Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.der "Germania", daß "die ganze civilisirte Welt und sämmtliche preußische Wer giebt also der Germania das Recht, ihre einseitige Fassung der Somit kann es sich nur darum fragen, ob wirklich der Standpunkt der Dafür treten wir mit Folgendem den Beweis an. Ohne hier weiter urgiren zu wollen, daß die Bedeutung der Stelle der „Germania", daß „die ganze civilisirte Welt und sämmtliche preußische Wer giebt also der Germania das Recht, ihre einseitige Fassung der Somit kann es sich nur darum fragen, ob wirklich der Standpunkt der Dafür treten wir mit Folgendem den Beweis an. Ohne hier weiter urgiren zu wollen, daß die Bedeutung der Stelle <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0131" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/131825"/> <p xml:id="ID_464" prev="#ID_463"> der „Germania", daß „die ganze civilisirte Welt und sämmtliche preußische<lb/> Staatsverträge mit Rom und die Urheber der Constitution" diesen Sinn<lb/> damit verbunden hätten.</p><lb/> <p xml:id="ID_465"> Wer giebt also der Germania das Recht, ihre einseitige Fassung der<lb/> Bezeichnung „römisch-katholisch", die nur die eine Seite des Katholicismus,<lb/> wie dieser zur Zeit der Aufrichtung der preußischen Verfassung bestand, be¬<lb/> greift, als die richtige hinzustellen, und die Fassang des römischen Katholicismus,<lb/> wie er beide Gegensätze in sich fassend bis zum vaticanischen Concil ganz<lb/> zweifellos bestanden hat, für unkatholisch und nicht im §. 15 der preußischen<lb/> Verfassung begriffen zu erklären?</p><lb/> <p xml:id="ID_466"> Somit kann es sich nur darum fragen, ob wirklich der Standpunkt der<lb/> Altkatholiken, d. h. Läugnung der Jnfallibilität und des xrimatus ^urisäie-<lb/> tiouis, mit Zugeständniß nur eines xrimatus ki0mori8, und der Entscheidung<lb/> nur soeuiidum eanones, also mit Wahrung der Rechte der Bischöfe und Con¬<lb/> cilien, in der römisch-katholischen Kirche bis zum vaticanischen Concil that¬<lb/> sächlich vorhanden, und zwar — da er factisch zeitweise die römisch-katholische<lb/> Kirche beherrscht hat — als zweifellos zur römisch-katholischen Kirche vor<lb/> 1870 gehörend nothwendig in §. 15 begriffen ist?</p><lb/> <p xml:id="ID_467"> Dafür treten wir mit Folgendem den Beweis an.</p><lb/> <p xml:id="ID_468" next="#ID_469"> Ohne hier weiter urgiren zu wollen, daß die Bedeutung der Stelle<lb/> Matth. 16, 19. wenn sie überhaupt im Sinne Roms zu verstehen ist, zwei¬<lb/> fellos durch Matth. 18, 18 und Joh. 20, 23 genauer im Sinne des Epi-<lb/> scopalsystems erklärt wird, und ohne die Fragen hier Wetter behandeln zu<lb/> wollen, ob Petrus überhaupt in Rom war, ob er, wenn er hinkam, Bischof<lb/> dort war, und ob, wenn er Bischof in Rom war, seine Rechte auf seine Nach¬<lb/> folger übergegangen sind und übergehen konnten, zeigt die Entschiedenheit,<lb/> mit welcher die Anmaßungen der römischen Bischöfe, Victor's 196 im Anfang<lb/> des Osterstreites, und Stephan's über die Ketzertaufe 266, von den Bischöfen<lb/> des Morgen- und Abendlandes, zurückgewiesen werden, daß die Bischöfe des<lb/> Morgen- und Abendlandes namentlich Cyprian trotz seiner Schrift as uiütats<lb/> eee1es!a<z, dem römischen Bischöfe vor dem Concil von Nicäa überhaupt kein<lb/> Vorrecht, geschweige ^jurisciietinuis oder gar der Jnfallibilität zugestanden.<lb/> Zu Nicäa wurden den drei großen Bischöfen von Antiochien, Alerandrien<lb/> und Rom als Mutterkirchen ihre Stellung und Rechte über die von ihnen<lb/> gestifteten und dadurch abhängigen Kirchen und kirchliche Kreise bestätigt, aber<lb/> alle 3 gleichgestellt, und zum Zeugniß dessen keiner der 3 großen Bischöfe,<lb/> sondern ein spanischer Bischof vom Kaiser zum Präsidenten des Concils er¬<lb/> nannt. Seit Nicäa aber beginnt nun die Rivalität der großen Bischöfe, und<lb/> besonders das Streben Roms, sich über die anderen Bischöfe zu erheben. Die<lb/> dem römischen Bischof zu Sardica 347 und durch das äeeretuin Vriitumi 378</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0131]
der „Germania", daß „die ganze civilisirte Welt und sämmtliche preußische
Staatsverträge mit Rom und die Urheber der Constitution" diesen Sinn
damit verbunden hätten.
Wer giebt also der Germania das Recht, ihre einseitige Fassung der
Bezeichnung „römisch-katholisch", die nur die eine Seite des Katholicismus,
wie dieser zur Zeit der Aufrichtung der preußischen Verfassung bestand, be¬
greift, als die richtige hinzustellen, und die Fassang des römischen Katholicismus,
wie er beide Gegensätze in sich fassend bis zum vaticanischen Concil ganz
zweifellos bestanden hat, für unkatholisch und nicht im §. 15 der preußischen
Verfassung begriffen zu erklären?
Somit kann es sich nur darum fragen, ob wirklich der Standpunkt der
Altkatholiken, d. h. Läugnung der Jnfallibilität und des xrimatus ^urisäie-
tiouis, mit Zugeständniß nur eines xrimatus ki0mori8, und der Entscheidung
nur soeuiidum eanones, also mit Wahrung der Rechte der Bischöfe und Con¬
cilien, in der römisch-katholischen Kirche bis zum vaticanischen Concil that¬
sächlich vorhanden, und zwar — da er factisch zeitweise die römisch-katholische
Kirche beherrscht hat — als zweifellos zur römisch-katholischen Kirche vor
1870 gehörend nothwendig in §. 15 begriffen ist?
Dafür treten wir mit Folgendem den Beweis an.
Ohne hier weiter urgiren zu wollen, daß die Bedeutung der Stelle
Matth. 16, 19. wenn sie überhaupt im Sinne Roms zu verstehen ist, zwei¬
fellos durch Matth. 18, 18 und Joh. 20, 23 genauer im Sinne des Epi-
scopalsystems erklärt wird, und ohne die Fragen hier Wetter behandeln zu
wollen, ob Petrus überhaupt in Rom war, ob er, wenn er hinkam, Bischof
dort war, und ob, wenn er Bischof in Rom war, seine Rechte auf seine Nach¬
folger übergegangen sind und übergehen konnten, zeigt die Entschiedenheit,
mit welcher die Anmaßungen der römischen Bischöfe, Victor's 196 im Anfang
des Osterstreites, und Stephan's über die Ketzertaufe 266, von den Bischöfen
des Morgen- und Abendlandes, zurückgewiesen werden, daß die Bischöfe des
Morgen- und Abendlandes namentlich Cyprian trotz seiner Schrift as uiütats
eee1es!a<z, dem römischen Bischöfe vor dem Concil von Nicäa überhaupt kein
Vorrecht, geschweige ^jurisciietinuis oder gar der Jnfallibilität zugestanden.
Zu Nicäa wurden den drei großen Bischöfen von Antiochien, Alerandrien
und Rom als Mutterkirchen ihre Stellung und Rechte über die von ihnen
gestifteten und dadurch abhängigen Kirchen und kirchliche Kreise bestätigt, aber
alle 3 gleichgestellt, und zum Zeugniß dessen keiner der 3 großen Bischöfe,
sondern ein spanischer Bischof vom Kaiser zum Präsidenten des Concils er¬
nannt. Seit Nicäa aber beginnt nun die Rivalität der großen Bischöfe, und
besonders das Streben Roms, sich über die anderen Bischöfe zu erheben. Die
dem römischen Bischof zu Sardica 347 und durch das äeeretuin Vriitumi 378
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