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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

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den schönsten Abschluß seines Lebens. Aber Prue hatte sich vorgenommen/
den neuen Geistlichen zu hassen und sie blieb auch lange standhaft. Wenn
dieser nur sich ein klein bischen mehr von ihr erfreut gezeigt, für sie interes-
sirt hätte, so wäre sie ihrem Vorsatz gewiß treu geblieben. Aber er schlägt
die Einladung ihres Vormundes, in Willowbrook zu wohnen, entschieden a"s>
Er verkehrt täglich im Hause, aber er ist ihr gegenüber so steif und kalt w>e
am ersten Tage. Dazu kommen die infamsten Gerüchte. "Zuerst ging d"6
Gerücht, Herr Dillingham interessire sich sehr stark für Fräulein PalfttV-
und das war hinreichend verdrießlich; aber später änderte das Gerücht sein?
Taktik und berichtete, daß Fräulein Palfrey sich stark für Herrn Dillingha"'
interessire. Der Klatsch ist wie die Vorsehung unergründlich in seinen Wegen-
er hat seine Gesetze, wie wir annehmen dürfen, klar ausgeprägt, wenn
ihnen nur beikommen könnte; aber sie lassen sich durch inductives Denke"
nicht erreichen, und so muß es ein Räthsel bleiben, wie es kam, daß man ">
Rivermouth glaubte, Prudence wäre in Folge ihrer unerwiderten Liebe ^
Herrn Dillingham unglücklich. Wollte ich sagen, daß sie von dieser arge^
lichen Geschichte nicht sobald, als sie geboren war, gehört hätte,
hieße das sagen, Prudence hätte keine vertraute Freundin gehabt, und ^
gab es doch Fräulein Veronica Blydenburgh." Unter solchen Umstände"
war es gewiß nicht ungerechtfertigt, daß Prudence "das Gefühl hatte, d"?
es doch eine höchst wohlthuende Rechtfertigung und ein rechter Triumph
wenn Herr Dillingham sich mit Maßen in sie verliebte und ihr Gelegen!/'
verschaffte, den Beweis zu liefern, daß sie nach dieser Seite hin sich nichts c>n^
ihm mache". Das kam eher als sie dachte, und vielleicht ihr selbst nicht
gleichgültig, wie sie meinte. Ralph Dent, Dillingham und Prudence pfleg^
miteinander spazieren zu reiten. Eines Tages vertrat sich Herr Dent plötzl'^
den Knöchel und nun mußte das junge Paar vor Sonnenuntergang
ausreiten. Sie ritten weit und einsam bis zu einer verlassenen alten RedoU^
manchen Abend hintereinander. Die Landschaft flammte, von dort geseh^''
im Golde der sinkenden Sonne. "Nach und nach zerschmolz der Schars
streifen in Zinnober, dann in mattes Gold, dann in Silber und dann
dem Uebrigen in farbloses Grau, wie die Asche von Rosen und das ert
Zwielicht breitete sich über Land und See aus. "Es ist wie ein Trau>^
nicht wahr?" murmelte Prudence für sich; denn in diesem Augenblicke ha
sie die Gegenwart ihres Begleiters vergessen. Herr Dillingham beugte p
vor, ohne ein Wort zu sprechen, und legte seine Hand leicht auf die H"'
Prudenee's, welche ohne Handschuh auf der schwarzen Mähne ihres Pf^
ruhte. Das Mädchen erhob ihre Augen mit einer schnellen Bewegung
dem Gefechte des jungen Geistlichen, und zog dann langsam ihre Hand zw'"
/prue!" sagte Herr Dillingham leise."


den schönsten Abschluß seines Lebens. Aber Prue hatte sich vorgenommen/
den neuen Geistlichen zu hassen und sie blieb auch lange standhaft. Wenn
dieser nur sich ein klein bischen mehr von ihr erfreut gezeigt, für sie interes-
sirt hätte, so wäre sie ihrem Vorsatz gewiß treu geblieben. Aber er schlägt
die Einladung ihres Vormundes, in Willowbrook zu wohnen, entschieden a»s>
Er verkehrt täglich im Hause, aber er ist ihr gegenüber so steif und kalt w>e
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Gerücht, Herr Dillingham interessire sich sehr stark für Fräulein PalfttV-
und das war hinreichend verdrießlich; aber später änderte das Gerücht sein?
Taktik und berichtete, daß Fräulein Palfrey sich stark für Herrn Dillingha»'
interessire. Der Klatsch ist wie die Vorsehung unergründlich in seinen Wegen-
er hat seine Gesetze, wie wir annehmen dürfen, klar ausgeprägt, wenn
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nicht erreichen, und so muß es ein Räthsel bleiben, wie es kam, daß man »>
Rivermouth glaubte, Prudence wäre in Folge ihrer unerwiderten Liebe ^
Herrn Dillingham unglücklich. Wollte ich sagen, daß sie von dieser arge^
lichen Geschichte nicht sobald, als sie geboren war, gehört hätte,
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gab es doch Fräulein Veronica Blydenburgh." Unter solchen Umstände"
war es gewiß nicht ungerechtfertigt, daß Prudence „das Gefühl hatte, d"?
es doch eine höchst wohlthuende Rechtfertigung und ein rechter Triumph
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manchen Abend hintereinander. Die Landschaft flammte, von dort geseh^''
im Golde der sinkenden Sonne. „Nach und nach zerschmolz der Schars
streifen in Zinnober, dann in mattes Gold, dann in Silber und dann
dem Uebrigen in farbloses Grau, wie die Asche von Rosen und das ert
Zwielicht breitete sich über Land und See aus. „Es ist wie ein Trau>^
nicht wahr?" murmelte Prudence für sich; denn in diesem Augenblicke ha
sie die Gegenwart ihres Begleiters vergessen. Herr Dillingham beugte p
vor, ohne ein Wort zu sprechen, und legte seine Hand leicht auf die H"'
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ruhte. Das Mädchen erhob ihre Augen mit einer schnellen Bewegung
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/108>, abgerufen am 27.07.2024.