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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.

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im Lager der "wahren Spanier" unter "König Carlos" die spanische Ehre
zu kränken vermöchten. "Die Botschaft" schreibt darüber in ihrer Ur. 87
vom 21. Juli abermals einen Leitartikel "Spanien" . dann in fetter Schrift
"die Kanonen". "Nach dem Kampf und Sieg der Karlisten bei Estella ist für
sie bis jetzt wohl das wichtigste die Ausschiffung und Behändigung von 27
Kanonen Krupp in Stahl, neustes System, mit einer Tragweite von 23.000
Fuß. Auch die prachtvollen Laveten (!) und die gewaltig großen Kanonen¬
kugeln fehlten nicht. Die Ausschiffung ging im tiefsten Stillschweigen von
statten. Erst als Alles in Sicherheit war, brachen Jubel und Freude los.
Es wurde eine Dankmesse gefeiert." Das thun die "wahren Spanier"
doch nicht, wenn sie eine That vollbracht haben, welche "ohne Rächung" ihrem
Nationalgefühl unerträglich ist. -- "Die Botschaft" berichtet dann, wie
Königin Margarita landesmütterlich 300 verwundete Republikaner pflegt,
und fährt hierauf fort: "Der preußische Hauptmann Schmidt, welcher als
Spion erschossen wurde, war des Spionendienstes nicht nur verdächtig, sondern
überwiesen (!). Er trug Pläne und Zeichnungen der karlistischen Linien bei
sich (?). Von seiner Unschuld kann also keine Rede sein. Vor seinem Tode
versprach derselbe den Karlisten eine Anzahl sogenannter Stahlkanonen besor¬
gen (!) zu wollen, wenn sie ihn beim Leben ließen" -- nicht im Jenseits. --
"Bei der constanten Verlogenheit der Offiziere (!) welche unter Serrano
dienen, wurde aber darauf kein Werth gelegt." Also auch hier kein Schim¬
mer kastilischen Stolzes der "wahren Spanier" diesem -- übrigens völlig
erlogenen -- Anerbieten eines gefangenen "Spiones" gegenüber. "Durch
Kriegsgericht wurden 200 Mann als der Brandlegung überwiesen ver-
Urtheilt, aber Don Carlos hat sie auf dem Richtplatze noch begnadigt." Diese
Humanität gegen gefangene Krieger wird auch schon am 19. Juli von der
"Botschaft" also gepriesen: "Wer wird sich wundern, daß bei solcher Nach¬
sicht (!) der karlistische Soldat (!) die Erschießung aller 120 gefangenen repu¬
blikanischen Brandstifter und Mörder verlangte. Der General beschwichtigte
^, indem (!) er je den zehnten Mann, nur den zehnten Mann erschie¬
nen ließ."

In derselben Nummer beginnt eine "Straßburger Correspondenz" also:
"Im Elsaß wird von der Bismark-Regierung mit stets gleicher Brutalität
^gegangen. Das Schicksal der Bildungsanstalten in Kientpheim, Colmar,
^"tterbach erneuert sich bald in dieser, bald in jener.Ortschaft." Wenige
Nummern zuvor ist der geistreiche Scherz zu lesen: ""die Ruinen des Elsaß"
^g der bezeichnendste Titel für dieses Land sein."

In denselben Nummern endlich, in denen für die Gottesstreiter des aller-
^ristlichsten Prätendenten das fromme Urrecht in Anspruch genommen wird,
gefangene Feinde zu erschießen und auf der Spitze des Schwertes das Recht des


im Lager der „wahren Spanier" unter „König Carlos" die spanische Ehre
zu kränken vermöchten. „Die Botschaft" schreibt darüber in ihrer Ur. 87
vom 21. Juli abermals einen Leitartikel „Spanien" . dann in fetter Schrift
„die Kanonen". „Nach dem Kampf und Sieg der Karlisten bei Estella ist für
sie bis jetzt wohl das wichtigste die Ausschiffung und Behändigung von 27
Kanonen Krupp in Stahl, neustes System, mit einer Tragweite von 23.000
Fuß. Auch die prachtvollen Laveten (!) und die gewaltig großen Kanonen¬
kugeln fehlten nicht. Die Ausschiffung ging im tiefsten Stillschweigen von
statten. Erst als Alles in Sicherheit war, brachen Jubel und Freude los.
Es wurde eine Dankmesse gefeiert." Das thun die „wahren Spanier"
doch nicht, wenn sie eine That vollbracht haben, welche „ohne Rächung" ihrem
Nationalgefühl unerträglich ist. — „Die Botschaft" berichtet dann, wie
Königin Margarita landesmütterlich 300 verwundete Republikaner pflegt,
und fährt hierauf fort: „Der preußische Hauptmann Schmidt, welcher als
Spion erschossen wurde, war des Spionendienstes nicht nur verdächtig, sondern
überwiesen (!). Er trug Pläne und Zeichnungen der karlistischen Linien bei
sich (?). Von seiner Unschuld kann also keine Rede sein. Vor seinem Tode
versprach derselbe den Karlisten eine Anzahl sogenannter Stahlkanonen besor¬
gen (!) zu wollen, wenn sie ihn beim Leben ließen" — nicht im Jenseits. —
„Bei der constanten Verlogenheit der Offiziere (!) welche unter Serrano
dienen, wurde aber darauf kein Werth gelegt." Also auch hier kein Schim¬
mer kastilischen Stolzes der „wahren Spanier" diesem — übrigens völlig
erlogenen — Anerbieten eines gefangenen „Spiones" gegenüber. „Durch
Kriegsgericht wurden 200 Mann als der Brandlegung überwiesen ver-
Urtheilt, aber Don Carlos hat sie auf dem Richtplatze noch begnadigt." Diese
Humanität gegen gefangene Krieger wird auch schon am 19. Juli von der
"Botschaft" also gepriesen: „Wer wird sich wundern, daß bei solcher Nach¬
sicht (!) der karlistische Soldat (!) die Erschießung aller 120 gefangenen repu¬
blikanischen Brandstifter und Mörder verlangte. Der General beschwichtigte
^, indem (!) er je den zehnten Mann, nur den zehnten Mann erschie¬
nen ließ.«

In derselben Nummer beginnt eine „Straßburger Correspondenz" also:
"Im Elsaß wird von der Bismark-Regierung mit stets gleicher Brutalität
^gegangen. Das Schicksal der Bildungsanstalten in Kientpheim, Colmar,
^"tterbach erneuert sich bald in dieser, bald in jener.Ortschaft." Wenige
Nummern zuvor ist der geistreiche Scherz zu lesen: „„die Ruinen des Elsaß"
^g der bezeichnendste Titel für dieses Land sein."

In denselben Nummern endlich, in denen für die Gottesstreiter des aller-
^ristlichsten Prätendenten das fromme Urrecht in Anspruch genommen wird,
gefangene Feinde zu erschießen und auf der Spitze des Schwertes das Recht des


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[0223] im Lager der „wahren Spanier" unter „König Carlos" die spanische Ehre zu kränken vermöchten. „Die Botschaft" schreibt darüber in ihrer Ur. 87 vom 21. Juli abermals einen Leitartikel „Spanien" . dann in fetter Schrift „die Kanonen". „Nach dem Kampf und Sieg der Karlisten bei Estella ist für sie bis jetzt wohl das wichtigste die Ausschiffung und Behändigung von 27 Kanonen Krupp in Stahl, neustes System, mit einer Tragweite von 23.000 Fuß. Auch die prachtvollen Laveten (!) und die gewaltig großen Kanonen¬ kugeln fehlten nicht. Die Ausschiffung ging im tiefsten Stillschweigen von statten. Erst als Alles in Sicherheit war, brachen Jubel und Freude los. Es wurde eine Dankmesse gefeiert." Das thun die „wahren Spanier" doch nicht, wenn sie eine That vollbracht haben, welche „ohne Rächung" ihrem Nationalgefühl unerträglich ist. — „Die Botschaft" berichtet dann, wie Königin Margarita landesmütterlich 300 verwundete Republikaner pflegt, und fährt hierauf fort: „Der preußische Hauptmann Schmidt, welcher als Spion erschossen wurde, war des Spionendienstes nicht nur verdächtig, sondern überwiesen (!). Er trug Pläne und Zeichnungen der karlistischen Linien bei sich (?). Von seiner Unschuld kann also keine Rede sein. Vor seinem Tode versprach derselbe den Karlisten eine Anzahl sogenannter Stahlkanonen besor¬ gen (!) zu wollen, wenn sie ihn beim Leben ließen" — nicht im Jenseits. — „Bei der constanten Verlogenheit der Offiziere (!) welche unter Serrano dienen, wurde aber darauf kein Werth gelegt." Also auch hier kein Schim¬ mer kastilischen Stolzes der „wahren Spanier" diesem — übrigens völlig erlogenen — Anerbieten eines gefangenen „Spiones" gegenüber. „Durch Kriegsgericht wurden 200 Mann als der Brandlegung überwiesen ver- Urtheilt, aber Don Carlos hat sie auf dem Richtplatze noch begnadigt." Diese Humanität gegen gefangene Krieger wird auch schon am 19. Juli von der "Botschaft" also gepriesen: „Wer wird sich wundern, daß bei solcher Nach¬ sicht (!) der karlistische Soldat (!) die Erschießung aller 120 gefangenen repu¬ blikanischen Brandstifter und Mörder verlangte. Der General beschwichtigte ^, indem (!) er je den zehnten Mann, nur den zehnten Mann erschie¬ nen ließ.« In derselben Nummer beginnt eine „Straßburger Correspondenz" also: "Im Elsaß wird von der Bismark-Regierung mit stets gleicher Brutalität ^gegangen. Das Schicksal der Bildungsanstalten in Kientpheim, Colmar, ^"tterbach erneuert sich bald in dieser, bald in jener.Ortschaft." Wenige Nummern zuvor ist der geistreiche Scherz zu lesen: „„die Ruinen des Elsaß" ^g der bezeichnendste Titel für dieses Land sein." In denselben Nummern endlich, in denen für die Gottesstreiter des aller- ^ristlichsten Prätendenten das fromme Urrecht in Anspruch genommen wird, gefangene Feinde zu erschießen und auf der Spitze des Schwertes das Recht des

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/223>, abgerufen am 22.07.2024.