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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.

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Strand verlassen. Die Meisten wollten die Passagiere ausschiffen, brachten
aber auch Neugierige mit, welche nach Nachrichten von Europa begierig waren
oder Bekannte zu treffen hofften; oder es kamen Hotel-Besitzer, die ihre
Häuser empfehlen wollten; kleinere Boote hatten Früchte und Korbwaaren,
die sie zum Verkauf auszubieten suchten. Nachdem die Visite ihr kurzes Ge¬
schäft besorgt, die Postsäcke in Empfang genommen und abgefahren war,
stürzten die übrigen Boote an die Treppe und es erhob sich nun ein Geschrei
der Bootführer und ein Getümmel um und auf dem Schiff, wie ich es nie
gehört. Unsere Bagage hatte ich früh zu einander gestellt und mit Hülse des
jungen H., an den ich mich wandte, wurden wir sammt dem Gepäck ins Boot
gebracht und ruderten eilig dem Ufer zu. Wir waren schon durch Bekannte
auf die eigenthümliche Landung vorbereitet, daß sie etwas Beunruhigendes
aber nichts Gefährliches habe, besonders bei stillem Wasser. Dicht vorm Ufer
wenden die Ruderer das Boot mit dem Hintertheil gegen das Land, geben
dem Boot eine gerade Richtung gegen dasselbe und lassen es nun mit der
Welle aufs Wasser setzen, wobei sie mit den Rudern nachhelfen. Rasch springt
einer derselben ab, ein hinten befestigtes Tau ergreifend; die nächste Welle
kommt und hebt das Boot, am Lande stehen 2 Ochsen bereit an deren Joch
schnell das Tau befestigt wird und sie und das Wasser befördern das Boot so
weit, daß die Passagiere mit schnellem Sprung das Trockene erreichen können.
Leicht wird nun das Fahrzeug mit Hülfe von Menschen und Vieh vollends
aufs Ufer gezogen, um das Gepäcke herauszubringen, welches aus eine Schleife
geladen nach dem Zollgebäude gefahren wird. Der Gasthof lag nahe am Ufer,
wir erhielten schöne große kühle Zimmer und eilig machte ich die Effekten
vom Zoll frei, um mit der Erfrischung eines Bades und mit dem völligen
Wechsel der Kleidung den Schiffsgeruch und alle trüben Erinnerungen von
dort gänzlich loszuwerden. Vom Zollgebäude zurückkehrend, fand ich die Dr. G.
mit ihrer Tochter bei Louise, welche einen Monat vor uns abgereist waren.
Auch sie empfahlen uns das Haus von Mr. Hollway, wo sie selbst wohnten
und wo noch die meisten Zimmer frei waren. Wir verabredeten am nächsten
Tag zu kommen um die Wohnung zu besehen. Das Haus, in dem wir vor¬
läufig abgetreten waren, gehörte ebenfalls Mr. Hollway und diente mehr als
Absteigequartier für Passanten, wenn man auch dort sich für die Saison einmiethen
konnte. Es war aber an Tagen, wenn Dampfschiffe ankamen, sehr unruhig und
lebhaft dort, wie z. B. am Tage unserer Ankunft, wo die Meisten, selbst die
Weiterreisenden Passagiere es vorziehen, am Lande zu essen und zu verkehren.
Da unsere Ankunft sich verzögert hatte, wollte der Capitain selbigen Abends
wieder abfahren und so sammelten sich auch andere Gäste von der Insel im
Hotel, welche mit dem Schiffe weiter zu fahren beschlossen hatten. Es waren
Meistens Engländer und die Conversation bei Tische englisch.


Greiizlwten III. 1S74. 23

Strand verlassen. Die Meisten wollten die Passagiere ausschiffen, brachten
aber auch Neugierige mit, welche nach Nachrichten von Europa begierig waren
oder Bekannte zu treffen hofften; oder es kamen Hotel-Besitzer, die ihre
Häuser empfehlen wollten; kleinere Boote hatten Früchte und Korbwaaren,
die sie zum Verkauf auszubieten suchten. Nachdem die Visite ihr kurzes Ge¬
schäft besorgt, die Postsäcke in Empfang genommen und abgefahren war,
stürzten die übrigen Boote an die Treppe und es erhob sich nun ein Geschrei
der Bootführer und ein Getümmel um und auf dem Schiff, wie ich es nie
gehört. Unsere Bagage hatte ich früh zu einander gestellt und mit Hülse des
jungen H., an den ich mich wandte, wurden wir sammt dem Gepäck ins Boot
gebracht und ruderten eilig dem Ufer zu. Wir waren schon durch Bekannte
auf die eigenthümliche Landung vorbereitet, daß sie etwas Beunruhigendes
aber nichts Gefährliches habe, besonders bei stillem Wasser. Dicht vorm Ufer
wenden die Ruderer das Boot mit dem Hintertheil gegen das Land, geben
dem Boot eine gerade Richtung gegen dasselbe und lassen es nun mit der
Welle aufs Wasser setzen, wobei sie mit den Rudern nachhelfen. Rasch springt
einer derselben ab, ein hinten befestigtes Tau ergreifend; die nächste Welle
kommt und hebt das Boot, am Lande stehen 2 Ochsen bereit an deren Joch
schnell das Tau befestigt wird und sie und das Wasser befördern das Boot so
weit, daß die Passagiere mit schnellem Sprung das Trockene erreichen können.
Leicht wird nun das Fahrzeug mit Hülfe von Menschen und Vieh vollends
aufs Ufer gezogen, um das Gepäcke herauszubringen, welches aus eine Schleife
geladen nach dem Zollgebäude gefahren wird. Der Gasthof lag nahe am Ufer,
wir erhielten schöne große kühle Zimmer und eilig machte ich die Effekten
vom Zoll frei, um mit der Erfrischung eines Bades und mit dem völligen
Wechsel der Kleidung den Schiffsgeruch und alle trüben Erinnerungen von
dort gänzlich loszuwerden. Vom Zollgebäude zurückkehrend, fand ich die Dr. G.
mit ihrer Tochter bei Louise, welche einen Monat vor uns abgereist waren.
Auch sie empfahlen uns das Haus von Mr. Hollway, wo sie selbst wohnten
und wo noch die meisten Zimmer frei waren. Wir verabredeten am nächsten
Tag zu kommen um die Wohnung zu besehen. Das Haus, in dem wir vor¬
läufig abgetreten waren, gehörte ebenfalls Mr. Hollway und diente mehr als
Absteigequartier für Passanten, wenn man auch dort sich für die Saison einmiethen
konnte. Es war aber an Tagen, wenn Dampfschiffe ankamen, sehr unruhig und
lebhaft dort, wie z. B. am Tage unserer Ankunft, wo die Meisten, selbst die
Weiterreisenden Passagiere es vorziehen, am Lande zu essen und zu verkehren.
Da unsere Ankunft sich verzögert hatte, wollte der Capitain selbigen Abends
wieder abfahren und so sammelten sich auch andere Gäste von der Insel im
Hotel, welche mit dem Schiffe weiter zu fahren beschlossen hatten. Es waren
Meistens Engländer und die Conversation bei Tische englisch.


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[0185] Strand verlassen. Die Meisten wollten die Passagiere ausschiffen, brachten aber auch Neugierige mit, welche nach Nachrichten von Europa begierig waren oder Bekannte zu treffen hofften; oder es kamen Hotel-Besitzer, die ihre Häuser empfehlen wollten; kleinere Boote hatten Früchte und Korbwaaren, die sie zum Verkauf auszubieten suchten. Nachdem die Visite ihr kurzes Ge¬ schäft besorgt, die Postsäcke in Empfang genommen und abgefahren war, stürzten die übrigen Boote an die Treppe und es erhob sich nun ein Geschrei der Bootführer und ein Getümmel um und auf dem Schiff, wie ich es nie gehört. Unsere Bagage hatte ich früh zu einander gestellt und mit Hülse des jungen H., an den ich mich wandte, wurden wir sammt dem Gepäck ins Boot gebracht und ruderten eilig dem Ufer zu. Wir waren schon durch Bekannte auf die eigenthümliche Landung vorbereitet, daß sie etwas Beunruhigendes aber nichts Gefährliches habe, besonders bei stillem Wasser. Dicht vorm Ufer wenden die Ruderer das Boot mit dem Hintertheil gegen das Land, geben dem Boot eine gerade Richtung gegen dasselbe und lassen es nun mit der Welle aufs Wasser setzen, wobei sie mit den Rudern nachhelfen. Rasch springt einer derselben ab, ein hinten befestigtes Tau ergreifend; die nächste Welle kommt und hebt das Boot, am Lande stehen 2 Ochsen bereit an deren Joch schnell das Tau befestigt wird und sie und das Wasser befördern das Boot so weit, daß die Passagiere mit schnellem Sprung das Trockene erreichen können. Leicht wird nun das Fahrzeug mit Hülfe von Menschen und Vieh vollends aufs Ufer gezogen, um das Gepäcke herauszubringen, welches aus eine Schleife geladen nach dem Zollgebäude gefahren wird. Der Gasthof lag nahe am Ufer, wir erhielten schöne große kühle Zimmer und eilig machte ich die Effekten vom Zoll frei, um mit der Erfrischung eines Bades und mit dem völligen Wechsel der Kleidung den Schiffsgeruch und alle trüben Erinnerungen von dort gänzlich loszuwerden. Vom Zollgebäude zurückkehrend, fand ich die Dr. G. mit ihrer Tochter bei Louise, welche einen Monat vor uns abgereist waren. Auch sie empfahlen uns das Haus von Mr. Hollway, wo sie selbst wohnten und wo noch die meisten Zimmer frei waren. Wir verabredeten am nächsten Tag zu kommen um die Wohnung zu besehen. Das Haus, in dem wir vor¬ läufig abgetreten waren, gehörte ebenfalls Mr. Hollway und diente mehr als Absteigequartier für Passanten, wenn man auch dort sich für die Saison einmiethen konnte. Es war aber an Tagen, wenn Dampfschiffe ankamen, sehr unruhig und lebhaft dort, wie z. B. am Tage unserer Ankunft, wo die Meisten, selbst die Weiterreisenden Passagiere es vorziehen, am Lande zu essen und zu verkehren. Da unsere Ankunft sich verzögert hatte, wollte der Capitain selbigen Abends wieder abfahren und so sammelten sich auch andere Gäste von der Insel im Hotel, welche mit dem Schiffe weiter zu fahren beschlossen hatten. Es waren Meistens Engländer und die Conversation bei Tische englisch. Greiizlwten III. 1S74. 23

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/185>, abgerufen am 22.07.2024.