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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.

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D. Copeland und der Heizer, auf der Sabine-Insel (unter der die Germania
damals eben in ihren Winterhafen eingelaufen war) nach Moschusochsen un¬
ternahmen. Sie waren auf der Fährte eines angeschossenen Rennthiers, als
sie plötzlich auf höchst angenehme Weise durch den Anblick zweier Moschus¬
ochsen und einer -Kuh überrascht wurden, die friedlich in einiger Entfernung
grasten. Auch der erste Offizier Sengstake war an diesem ersten Tage in der
Jagdgesellschaft. Sengstake und Wagner machten einen weiteren Bogen nach
dem Binnenland der Insel, um die Flucht der Thiere ins Innere zu hindern.
Copeland verbarg sich in der parallel mit dem Strande laufenden Hügelreihe.
Sengstake konnte erst in ziemlicher Nähe zum Schuß kommen. Mit einem
Male aber fingen die Ochsen an zu schnauben, was bei ihnen immer ein
Zeichen von Schrecken oder Zorn ist und alle drei ergriffen die Flucht gerades¬
wegs nach dem Hasenberge zu, wo sie rasch in den Schluchten an seinem
Fuße verschwanden. Nun trennten sich die Jäger noch weiter von einander,
um in einer der tiefen Schluchten die Ochsen aufzusuchen, als sie sie plötzlich
wieder erblickten, wie sie eben einen steilen Abhang von losen Steinen hinan¬
eilten. "Es war wirklich ein schöner Anblick, sie da hinausspringen zu sehen
mit wahrhaft überraschender Behendigkeit, während ein Mensch- hier die größte
Mühe gehabt haben würde, überhaupt nur festen Fuß zu fassen. Sie
blieben immer dicht bei einander, wie das gewöhnlich Thiere, die in Heer-
den leben, thun. Hätten sie anders gehandelt, so würde der, der am
weitesten nach unten war" einem regelrechten Steinhagel ausgesetzt gewesen
sein, welcher durch die vordersten, in ihrem Eifer uns zu entkommen,
hinabgeschleudert wurde. Dies war das letzte, was wir an diesem Tage von
ihnen sahen." Am andern Tage mühten, da Sengstake Offiziersdienst hatte,
Copeland und Wagner allein die Jagd fortsetzen. Mit Hilfe eines Taschen¬
teleskops entdeckten sie ihre Freunde vom Tage vorher bald auf einem
Schneehaufen des Hasenberges auf der Landseite desselben in einer Höhe von
380 -- 400 Meter über sich, und waren nach etwa einer Stunde dort
oben. Aber eine Begleichung der Thiere war völlig unmöglich. So gingen
sie denn weniger vorsichtig auf die ruhig wiederkäuenden Thiere los, bis diese
mit einem plötzlichen Satze auf und davon fuhren. Copeland sandte außer
sich über das Mißgeschick, einige Schüsse aufs Gerathewohl hinter den Ochsen
her, die mit wunderbarer Behendigkeit den Abgang hinaufjagten, der so steil
anstieg, wie Basalttrümmer nur irgend sein können. In drei bis 4 Minuten
hatten sie die Höhe von 130 Metern erreicht; die Verfolger brauchten über
eine halbe Stunde, ihnen dahin nachzuklettern. Sie fanden eine kleine Blut--
Spur, und schlössen daraus, daß einer der Schüsse doch wohl getroffen haben
müsse. Das bestätigte sich, als die Jäger oben Rast und Umschau hielten.
Einer der Ochsen war weniger mobil als die andern, die den verwundeten


D. Copeland und der Heizer, auf der Sabine-Insel (unter der die Germania
damals eben in ihren Winterhafen eingelaufen war) nach Moschusochsen un¬
ternahmen. Sie waren auf der Fährte eines angeschossenen Rennthiers, als
sie plötzlich auf höchst angenehme Weise durch den Anblick zweier Moschus¬
ochsen und einer -Kuh überrascht wurden, die friedlich in einiger Entfernung
grasten. Auch der erste Offizier Sengstake war an diesem ersten Tage in der
Jagdgesellschaft. Sengstake und Wagner machten einen weiteren Bogen nach
dem Binnenland der Insel, um die Flucht der Thiere ins Innere zu hindern.
Copeland verbarg sich in der parallel mit dem Strande laufenden Hügelreihe.
Sengstake konnte erst in ziemlicher Nähe zum Schuß kommen. Mit einem
Male aber fingen die Ochsen an zu schnauben, was bei ihnen immer ein
Zeichen von Schrecken oder Zorn ist und alle drei ergriffen die Flucht gerades¬
wegs nach dem Hasenberge zu, wo sie rasch in den Schluchten an seinem
Fuße verschwanden. Nun trennten sich die Jäger noch weiter von einander,
um in einer der tiefen Schluchten die Ochsen aufzusuchen, als sie sie plötzlich
wieder erblickten, wie sie eben einen steilen Abhang von losen Steinen hinan¬
eilten. „Es war wirklich ein schöner Anblick, sie da hinausspringen zu sehen
mit wahrhaft überraschender Behendigkeit, während ein Mensch- hier die größte
Mühe gehabt haben würde, überhaupt nur festen Fuß zu fassen. Sie
blieben immer dicht bei einander, wie das gewöhnlich Thiere, die in Heer-
den leben, thun. Hätten sie anders gehandelt, so würde der, der am
weitesten nach unten war» einem regelrechten Steinhagel ausgesetzt gewesen
sein, welcher durch die vordersten, in ihrem Eifer uns zu entkommen,
hinabgeschleudert wurde. Dies war das letzte, was wir an diesem Tage von
ihnen sahen." Am andern Tage mühten, da Sengstake Offiziersdienst hatte,
Copeland und Wagner allein die Jagd fortsetzen. Mit Hilfe eines Taschen¬
teleskops entdeckten sie ihre Freunde vom Tage vorher bald auf einem
Schneehaufen des Hasenberges auf der Landseite desselben in einer Höhe von
380 — 400 Meter über sich, und waren nach etwa einer Stunde dort
oben. Aber eine Begleichung der Thiere war völlig unmöglich. So gingen
sie denn weniger vorsichtig auf die ruhig wiederkäuenden Thiere los, bis diese
mit einem plötzlichen Satze auf und davon fuhren. Copeland sandte außer
sich über das Mißgeschick, einige Schüsse aufs Gerathewohl hinter den Ochsen
her, die mit wunderbarer Behendigkeit den Abgang hinaufjagten, der so steil
anstieg, wie Basalttrümmer nur irgend sein können. In drei bis 4 Minuten
hatten sie die Höhe von 130 Metern erreicht; die Verfolger brauchten über
eine halbe Stunde, ihnen dahin nachzuklettern. Sie fanden eine kleine Blut--
Spur, und schlössen daraus, daß einer der Schüsse doch wohl getroffen haben
müsse. Das bestätigte sich, als die Jäger oben Rast und Umschau hielten.
Einer der Ochsen war weniger mobil als die andern, die den verwundeten


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[0269] D. Copeland und der Heizer, auf der Sabine-Insel (unter der die Germania damals eben in ihren Winterhafen eingelaufen war) nach Moschusochsen un¬ ternahmen. Sie waren auf der Fährte eines angeschossenen Rennthiers, als sie plötzlich auf höchst angenehme Weise durch den Anblick zweier Moschus¬ ochsen und einer -Kuh überrascht wurden, die friedlich in einiger Entfernung grasten. Auch der erste Offizier Sengstake war an diesem ersten Tage in der Jagdgesellschaft. Sengstake und Wagner machten einen weiteren Bogen nach dem Binnenland der Insel, um die Flucht der Thiere ins Innere zu hindern. Copeland verbarg sich in der parallel mit dem Strande laufenden Hügelreihe. Sengstake konnte erst in ziemlicher Nähe zum Schuß kommen. Mit einem Male aber fingen die Ochsen an zu schnauben, was bei ihnen immer ein Zeichen von Schrecken oder Zorn ist und alle drei ergriffen die Flucht gerades¬ wegs nach dem Hasenberge zu, wo sie rasch in den Schluchten an seinem Fuße verschwanden. Nun trennten sich die Jäger noch weiter von einander, um in einer der tiefen Schluchten die Ochsen aufzusuchen, als sie sie plötzlich wieder erblickten, wie sie eben einen steilen Abhang von losen Steinen hinan¬ eilten. „Es war wirklich ein schöner Anblick, sie da hinausspringen zu sehen mit wahrhaft überraschender Behendigkeit, während ein Mensch- hier die größte Mühe gehabt haben würde, überhaupt nur festen Fuß zu fassen. Sie blieben immer dicht bei einander, wie das gewöhnlich Thiere, die in Heer- den leben, thun. Hätten sie anders gehandelt, so würde der, der am weitesten nach unten war» einem regelrechten Steinhagel ausgesetzt gewesen sein, welcher durch die vordersten, in ihrem Eifer uns zu entkommen, hinabgeschleudert wurde. Dies war das letzte, was wir an diesem Tage von ihnen sahen." Am andern Tage mühten, da Sengstake Offiziersdienst hatte, Copeland und Wagner allein die Jagd fortsetzen. Mit Hilfe eines Taschen¬ teleskops entdeckten sie ihre Freunde vom Tage vorher bald auf einem Schneehaufen des Hasenberges auf der Landseite desselben in einer Höhe von 380 — 400 Meter über sich, und waren nach etwa einer Stunde dort oben. Aber eine Begleichung der Thiere war völlig unmöglich. So gingen sie denn weniger vorsichtig auf die ruhig wiederkäuenden Thiere los, bis diese mit einem plötzlichen Satze auf und davon fuhren. Copeland sandte außer sich über das Mißgeschick, einige Schüsse aufs Gerathewohl hinter den Ochsen her, die mit wunderbarer Behendigkeit den Abgang hinaufjagten, der so steil anstieg, wie Basalttrümmer nur irgend sein können. In drei bis 4 Minuten hatten sie die Höhe von 130 Metern erreicht; die Verfolger brauchten über eine halbe Stunde, ihnen dahin nachzuklettern. Sie fanden eine kleine Blut-- Spur, und schlössen daraus, daß einer der Schüsse doch wohl getroffen haben müsse. Das bestätigte sich, als die Jäger oben Rast und Umschau hielten. Einer der Ochsen war weniger mobil als die andern, die den verwundeten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/269>, abgerufen am 22.07.2024.