬
dorp stehen.
Da wollte ihnen niemand entgegengehen,
Der eine lief nach Süden, der andre nach
Norden,
Denn die Garde wollte sie alle morden."
"Des Donnerstags zogen sie nach Mel¬
dorp unverdrossen,
Da haben sie sich mit den Ditmarschen
geschossen;
Die Garde die war gar unverzagt,
Also daß die armen Leute von dem Ihren
wurden gejagt."
[Spaltenumbruch]
"So sind sie gezogen in Ditmarschen un¬
verzagt,
Des Dienstags nach scholastica der reinen
Magd,
Mit also großem Schmucke ohncmaßen;
Sie hatten das so ausgemacht, sie wollten
niemand leben lassen."
"Des Mittwochs sind sie gen Windbergen
gezogen,
Alle, die da waren, sind rasch geflohen,
Ein jeglicher, wohin er sich mochte
salvieren;
Denn wie sollten die armen Bauern
Krieg führen?"
"Die Kranken, die da nicht laufen konnten,
Blinde, Bettlägrige, sie saßen oder stunden,
Da wurde nichts geschont, die Mutter
mit dem Kinde
Wurde gemordet gleich einem fetten Rinde."
[Ende Spaltensatz]
[Beginn Spaltensatz]
„Der Gardeherr sprach mit Muthe stark:
,Ach König, mein lieber Herre,
Ist es nicht gebunden an den Himmel hoch,
Ditmarschen soll unser bald werden!"
[Spaltenumbruch]
„Er ließen die Trommeln schlagen alsbald,
Die Fähnlein, die ließ er fliegen,
Damit zogen sie einen langen Weg,
Bis sie das Land zu Gesichte kriegen i
,Ach Ländchen tief! Nun bin ich nicht
weit,
Dn sollst nun mein bald werden/
[Ende Spaltensatz]

Im Februar 1L00 erschien der König in Holstein und entschloß sich
trotz der nassen Jahreszeit zum sofortigen Aufbruch. Am 11., Dienstags nach
scholastica, ward Alversdorp genommen, das an der Ostmark des Landes
auf der Geest liegt, und von da ging's südwestwärts auf trockenen Geestwegen
gegen Windbergen. Was fliehen konnte, floh in die westlichen Marschen
wohin die Königlichen nicht zu folgen vermochten; die streitbare Mannschaft
aber sammelte sich im Norden des Landes um ihre Banner. Sie aufzusuchen,
wandte sich der König von Windbergen nordwärts gegen Meldorp, das nach
kurzem Gefecht am 13. genommen wurde. Die Garde plünderte die Kirchen
und das Kloster und hauste grausam in der eroberten Stadt, in der eine
Besatzung zurückgelassen wurde. Davon singt das mehrfach erwähnte größere
Lied wie folgt:


[Beginn Spaltensatz]
„Drauf zeigte sich der König auf der
Holsten Erde
Mit großer Mannheit zu Fuß und zu
Pferde.
Ausstreckt er seine Flügel zu beiden Enden,
Gewappnet von Haupt zu Fuß und an
den Lenden."
„Die erste Nacht blieben sie zu Alvers¬
dorp stehen.
Da wollte ihnen niemand entgegengehen,
Der eine lief nach Süden, der andre nach
Norden,
Denn die Garde wollte sie alle morden."
„Des Donnerstags zogen sie nach Mel¬
dorp unverdrossen,
Da haben sie sich mit den Ditmarschen
geschossen;
Die Garde die war gar unverzagt,
Also daß die armen Leute von dem Ihren
wurden gejagt."
[Spaltenumbruch]
„So sind sie gezogen in Ditmarschen un¬
verzagt,
Des Dienstags nach scholastica der reinen
Magd,
Mit also großem Schmucke ohncmaßen;
Sie hatten das so ausgemacht, sie wollten
niemand leben lassen."
„Des Mittwochs sind sie gen Windbergen
gezogen,
Alle, die da waren, sind rasch geflohen,
Ein jeglicher, wohin er sich mochte
salvieren;
Denn wie sollten die armen Bauern
Krieg führen?"
„Die Kranken, die da nicht laufen konnten,
Blinde, Bettlägrige, sie saßen oder stunden,
Da wurde nichts geschont, die Mutter
mit dem Kinde
Wurde gemordet gleich einem fetten Rinde."
[Ende Spaltensatz]
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[0212] „Der Gardeherr sprach mit Muthe stark: ,Ach König, mein lieber Herre, Ist es nicht gebunden an den Himmel hoch, Ditmarschen soll unser bald werden!" „Er ließen die Trommeln schlagen alsbald, Die Fähnlein, die ließ er fliegen, Damit zogen sie einen langen Weg, Bis sie das Land zu Gesichte kriegen i ,Ach Ländchen tief! Nun bin ich nicht weit, Dn sollst nun mein bald werden/ Im Februar 1L00 erschien der König in Holstein und entschloß sich trotz der nassen Jahreszeit zum sofortigen Aufbruch. Am 11., Dienstags nach scholastica, ward Alversdorp genommen, das an der Ostmark des Landes auf der Geest liegt, und von da ging's südwestwärts auf trockenen Geestwegen gegen Windbergen. Was fliehen konnte, floh in die westlichen Marschen wohin die Königlichen nicht zu folgen vermochten; die streitbare Mannschaft aber sammelte sich im Norden des Landes um ihre Banner. Sie aufzusuchen, wandte sich der König von Windbergen nordwärts gegen Meldorp, das nach kurzem Gefecht am 13. genommen wurde. Die Garde plünderte die Kirchen und das Kloster und hauste grausam in der eroberten Stadt, in der eine Besatzung zurückgelassen wurde. Davon singt das mehrfach erwähnte größere Lied wie folgt: „Drauf zeigte sich der König auf der Holsten Erde Mit großer Mannheit zu Fuß und zu Pferde. Ausstreckt er seine Flügel zu beiden Enden, Gewappnet von Haupt zu Fuß und an den Lenden." „Die erste Nacht blieben sie zu Alvers¬ dorp stehen. Da wollte ihnen niemand entgegengehen, Der eine lief nach Süden, der andre nach Norden, Denn die Garde wollte sie alle morden." „Des Donnerstags zogen sie nach Mel¬ dorp unverdrossen, Da haben sie sich mit den Ditmarschen geschossen; Die Garde die war gar unverzagt, Also daß die armen Leute von dem Ihren wurden gejagt." „So sind sie gezogen in Ditmarschen un¬ verzagt, Des Dienstags nach scholastica der reinen Magd, Mit also großem Schmucke ohncmaßen; Sie hatten das so ausgemacht, sie wollten niemand leben lassen." „Des Mittwochs sind sie gen Windbergen gezogen, Alle, die da waren, sind rasch geflohen, Ein jeglicher, wohin er sich mochte salvieren; Denn wie sollten die armen Bauern Krieg führen?" „Die Kranken, die da nicht laufen konnten, Blinde, Bettlägrige, sie saßen oder stunden, Da wurde nichts geschont, die Mutter mit dem Kinde Wurde gemordet gleich einem fetten Rinde."

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/212>, abgerufen am 27.07.2024.