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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.

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Daß bei diesem tagelangem Waten in Wassern, die selten über dem Gefrier¬
punkt standen, über Eisflächen, die unter der Last knirschten , welche sie tra¬
gen mußten. Niemand verunglückt ist, darf als ein wunderbarer Glücksfall
angesehen werden. Als die interessantesten Ergebnisse der Schlittenreise nach
dem Ardencaple-Inlet betrachten wir die Besteigung des 1000 Meter hohen
Kap Bremen an der Ostseite der Kuhn-Jnsel durch Oberl. Payer in Beglei¬
tung von Herzberg und Wagner, die Erforschung der Kuhn-Jnsel und die
Besteigung der 1130 Meter hohen "schwarzen Wand" auf dieser Insel durch
dieselben Männer, endlich die sehr schönen kartographischen Arbeiten Payer's.
Denselben Werth beanspruchen die Resultate der letzten Schlittenreise vom
14. Mai bis 17. Juni; die Untersuchung der Insel Shannon mit der Teil¬
hatte, die Besteigung des Ruthner am Ostrande der Kuhn-Jnsel, die Auf¬
findung von Braunkohle auf Hochstetter's Vorland, die Besteigung des
Muschelberges daselbst, die dreimalige Besteigung von Kap Bremen am Nord¬
ostrand der Kuhn-Jnsel und die von Dr. Börger und Dr. Copeland auf
diesen Streifzügen gemachten Entdeckungen und Arbeiten. Den kühnen Land¬
fahrern folgte bei ihrer Heimkehr das offene Wasser so zu sagen auf dem
Fuße nach, wie im Herbste das Eis dem Schiffe. Nur wenige Tage Verzö¬
gerung der Rückkehr, so wären sie abgeschnitten gewesen und hätten auf ihre
Befreiung warten müssen, bis Boote oder die Germania selbst sie hätten auf¬
suchen und erlösen können. So war denn allmählig der Zeitpunkt gekommen,
wo auch die Germania hoffen durfte die Eisdecke abzustreifen und wieder in
freies Wasser hinauszudampfen.

Ehe wir jedoch vom winterlichen Grönland Abschied nehmen, sei es ge¬
stattet, eines der lehrreichsten und fesselndsten Kapitel dieses Werkes ein¬
gehender zu berühren, dasjenige nämlich, welches die Jagden und das Thier¬
leben in Ostgrönland behandelt. Zugleich flechten wir hier einige der inter¬
essantesten Abenteuer einzelner Germaniamänner ein. welche in dem Buche,
gleichsam dem Schiffsjournal folgend, überall zerstreut sind, und die hier, bei
der Charakterisirung der merkwürdigsten Thiere Grönlands, am besten ihren
Platz finden. -- Dieses Kapitel des Werkes ist von Payer und Dr. Copeland
gemeinschaftlich bearbeitet, doch herrscht des Letzteren englischer Humor ent¬
schieden vor. Wir theilen nachstehend auszugsweise natürlich nur solche
Charakterzüge der betreffenden Thiere mit, die wir vorzugsweise den Beobach¬
tungen unserer Germaniafahrer verdanken. Da heißt es denn zunächst über
den Eisbären. "Der Polarbär (Grönländisch neruot), der in seinem
gelblichweißen zottigen Fell und mit seiner schwarzen Nase schon weithin von
den Schneefeldern absticht, 10-12 Centner schwer wird, und an Größe die
Exemplare in zoologischen Gärten oder Menagerien (welche jung nach Europa
gebracht, unter den ihrer Entwickelung so ungünstigen Verhältnissen daselbst


Daß bei diesem tagelangem Waten in Wassern, die selten über dem Gefrier¬
punkt standen, über Eisflächen, die unter der Last knirschten , welche sie tra¬
gen mußten. Niemand verunglückt ist, darf als ein wunderbarer Glücksfall
angesehen werden. Als die interessantesten Ergebnisse der Schlittenreise nach
dem Ardencaple-Inlet betrachten wir die Besteigung des 1000 Meter hohen
Kap Bremen an der Ostseite der Kuhn-Jnsel durch Oberl. Payer in Beglei¬
tung von Herzberg und Wagner, die Erforschung der Kuhn-Jnsel und die
Besteigung der 1130 Meter hohen „schwarzen Wand" auf dieser Insel durch
dieselben Männer, endlich die sehr schönen kartographischen Arbeiten Payer's.
Denselben Werth beanspruchen die Resultate der letzten Schlittenreise vom
14. Mai bis 17. Juni; die Untersuchung der Insel Shannon mit der Teil¬
hatte, die Besteigung des Ruthner am Ostrande der Kuhn-Jnsel, die Auf¬
findung von Braunkohle auf Hochstetter's Vorland, die Besteigung des
Muschelberges daselbst, die dreimalige Besteigung von Kap Bremen am Nord¬
ostrand der Kuhn-Jnsel und die von Dr. Börger und Dr. Copeland auf
diesen Streifzügen gemachten Entdeckungen und Arbeiten. Den kühnen Land¬
fahrern folgte bei ihrer Heimkehr das offene Wasser so zu sagen auf dem
Fuße nach, wie im Herbste das Eis dem Schiffe. Nur wenige Tage Verzö¬
gerung der Rückkehr, so wären sie abgeschnitten gewesen und hätten auf ihre
Befreiung warten müssen, bis Boote oder die Germania selbst sie hätten auf¬
suchen und erlösen können. So war denn allmählig der Zeitpunkt gekommen,
wo auch die Germania hoffen durfte die Eisdecke abzustreifen und wieder in
freies Wasser hinauszudampfen.

Ehe wir jedoch vom winterlichen Grönland Abschied nehmen, sei es ge¬
stattet, eines der lehrreichsten und fesselndsten Kapitel dieses Werkes ein¬
gehender zu berühren, dasjenige nämlich, welches die Jagden und das Thier¬
leben in Ostgrönland behandelt. Zugleich flechten wir hier einige der inter¬
essantesten Abenteuer einzelner Germaniamänner ein. welche in dem Buche,
gleichsam dem Schiffsjournal folgend, überall zerstreut sind, und die hier, bei
der Charakterisirung der merkwürdigsten Thiere Grönlands, am besten ihren
Platz finden. — Dieses Kapitel des Werkes ist von Payer und Dr. Copeland
gemeinschaftlich bearbeitet, doch herrscht des Letzteren englischer Humor ent¬
schieden vor. Wir theilen nachstehend auszugsweise natürlich nur solche
Charakterzüge der betreffenden Thiere mit, die wir vorzugsweise den Beobach¬
tungen unserer Germaniafahrer verdanken. Da heißt es denn zunächst über
den Eisbären. „Der Polarbär (Grönländisch neruot), der in seinem
gelblichweißen zottigen Fell und mit seiner schwarzen Nase schon weithin von
den Schneefeldern absticht, 10-12 Centner schwer wird, und an Größe die
Exemplare in zoologischen Gärten oder Menagerien (welche jung nach Europa
gebracht, unter den ihrer Entwickelung so ungünstigen Verhältnissen daselbst


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/347>, abgerufen am 28.09.2024.