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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.

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weit größer als das Angebot. Verzehrt doch eine einzige Dampffregatte
täglich 2000 englische Centner Kohlen. *)

Ein drittes Projekt ist der Rhein-Weser-Elbe-Kanal. Er
müßte südwärts durch Thüringen dem Main-Donau-Kanal zugeführt werden,
um Nord- und Süddeutschland zu verbinden.

Ein Elbe-Spree-Kanal wird Berlin mit Böhmen in Verbindung
setzen. Wenn dann die obere Havel bei Spandau mit der untern Elbe und
mit Harburg verbunden würde, dann erwüchse Berlin zur Seestadt, durch
Binnen - Seeschiffe, die man in Nordamerika so großartig kennt, die dort den
Lorenzstrom hinauf durch Canada nach dem Niagara und nach Chicago fahren
und Europa mit dem Innern Amerikas in den unmittelbarsten Zusammen¬
hang bringen.

Von der Oder nach der March und der Donau würde ein
Kanal zu leiten sein, um Deutschland mit dem Schwarzen Meer und dem
großen russischen Stromnetz in Berührung zu bringen. Zwischen Oder und
Weichsel besteht diese Verbindung bereits.

Auf die Frage: Wer uns die Kanäle zu bauen habe? giebt E. Wiß die
Antwort: "Der Staat." In England haben auch Privatgesellschaften
Kanäle gebaut; dort sind freilich zur Zeit Initiative und Kapital noch stärker
als bei uns, aber kleinere Strecken, Vielmal-Wasserstraßen, so zu sagen,
werden Provinzen, Kreise, Gemeinden und Aktien-Gesellschafcen doch auch bei
uns zu Stande bringen. In den Vereinigten Staaten sind die Entfernungen
zu kolossal, als daß man dort, bei allem Unternehmungsgeist, der Staats¬
hülfe hätte entrathen mögen.

Wenn das Wenige, was die beiden großen Hohenzollernfürsten für die
Kanäle Preußens zu thun vermochten, so schöne Frucht getragen hat; wenn
diese wenigen Meilen sehr viel dazu beigetragen haben, Berlin seine gegen¬
wärtige Bedeutung für den Handel zu geben, indem ihm die Wasserstraßen
aus dem Süden der Eid- und Oberländer eine Masse von Rohmaterial und
Produkten zuführten; wenn die Zahl der Schiffe, welche 1868 in der Nähe
unserer Hauptstadt durch die Schleusen gingen, aus 46,000, im folgenden
Jahre schon auf 60,000 geschätzt werden konnte**), so ist die Losung berechtigt:

Das Deutsche Reich muß ein großartig durchgeführtes Kanalnetz haben!






-) Der Great Eastern gebrauchte auf der Fahrt nach Australien l00,000 Ctr. Kohlen und
die Z?suinsulÄr ann Oiisvwl KsavisiU-lo" <üowx>An^ versendet 500 Segelschiffe zu 500 Tonnen,
um ihre überseeischen Stationen mit Kohlen zu versorgen -- die Matrosen auf diesen Schiffen
würden zur Bemannung einer ganzen Kriegsflotte hinreichen.
") von Faucher.

weit größer als das Angebot. Verzehrt doch eine einzige Dampffregatte
täglich 2000 englische Centner Kohlen. *)

Ein drittes Projekt ist der Rhein-Weser-Elbe-Kanal. Er
müßte südwärts durch Thüringen dem Main-Donau-Kanal zugeführt werden,
um Nord- und Süddeutschland zu verbinden.

Ein Elbe-Spree-Kanal wird Berlin mit Böhmen in Verbindung
setzen. Wenn dann die obere Havel bei Spandau mit der untern Elbe und
mit Harburg verbunden würde, dann erwüchse Berlin zur Seestadt, durch
Binnen - Seeschiffe, die man in Nordamerika so großartig kennt, die dort den
Lorenzstrom hinauf durch Canada nach dem Niagara und nach Chicago fahren
und Europa mit dem Innern Amerikas in den unmittelbarsten Zusammen¬
hang bringen.

Von der Oder nach der March und der Donau würde ein
Kanal zu leiten sein, um Deutschland mit dem Schwarzen Meer und dem
großen russischen Stromnetz in Berührung zu bringen. Zwischen Oder und
Weichsel besteht diese Verbindung bereits.

Auf die Frage: Wer uns die Kanäle zu bauen habe? giebt E. Wiß die
Antwort: „Der Staat." In England haben auch Privatgesellschaften
Kanäle gebaut; dort sind freilich zur Zeit Initiative und Kapital noch stärker
als bei uns, aber kleinere Strecken, Vielmal-Wasserstraßen, so zu sagen,
werden Provinzen, Kreise, Gemeinden und Aktien-Gesellschafcen doch auch bei
uns zu Stande bringen. In den Vereinigten Staaten sind die Entfernungen
zu kolossal, als daß man dort, bei allem Unternehmungsgeist, der Staats¬
hülfe hätte entrathen mögen.

Wenn das Wenige, was die beiden großen Hohenzollernfürsten für die
Kanäle Preußens zu thun vermochten, so schöne Frucht getragen hat; wenn
diese wenigen Meilen sehr viel dazu beigetragen haben, Berlin seine gegen¬
wärtige Bedeutung für den Handel zu geben, indem ihm die Wasserstraßen
aus dem Süden der Eid- und Oberländer eine Masse von Rohmaterial und
Produkten zuführten; wenn die Zahl der Schiffe, welche 1868 in der Nähe
unserer Hauptstadt durch die Schleusen gingen, aus 46,000, im folgenden
Jahre schon auf 60,000 geschätzt werden konnte**), so ist die Losung berechtigt:

Das Deutsche Reich muß ein großartig durchgeführtes Kanalnetz haben!






-) Der Great Eastern gebrauchte auf der Fahrt nach Australien l00,000 Ctr. Kohlen und
die Z?suinsulÄr ann Oiisvwl KsavisiU-lo» <üowx>An^ versendet 500 Segelschiffe zu 500 Tonnen,
um ihre überseeischen Stationen mit Kohlen zu versorgen — die Matrosen auf diesen Schiffen
würden zur Bemannung einer ganzen Kriegsflotte hinreichen.
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[0180] weit größer als das Angebot. Verzehrt doch eine einzige Dampffregatte täglich 2000 englische Centner Kohlen. *) Ein drittes Projekt ist der Rhein-Weser-Elbe-Kanal. Er müßte südwärts durch Thüringen dem Main-Donau-Kanal zugeführt werden, um Nord- und Süddeutschland zu verbinden. Ein Elbe-Spree-Kanal wird Berlin mit Böhmen in Verbindung setzen. Wenn dann die obere Havel bei Spandau mit der untern Elbe und mit Harburg verbunden würde, dann erwüchse Berlin zur Seestadt, durch Binnen - Seeschiffe, die man in Nordamerika so großartig kennt, die dort den Lorenzstrom hinauf durch Canada nach dem Niagara und nach Chicago fahren und Europa mit dem Innern Amerikas in den unmittelbarsten Zusammen¬ hang bringen. Von der Oder nach der March und der Donau würde ein Kanal zu leiten sein, um Deutschland mit dem Schwarzen Meer und dem großen russischen Stromnetz in Berührung zu bringen. Zwischen Oder und Weichsel besteht diese Verbindung bereits. Auf die Frage: Wer uns die Kanäle zu bauen habe? giebt E. Wiß die Antwort: „Der Staat." In England haben auch Privatgesellschaften Kanäle gebaut; dort sind freilich zur Zeit Initiative und Kapital noch stärker als bei uns, aber kleinere Strecken, Vielmal-Wasserstraßen, so zu sagen, werden Provinzen, Kreise, Gemeinden und Aktien-Gesellschafcen doch auch bei uns zu Stande bringen. In den Vereinigten Staaten sind die Entfernungen zu kolossal, als daß man dort, bei allem Unternehmungsgeist, der Staats¬ hülfe hätte entrathen mögen. Wenn das Wenige, was die beiden großen Hohenzollernfürsten für die Kanäle Preußens zu thun vermochten, so schöne Frucht getragen hat; wenn diese wenigen Meilen sehr viel dazu beigetragen haben, Berlin seine gegen¬ wärtige Bedeutung für den Handel zu geben, indem ihm die Wasserstraßen aus dem Süden der Eid- und Oberländer eine Masse von Rohmaterial und Produkten zuführten; wenn die Zahl der Schiffe, welche 1868 in der Nähe unserer Hauptstadt durch die Schleusen gingen, aus 46,000, im folgenden Jahre schon auf 60,000 geschätzt werden konnte**), so ist die Losung berechtigt: Das Deutsche Reich muß ein großartig durchgeführtes Kanalnetz haben! -) Der Great Eastern gebrauchte auf der Fahrt nach Australien l00,000 Ctr. Kohlen und die Z?suinsulÄr ann Oiisvwl KsavisiU-lo» <üowx>An^ versendet 500 Segelschiffe zu 500 Tonnen, um ihre überseeischen Stationen mit Kohlen zu versorgen — die Matrosen auf diesen Schiffen würden zur Bemannung einer ganzen Kriegsflotte hinreichen. ") von Faucher.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/180>, abgerufen am 03.07.2024.