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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.

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auf dem rechten (westlichen) Ufer der Vernacula zu fassen; die Franzosen ver¬
theidigten das Flüßchen mit Geschick und Muth. Die tiefe Einsenkung des¬
selben unterstützte sie dabei. Zwölf Tage ward fast ununterbrochen das
Kanonenfeuer fortgesetzt. Wiederholt rückten beide Heere aus und schienen an
den Kämpfen ihrer Avantgarden theilnehmen zu wollen; doch kam es nie zur
eigentlichen Schlacht, weil die Kaiserlichen immer noch zur rechten Zeit das
Gefecht, obgleich sie in demselben meist die Oberhand behielten, abzubrechen
wußten. Uebrigens waren jene Camisaden blutig genug; bei einer derselben
wurde Giovanni Medici gefährlich verwundet und seine Schaar zerstreute sich
nach der Abreise dieses geschickten Reiterführers.*) Bei einem andern Ueber¬
fall vertrieb Pescara mit den spanischen Büchsenschützen die schwarze Bande
aus ihrem bisherigen Lager; bei einem dritten drang Jacob von Wernau mit
sieben Fähnlein deutscher Knechte in das Quartier der Schweizer, die dadurch
doch so wenig gewitzigt wurden, daß sie in der Nacht vom 18. zum 19. Fe¬
bruar aufs Neue von Pescara und del Guasto überfallen und von den spa¬
nischen Büchsenschützen derart mitgenommen wurden, daß über 1000 Mann
auf dem Platze blieben. -- Während dieser Gefechte fuhren beide Heere fort,
ihre Verschanzungen zu erweitern und zu verstärken. Das Quartier des Königs
war in der Front und der rechten Flanke mit großen, grabenumgebenden
Wällen geschützt, welche von Basteien vertheidigt wurden; die linke Flanke
lehnte sich an die Mauer des Parks. Das kaiserliche Lager war ganz ähnlich
fortifizirt, und beide näherten sich allmählich derart, daß sie nur noch 40
Schritt von einander entfernt blieben und das Arkebusenfeuer der spanischen
Soldaten, welche in einem vorgeschobenen Schützengraben lagen, den Fran¬
zosen höchst unbequem wurde.**) Wichtiger aber war es, daß Pescara die
täglichen Kämpfe dazu benutzte, um im Vereine mit Frundsberg die Stand¬
punkte der verschiedenen Truppentheile sowohl, als deren kriegerische Tüchtig¬
keit zu prüfen und zugleich die Gegend auf das genaueste auszuforschen.***)
So erlangte er nach und nach die zuverlässigste Kenntniß von Allem, was
ihm wissenswerth zum Angriff der feindlichen Stellung erscheinen konnte, und
setzte sich in ganz genauen Rapport mit der Garnison von Pavial'), die es
ihm gelang, auch wieder mit etwas Munition zu versehen, indem sich aus
Frundsberg's Anschlag 50 Reiter, jeder mit einem Sack voll Kraut und Loth






*) Paulus Jovius, Reißner und Mmoires Su Nessire Nartiii nu IZsIIa?, Leigusur as
I.!M8v?, ?aris 1785.
Vergl. ?s,v6: Nistoiro vt lÄetique Ach trois armes, ?ar!s 1845.
"--) Jovius, Guiccardini, Reißner, Sandoval und Laxellin of dello NocliolauM"! ab
anno 1521. ^rssutorÄti 1553.
f) Reißner.

auf dem rechten (westlichen) Ufer der Vernacula zu fassen; die Franzosen ver¬
theidigten das Flüßchen mit Geschick und Muth. Die tiefe Einsenkung des¬
selben unterstützte sie dabei. Zwölf Tage ward fast ununterbrochen das
Kanonenfeuer fortgesetzt. Wiederholt rückten beide Heere aus und schienen an
den Kämpfen ihrer Avantgarden theilnehmen zu wollen; doch kam es nie zur
eigentlichen Schlacht, weil die Kaiserlichen immer noch zur rechten Zeit das
Gefecht, obgleich sie in demselben meist die Oberhand behielten, abzubrechen
wußten. Uebrigens waren jene Camisaden blutig genug; bei einer derselben
wurde Giovanni Medici gefährlich verwundet und seine Schaar zerstreute sich
nach der Abreise dieses geschickten Reiterführers.*) Bei einem andern Ueber¬
fall vertrieb Pescara mit den spanischen Büchsenschützen die schwarze Bande
aus ihrem bisherigen Lager; bei einem dritten drang Jacob von Wernau mit
sieben Fähnlein deutscher Knechte in das Quartier der Schweizer, die dadurch
doch so wenig gewitzigt wurden, daß sie in der Nacht vom 18. zum 19. Fe¬
bruar aufs Neue von Pescara und del Guasto überfallen und von den spa¬
nischen Büchsenschützen derart mitgenommen wurden, daß über 1000 Mann
auf dem Platze blieben. — Während dieser Gefechte fuhren beide Heere fort,
ihre Verschanzungen zu erweitern und zu verstärken. Das Quartier des Königs
war in der Front und der rechten Flanke mit großen, grabenumgebenden
Wällen geschützt, welche von Basteien vertheidigt wurden; die linke Flanke
lehnte sich an die Mauer des Parks. Das kaiserliche Lager war ganz ähnlich
fortifizirt, und beide näherten sich allmählich derart, daß sie nur noch 40
Schritt von einander entfernt blieben und das Arkebusenfeuer der spanischen
Soldaten, welche in einem vorgeschobenen Schützengraben lagen, den Fran¬
zosen höchst unbequem wurde.**) Wichtiger aber war es, daß Pescara die
täglichen Kämpfe dazu benutzte, um im Vereine mit Frundsberg die Stand¬
punkte der verschiedenen Truppentheile sowohl, als deren kriegerische Tüchtig¬
keit zu prüfen und zugleich die Gegend auf das genaueste auszuforschen.***)
So erlangte er nach und nach die zuverlässigste Kenntniß von Allem, was
ihm wissenswerth zum Angriff der feindlichen Stellung erscheinen konnte, und
setzte sich in ganz genauen Rapport mit der Garnison von Pavial'), die es
ihm gelang, auch wieder mit etwas Munition zu versehen, indem sich aus
Frundsberg's Anschlag 50 Reiter, jeder mit einem Sack voll Kraut und Loth






*) Paulus Jovius, Reißner und Mmoires Su Nessire Nartiii nu IZsIIa?, Leigusur as
I.!M8v?, ?aris 1785.
Vergl. ?s,v6: Nistoiro vt lÄetique Ach trois armes, ?ar!s 1845.
»—) Jovius, Guiccardini, Reißner, Sandoval und Laxellin of dello NocliolauM«! ab
anno 1521. ^rssutorÄti 1553.
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[0072] auf dem rechten (westlichen) Ufer der Vernacula zu fassen; die Franzosen ver¬ theidigten das Flüßchen mit Geschick und Muth. Die tiefe Einsenkung des¬ selben unterstützte sie dabei. Zwölf Tage ward fast ununterbrochen das Kanonenfeuer fortgesetzt. Wiederholt rückten beide Heere aus und schienen an den Kämpfen ihrer Avantgarden theilnehmen zu wollen; doch kam es nie zur eigentlichen Schlacht, weil die Kaiserlichen immer noch zur rechten Zeit das Gefecht, obgleich sie in demselben meist die Oberhand behielten, abzubrechen wußten. Uebrigens waren jene Camisaden blutig genug; bei einer derselben wurde Giovanni Medici gefährlich verwundet und seine Schaar zerstreute sich nach der Abreise dieses geschickten Reiterführers.*) Bei einem andern Ueber¬ fall vertrieb Pescara mit den spanischen Büchsenschützen die schwarze Bande aus ihrem bisherigen Lager; bei einem dritten drang Jacob von Wernau mit sieben Fähnlein deutscher Knechte in das Quartier der Schweizer, die dadurch doch so wenig gewitzigt wurden, daß sie in der Nacht vom 18. zum 19. Fe¬ bruar aufs Neue von Pescara und del Guasto überfallen und von den spa¬ nischen Büchsenschützen derart mitgenommen wurden, daß über 1000 Mann auf dem Platze blieben. — Während dieser Gefechte fuhren beide Heere fort, ihre Verschanzungen zu erweitern und zu verstärken. Das Quartier des Königs war in der Front und der rechten Flanke mit großen, grabenumgebenden Wällen geschützt, welche von Basteien vertheidigt wurden; die linke Flanke lehnte sich an die Mauer des Parks. Das kaiserliche Lager war ganz ähnlich fortifizirt, und beide näherten sich allmählich derart, daß sie nur noch 40 Schritt von einander entfernt blieben und das Arkebusenfeuer der spanischen Soldaten, welche in einem vorgeschobenen Schützengraben lagen, den Fran¬ zosen höchst unbequem wurde.**) Wichtiger aber war es, daß Pescara die täglichen Kämpfe dazu benutzte, um im Vereine mit Frundsberg die Stand¬ punkte der verschiedenen Truppentheile sowohl, als deren kriegerische Tüchtig¬ keit zu prüfen und zugleich die Gegend auf das genaueste auszuforschen.***) So erlangte er nach und nach die zuverlässigste Kenntniß von Allem, was ihm wissenswerth zum Angriff der feindlichen Stellung erscheinen konnte, und setzte sich in ganz genauen Rapport mit der Garnison von Pavial'), die es ihm gelang, auch wieder mit etwas Munition zu versehen, indem sich aus Frundsberg's Anschlag 50 Reiter, jeder mit einem Sack voll Kraut und Loth *) Paulus Jovius, Reißner und Mmoires Su Nessire Nartiii nu IZsIIa?, Leigusur as I.!M8v?, ?aris 1785. Vergl. ?s,v6: Nistoiro vt lÄetique Ach trois armes, ?ar!s 1845. »—) Jovius, Guiccardini, Reißner, Sandoval und Laxellin of dello NocliolauM«! ab anno 1521. ^rssutorÄti 1553. f) Reißner.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/72>, abgerufen am 22.07.2024.