Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.hörte man bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit z. B. bei der Be¬ hörte man bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit z. B. bei der Be¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0206" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/131900"/> <p xml:id="ID_764" prev="#ID_763" next="#ID_765"> hörte man bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit z. B. bei der Be¬<lb/> rathung jedes nordd. Etats-Gesetzes im Reichstag, oder jedes Zollgesetzes,<lb/> im Zollparlament, dann beim deutschen Strafgesetzbuch, bei Berathung des<lb/> Staatsangehörigkeitsgesetzes u. s. w. den dänischen Abg. Herrn Kryger über<lb/> den Art. V. des Prager Friedens Monologe verlesen, welche immer nur durch<lb/> das Echo des Herrn Ewald, der Socialisten und Polen im Hause unterstützt<lb/> wurden. Auf die Dauer konnten diese puerilen Demonstrationen, die jeweilig im<lb/> Bureau der dänischen Gesandtschaft in Berlin vorbereitet und redigirt wurden,<lb/> auch in Kopenhagen nicht mehr genügen. Man griff zu einem andern Auskunfts-<lb/> mittel, die nordschleswigsche Frage aus die Tagesordnung des Reichstages zu<lb/> bringen, von dem man sich wohl sagte, daß es nur deutscher Geduld und Ge¬<lb/> rechtigkeitsliebe zu bieten sei. Der Herr Abg. Kryger erinnerte sich im Früh¬<lb/> jahre Z870, zu der Zeit, als die Welt den Friedensbetheuerungen des Mini¬<lb/> sters Olivier lauschte, die europäische Diplomatie in Paris aber der Berufung<lb/> des äuL as Orf-mont an die Spitze der französ. Politik kriegerische Gelüste<lb/> gegen Deutschland unterlegte, plötzlich jener Bestimmung der norddeutschen<lb/> Bundesverfassung, welche jedem Norddeutschen das unbeschränkte Petitions¬<lb/> recht an den Reichstag gewährte. Er, der Abgeordnete, forderte in einer<lb/> Petition die Ausführung des Art. V. vom Reichstag. Er, der Petent, machte<lb/> das Recht des Abgeordneten geltend, den Sitzungen der Petitionseommisfion<lb/> beizuwohnen. Die Kommission ließ ihn ohne Weiteres als Mitglied des Hau¬<lb/> ses zu der Sitzung zu, in der über seine Petition berathen wurde. Ja, sie<lb/> schritt in dem Streben, der kleinsten Minorität im Hause soweit an ihr war,<lb/> unverschränkt das Wort zu gestatten, an das äußerste Maß ihrer geschäfts¬<lb/> ordentlichen Befugnisse. Sie ertheilte dem Abg. Kryger so oft er wollte, in der<lb/> Kommission das Wort zur Begründung seiner Petition! Und was that nun<lb/> Herr Kryger? Er verleumdete zunächst in den denkbar stärksten Ausdrücken<lb/> die preußische Politik, die Stimmung Deutschlands in der nordschleswigschen<lb/> Angelegenheit. Und als diese Insinuationen mit der ruhigen Darlegung der bis¬<lb/> herigen Verhandlungen in der Sache Seiten der Mitglieder der Kommission<lb/> wie Seiten des Regierungsvertrerers entkräftet wurden, und demgemäß ein¬<lb/> fache Tagesordnung empfohlen wurde, da legte sich Herr Kryger auf Droh¬<lb/> ungen. Er drohte rund heraus mit Napoleon, mit französischen Waffen.<lb/> Auch dieser Trumpf war natürlich vorher in der dänischen Gesandtschaft in<lb/> Berlin dem Herrn Kryger zugestellt worden. Aber er hatte eine so üble Wir¬<lb/> kung für ihn, wie für einen Spieler, der auf dem „Mogeln" ertappt wird.<lb/> Graf Frankenberg erwarb sich das Verdienst, den dreisten Menschen sofort in<lb/> schneidendster Weise moralisch an die Luft zu setzen. Und was der Reichstag<lb/> damals auf Anrathen der Petitionseommisfion und in voller Uebereinstim¬<lb/> mung mit den Vertretern der Regierung beschlossen hat, kann Herr Cheva-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0206]
hörte man bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit z. B. bei der Be¬
rathung jedes nordd. Etats-Gesetzes im Reichstag, oder jedes Zollgesetzes,
im Zollparlament, dann beim deutschen Strafgesetzbuch, bei Berathung des
Staatsangehörigkeitsgesetzes u. s. w. den dänischen Abg. Herrn Kryger über
den Art. V. des Prager Friedens Monologe verlesen, welche immer nur durch
das Echo des Herrn Ewald, der Socialisten und Polen im Hause unterstützt
wurden. Auf die Dauer konnten diese puerilen Demonstrationen, die jeweilig im
Bureau der dänischen Gesandtschaft in Berlin vorbereitet und redigirt wurden,
auch in Kopenhagen nicht mehr genügen. Man griff zu einem andern Auskunfts-
mittel, die nordschleswigsche Frage aus die Tagesordnung des Reichstages zu
bringen, von dem man sich wohl sagte, daß es nur deutscher Geduld und Ge¬
rechtigkeitsliebe zu bieten sei. Der Herr Abg. Kryger erinnerte sich im Früh¬
jahre Z870, zu der Zeit, als die Welt den Friedensbetheuerungen des Mini¬
sters Olivier lauschte, die europäische Diplomatie in Paris aber der Berufung
des äuL as Orf-mont an die Spitze der französ. Politik kriegerische Gelüste
gegen Deutschland unterlegte, plötzlich jener Bestimmung der norddeutschen
Bundesverfassung, welche jedem Norddeutschen das unbeschränkte Petitions¬
recht an den Reichstag gewährte. Er, der Abgeordnete, forderte in einer
Petition die Ausführung des Art. V. vom Reichstag. Er, der Petent, machte
das Recht des Abgeordneten geltend, den Sitzungen der Petitionseommisfion
beizuwohnen. Die Kommission ließ ihn ohne Weiteres als Mitglied des Hau¬
ses zu der Sitzung zu, in der über seine Petition berathen wurde. Ja, sie
schritt in dem Streben, der kleinsten Minorität im Hause soweit an ihr war,
unverschränkt das Wort zu gestatten, an das äußerste Maß ihrer geschäfts¬
ordentlichen Befugnisse. Sie ertheilte dem Abg. Kryger so oft er wollte, in der
Kommission das Wort zur Begründung seiner Petition! Und was that nun
Herr Kryger? Er verleumdete zunächst in den denkbar stärksten Ausdrücken
die preußische Politik, die Stimmung Deutschlands in der nordschleswigschen
Angelegenheit. Und als diese Insinuationen mit der ruhigen Darlegung der bis¬
herigen Verhandlungen in der Sache Seiten der Mitglieder der Kommission
wie Seiten des Regierungsvertrerers entkräftet wurden, und demgemäß ein¬
fache Tagesordnung empfohlen wurde, da legte sich Herr Kryger auf Droh¬
ungen. Er drohte rund heraus mit Napoleon, mit französischen Waffen.
Auch dieser Trumpf war natürlich vorher in der dänischen Gesandtschaft in
Berlin dem Herrn Kryger zugestellt worden. Aber er hatte eine so üble Wir¬
kung für ihn, wie für einen Spieler, der auf dem „Mogeln" ertappt wird.
Graf Frankenberg erwarb sich das Verdienst, den dreisten Menschen sofort in
schneidendster Weise moralisch an die Luft zu setzen. Und was der Reichstag
damals auf Anrathen der Petitionseommisfion und in voller Uebereinstim¬
mung mit den Vertretern der Regierung beschlossen hat, kann Herr Cheva-
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