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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

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Werk handelt. Kein Staatsmann, der in der großen Politik sich bewegt,
kein Militär, dem die wichtigen Verhältnisse Jnnerasiens nahe gehen, kein
Geograph und Ethnograph, der das mühevolle Nachsuchen in Hunderten von
Spezialarbeiten (meistens in russischer Sprache erschienen) sich ersparen will,
kann heute das Wenjukow'sche Buch entbehren. Es ist ein kolossaler Schah
darin aufgespeichert und der Verlagshandlung wie dem Uebersetzer, Haupt¬
mann Krahner, geburt aufrichtiger Dank, daß sie dasselbe in deutscher
Sprache einem großen Publikum zugängig gemacht haben. Mit diesem Ur¬
theile dürfte feder Sachkenner übereinstimmen, zumal die Uebersetzung den
Eindruck einer höchst gewissenhaften Arbeit macht. Ueberschaut man in den
Literaturnachweisen, die jedem Kapitel angehängt sind, die zahlreichen russischen
Schriften, die Äer Central- und Nordasien erschienen und die einen kolossalen
Schatz aufgespeichert enthalten, dann überkommt uns bei unserer Unkenntmß
der russischen Sprache ein gewisses Gefühl der Beschämung. Wir sehen den
Zeitraum immer näher heranrücken, in dem von uns verlangt wird, daß wir
das Russische so gut wie das Englische und Französische verstehen müssen, die
Sprache eines Volkes, das 80 Millionen Seelen zählt, eine Sprache, die von
der Ostgrenze unseres Reiches bis wieder zu jener der Vereinigten Staaten
an der Beringsstraße herrscht.

Wir geben, nachdem wir auf den allgemeinen Inhalt dieses unentbehr¬
lichen Nachschlagewerks hingewiesen, einen Ueberblick seines Inhalts. Wenjukotv
geht von Osten nach Westen an der 10,000 Werst langen Grenze entlang
und beginnt mit der Insel Ssachalin im nördlichen Stillen Ozean, die erst
neuerdings ganz in russischen Besitz übergegangen ist und durch ihren Kohlen¬
reichthum sich auszeichnet. Wie bei jedem folgenden Kapitel erhalten wir
eine historische Einleitung, es folgt die mathematische Geographie und
Hydrographie, die Topographie, eine Schilderung der Naturprodukte, die
Ethnographie. Hierbei sei erwähnt, daß eine sehr große ethnographische
Karte als eine besondere Bereicherung dem Werke beigegeben ist, auf der die
zahlreichen Völkerschaften des asiatischen Rußlands -- die Karte führt 21
Unterscheidungen auf -- verzeichnet sind. Das 1871 von den Russen er'
wordene Gebiet von Kuldja ist jedoch hierbei noch unberücksichtigt geblieben-
Ein militärischer Ueberblick schließt das Kapitel ab.

Die folgenden Abschnitte behandeln: die Küstenprovinz der Mandschurei
(das sog. Primorskische Gebiet); das wichtige Amurland mit seinem Riesen¬
strom; die Mandschurei; Transbaikalien; das Grenzgebiet des Ssajan- und
Altaigebirges; der Dsungarische (Tschjungarische) Abschnitt, die geographisch
am ungenügendsten bekannte Gegend; der Tianschan oder das Himmels¬
gebirge, welcher das russische Reich von dem neuen Reiche des unternehmende"
Emir von Kaschgar trennt;-das Grenzgebiet an den drei Charaden Koka",


Werk handelt. Kein Staatsmann, der in der großen Politik sich bewegt,
kein Militär, dem die wichtigen Verhältnisse Jnnerasiens nahe gehen, kein
Geograph und Ethnograph, der das mühevolle Nachsuchen in Hunderten von
Spezialarbeiten (meistens in russischer Sprache erschienen) sich ersparen will,
kann heute das Wenjukow'sche Buch entbehren. Es ist ein kolossaler Schah
darin aufgespeichert und der Verlagshandlung wie dem Uebersetzer, Haupt¬
mann Krahner, geburt aufrichtiger Dank, daß sie dasselbe in deutscher
Sprache einem großen Publikum zugängig gemacht haben. Mit diesem Ur¬
theile dürfte feder Sachkenner übereinstimmen, zumal die Uebersetzung den
Eindruck einer höchst gewissenhaften Arbeit macht. Ueberschaut man in den
Literaturnachweisen, die jedem Kapitel angehängt sind, die zahlreichen russischen
Schriften, die Äer Central- und Nordasien erschienen und die einen kolossalen
Schatz aufgespeichert enthalten, dann überkommt uns bei unserer Unkenntmß
der russischen Sprache ein gewisses Gefühl der Beschämung. Wir sehen den
Zeitraum immer näher heranrücken, in dem von uns verlangt wird, daß wir
das Russische so gut wie das Englische und Französische verstehen müssen, die
Sprache eines Volkes, das 80 Millionen Seelen zählt, eine Sprache, die von
der Ostgrenze unseres Reiches bis wieder zu jener der Vereinigten Staaten
an der Beringsstraße herrscht.

Wir geben, nachdem wir auf den allgemeinen Inhalt dieses unentbehr¬
lichen Nachschlagewerks hingewiesen, einen Ueberblick seines Inhalts. Wenjukotv
geht von Osten nach Westen an der 10,000 Werst langen Grenze entlang
und beginnt mit der Insel Ssachalin im nördlichen Stillen Ozean, die erst
neuerdings ganz in russischen Besitz übergegangen ist und durch ihren Kohlen¬
reichthum sich auszeichnet. Wie bei jedem folgenden Kapitel erhalten wir
eine historische Einleitung, es folgt die mathematische Geographie und
Hydrographie, die Topographie, eine Schilderung der Naturprodukte, die
Ethnographie. Hierbei sei erwähnt, daß eine sehr große ethnographische
Karte als eine besondere Bereicherung dem Werke beigegeben ist, auf der die
zahlreichen Völkerschaften des asiatischen Rußlands — die Karte führt 21
Unterscheidungen auf — verzeichnet sind. Das 1871 von den Russen er'
wordene Gebiet von Kuldja ist jedoch hierbei noch unberücksichtigt geblieben-
Ein militärischer Ueberblick schließt das Kapitel ab.

Die folgenden Abschnitte behandeln: die Küstenprovinz der Mandschurei
(das sog. Primorskische Gebiet); das wichtige Amurland mit seinem Riesen¬
strom; die Mandschurei; Transbaikalien; das Grenzgebiet des Ssajan- und
Altaigebirges; der Dsungarische (Tschjungarische) Abschnitt, die geographisch
am ungenügendsten bekannte Gegend; der Tianschan oder das Himmels¬
gebirge, welcher das russische Reich von dem neuen Reiche des unternehmende"
Emir von Kaschgar trennt;-das Grenzgebiet an den drei Charaden Koka",


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[0190] Werk handelt. Kein Staatsmann, der in der großen Politik sich bewegt, kein Militär, dem die wichtigen Verhältnisse Jnnerasiens nahe gehen, kein Geograph und Ethnograph, der das mühevolle Nachsuchen in Hunderten von Spezialarbeiten (meistens in russischer Sprache erschienen) sich ersparen will, kann heute das Wenjukow'sche Buch entbehren. Es ist ein kolossaler Schah darin aufgespeichert und der Verlagshandlung wie dem Uebersetzer, Haupt¬ mann Krahner, geburt aufrichtiger Dank, daß sie dasselbe in deutscher Sprache einem großen Publikum zugängig gemacht haben. Mit diesem Ur¬ theile dürfte feder Sachkenner übereinstimmen, zumal die Uebersetzung den Eindruck einer höchst gewissenhaften Arbeit macht. Ueberschaut man in den Literaturnachweisen, die jedem Kapitel angehängt sind, die zahlreichen russischen Schriften, die Äer Central- und Nordasien erschienen und die einen kolossalen Schatz aufgespeichert enthalten, dann überkommt uns bei unserer Unkenntmß der russischen Sprache ein gewisses Gefühl der Beschämung. Wir sehen den Zeitraum immer näher heranrücken, in dem von uns verlangt wird, daß wir das Russische so gut wie das Englische und Französische verstehen müssen, die Sprache eines Volkes, das 80 Millionen Seelen zählt, eine Sprache, die von der Ostgrenze unseres Reiches bis wieder zu jener der Vereinigten Staaten an der Beringsstraße herrscht. Wir geben, nachdem wir auf den allgemeinen Inhalt dieses unentbehr¬ lichen Nachschlagewerks hingewiesen, einen Ueberblick seines Inhalts. Wenjukotv geht von Osten nach Westen an der 10,000 Werst langen Grenze entlang und beginnt mit der Insel Ssachalin im nördlichen Stillen Ozean, die erst neuerdings ganz in russischen Besitz übergegangen ist und durch ihren Kohlen¬ reichthum sich auszeichnet. Wie bei jedem folgenden Kapitel erhalten wir eine historische Einleitung, es folgt die mathematische Geographie und Hydrographie, die Topographie, eine Schilderung der Naturprodukte, die Ethnographie. Hierbei sei erwähnt, daß eine sehr große ethnographische Karte als eine besondere Bereicherung dem Werke beigegeben ist, auf der die zahlreichen Völkerschaften des asiatischen Rußlands — die Karte führt 21 Unterscheidungen auf — verzeichnet sind. Das 1871 von den Russen er' wordene Gebiet von Kuldja ist jedoch hierbei noch unberücksichtigt geblieben- Ein militärischer Ueberblick schließt das Kapitel ab. Die folgenden Abschnitte behandeln: die Küstenprovinz der Mandschurei (das sog. Primorskische Gebiet); das wichtige Amurland mit seinem Riesen¬ strom; die Mandschurei; Transbaikalien; das Grenzgebiet des Ssajan- und Altaigebirges; der Dsungarische (Tschjungarische) Abschnitt, die geographisch am ungenügendsten bekannte Gegend; der Tianschan oder das Himmels¬ gebirge, welcher das russische Reich von dem neuen Reiche des unternehmende" Emir von Kaschgar trennt;-das Grenzgebiet an den drei Charaden Koka",

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/190>, abgerufen am 27.07.2024.