Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.Der liol gentilliomms nämlich, als er den Verlauf der so gut einge¬ Der liol gentilliomms nämlich, als er den Verlauf der so gut einge¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0106" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/131800"/> <p xml:id="ID_388" next="#ID_389"> Der liol gentilliomms nämlich, als er den Verlauf der so gut einge¬<lb/> leiteten und sieghaft begonnenen Schlacht wahrnahm, ließ sich zu einer ganz<lb/> unzeitigen Bewegung hinreißen, die zwar auch glücklich begann, doch ver-<lb/> hängnißvoll enden sollte. Voll inneren Verdrusses, daß der Artillerie, dieser<lb/> Handwerkerwaffe, die Ehre des Tages zufallen könnte und besorgt, die Schlacht<lb/> möchte gewonnen werden, ohne daß er selbst eine Lanze gebrochen habe, ver¬<lb/> mag er seine Kampflust nicht länger zu zügeln. Er giebt dem Mitteltreffen<lb/> Befehl zum Angriff. Fanfaren schmettern; alle Banner kommen in Bewegung,<lb/> und da die Lanzen nach dem Range ihrer Befehlshaber geordnet waren, so<lb/> bricht der alte La Pcilize, Marschall von Chabannes, zuerst vor. Ihm fol¬<lb/> gen, fast augenblicklich, die übrigen Schaaren; allen voran der König mit<lb/> eingelegter Lanze. Er leitet den Stoß auf die Berührungsstelle zwischen den<lb/> kaiserlichen Reisigen und dem deutschen Fußvolke, wohin ihn die durch das<lb/> heftige Kanonenfeuer herbeigeführte Unordnung und der übereilte Marsch<lb/> einiger Fahnen Landsknechte, die sich rottenweise nach der Vernavola zurück¬<lb/> gezogen, zum Siege einzuladen schien. Obschon von heftigem Verlust er¬<lb/> schüttert, nimmt die kaiserliche Reiterei doch muthig den Kampf an. Dem<lb/> Schlachtrufe Trance! Kranes! antwortete nicht minder laut das Feldgeschrei<lb/> Lar ^ago ÜLMki^! Die spanischen Reisigen Cardonas werden gesprengt,<lb/> zwei baierische Reitergeschwader Salms aufgerieben und Salm selbst zurück¬<lb/> geworfen. Es war ein Fehler, daß die Kaiserlichen keine leichten Pferde zur<lb/> Hand hatten; von den drei Haufen derselben, welche die Armee besaß, hatte<lb/> Guasto den ersten auf Mirabell und dann auf Pavia zu geführt; er befand<lb/> sich jetzt auf dem äußersten linken Flügel, ja zum Theil hinter der feindlichen<lb/> Stellung. Der andere Hausen war gleich anfänglich bei dem Geschütz in die<lb/> Flucht getrieben; der dritte endlich, die Leibwache Lannots, hielt ungeduldig,<lb/> des Befehls zum Eingreifen gewärtig, außerhalb der Bresche; aber der Vice-<lb/> könig hatte ihn vergessen. — So war es denn recht eigentlich ein Ritterkampf<lb/> nach alter Art, der die ganze Mitte des Schlachtfeldes füllte, und in ihm<lb/> glänzte der König selbst als ein unübertrefflicher Vorfechter. Mehre der be¬<lb/> rühmtesten Ritter, so der Enkel Skanderbeg's, der Marques von Sant Angel,<lb/> Don Hugo de Cardona, der Fahnenträger von Pescara's Compagnie, und<lb/> noch mehrere Andere fielen von des Königs Lanze. Er hielt inne, um die<lb/> Pferde ein wenig verschnaufen zu lassen, und wandte sich zu einem seiner Be¬<lb/> gleiter mit dem Zuruf: „Heut nenne mich Herr von Mailand!" Vergebens<lb/> aber spähte er nach Bourbon aus, den persönlich zu besiegen, der heißeste<lb/> Wunsch seines Herzens war. Der Drang, ihn zu finden, führte den König<lb/> immer weiter vorwärts; er war ganz und gar nur Ritter; so geschickter sich<lb/> bei der Disposition zur Schlacht benommen hatte, so wenig bewahrte er sich<lb/> jetzt irgendwelchen Einfluß auf die Weiterleitung derselben. Er bemerkte</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0106]
Der liol gentilliomms nämlich, als er den Verlauf der so gut einge¬
leiteten und sieghaft begonnenen Schlacht wahrnahm, ließ sich zu einer ganz
unzeitigen Bewegung hinreißen, die zwar auch glücklich begann, doch ver-
hängnißvoll enden sollte. Voll inneren Verdrusses, daß der Artillerie, dieser
Handwerkerwaffe, die Ehre des Tages zufallen könnte und besorgt, die Schlacht
möchte gewonnen werden, ohne daß er selbst eine Lanze gebrochen habe, ver¬
mag er seine Kampflust nicht länger zu zügeln. Er giebt dem Mitteltreffen
Befehl zum Angriff. Fanfaren schmettern; alle Banner kommen in Bewegung,
und da die Lanzen nach dem Range ihrer Befehlshaber geordnet waren, so
bricht der alte La Pcilize, Marschall von Chabannes, zuerst vor. Ihm fol¬
gen, fast augenblicklich, die übrigen Schaaren; allen voran der König mit
eingelegter Lanze. Er leitet den Stoß auf die Berührungsstelle zwischen den
kaiserlichen Reisigen und dem deutschen Fußvolke, wohin ihn die durch das
heftige Kanonenfeuer herbeigeführte Unordnung und der übereilte Marsch
einiger Fahnen Landsknechte, die sich rottenweise nach der Vernavola zurück¬
gezogen, zum Siege einzuladen schien. Obschon von heftigem Verlust er¬
schüttert, nimmt die kaiserliche Reiterei doch muthig den Kampf an. Dem
Schlachtrufe Trance! Kranes! antwortete nicht minder laut das Feldgeschrei
Lar ^ago ÜLMki^! Die spanischen Reisigen Cardonas werden gesprengt,
zwei baierische Reitergeschwader Salms aufgerieben und Salm selbst zurück¬
geworfen. Es war ein Fehler, daß die Kaiserlichen keine leichten Pferde zur
Hand hatten; von den drei Haufen derselben, welche die Armee besaß, hatte
Guasto den ersten auf Mirabell und dann auf Pavia zu geführt; er befand
sich jetzt auf dem äußersten linken Flügel, ja zum Theil hinter der feindlichen
Stellung. Der andere Hausen war gleich anfänglich bei dem Geschütz in die
Flucht getrieben; der dritte endlich, die Leibwache Lannots, hielt ungeduldig,
des Befehls zum Eingreifen gewärtig, außerhalb der Bresche; aber der Vice-
könig hatte ihn vergessen. — So war es denn recht eigentlich ein Ritterkampf
nach alter Art, der die ganze Mitte des Schlachtfeldes füllte, und in ihm
glänzte der König selbst als ein unübertrefflicher Vorfechter. Mehre der be¬
rühmtesten Ritter, so der Enkel Skanderbeg's, der Marques von Sant Angel,
Don Hugo de Cardona, der Fahnenträger von Pescara's Compagnie, und
noch mehrere Andere fielen von des Königs Lanze. Er hielt inne, um die
Pferde ein wenig verschnaufen zu lassen, und wandte sich zu einem seiner Be¬
gleiter mit dem Zuruf: „Heut nenne mich Herr von Mailand!" Vergebens
aber spähte er nach Bourbon aus, den persönlich zu besiegen, der heißeste
Wunsch seines Herzens war. Der Drang, ihn zu finden, führte den König
immer weiter vorwärts; er war ganz und gar nur Ritter; so geschickter sich
bei der Disposition zur Schlacht benommen hatte, so wenig bewahrte er sich
jetzt irgendwelchen Einfluß auf die Weiterleitung derselben. Er bemerkte
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