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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band.

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in einer Sitzung der Bureaus der Rechten eine Erklärung ab, welche die heil¬
verkündenden Mittheilungen der fusionistischen Zeitungen in vollstem Maße
bestätigte und die Herzen der Monarchisten mit ausschweifender Freude und
der sicheren Ueberzeugung von ihrem nahen Triumphe erfüllte. Er bestätigte
unumwunden, daß eine vollständige Einigung zwischen dem Grafen und der
conservativen Majorität bestehe. Die Grundlage der Einigung bildeten die
Anträge der Neunercommission, die vor Allem die Wiederherstellung der
Monarchie forderten. Uebrigens sollten alle bürgerlichen, politischen und reli¬
giösen Freiheiten, welche das öffentliche Recht Frankreichs bilden, gewährleistet
werden; die dreifarbige Fahne werde aufrecht erhalten bleiben, doch .würden
Modifikationen durch königliche Initiative veranlaßt werden können. Zur Be¬
schleunigung der Angelegenheit sollten die verschiedenen Fraktionen, welche in
der Sitzung der Bureaus vertreten waren, sofort zusammenberufen werden,
rauptsächlich zu dem Zweck, um über den Zusammentritt der Nationalver¬
sammlung vor Ablauf der Ferien schlüssig zu werden. In der Versammlung
der Fraktionen sprach man sich denn auch für beschleunigte Wiederberufung
aus. In der des rechten Centrums legte der Herzog von Audiffret-Pasquier
eine der Nationalversammlung zu unterbreitende Resolution vor, welche unter
nochmaliger Hervorhebung der bekannten Garantien forderte, daß die natio¬
nale, erbliche und konstitutionelle Monarchie für die Regierungsform Frank¬
reichs erklärt und demgemäß der Graf von Chamoord auf den Thron be¬
rufen werde. Nachdem diese Beschlüsse gefaßt waren, begab die Versammlung
sich in corpore in das Versammlungslokal der Rechten und nahm ein der
Sitzung derselben Theil, um in unzweideutigster Weise die völlige Einigung
und Verbindung der beiden Gruppen zum Ausdruck zu bringen.

Was konnte die Royalisten hindern, binnen acht Tagen das Königthum
herzustellen und Heinrich V. auf den Thron seiner Väter zu berufen? Die
Republikaner waren aufs Tiefste entmuthigt. Wenn sie auch jetzt noch in
ihren Fractionssitzungen die republikanische Gesinnung des Landes constatirten
und die Wiederherstellung des Königthums für ein unvernünftiges und un¬
logisches Attentat auf die Volkssouveränetät erklärten, so waren sie in diesem
Augenblick doch selbst vollkommen überzeugt, daß die Thatsachen sich über
Logik und Vernunft hinwegsetzen würden. Die Haltung der Partei machte
den Eindruck der äußersten Hülflosigkeit. Es war davon die Rede, einen
Adressensturm von Seiten der General- und Gemeinderäthe gegen Einführung
der Monarchie zu organisiren, und einige Adressen der Art liefen wirklich bei
Mac Mensor ein. Als man aber dem Gedanken ernstlich näher trat, er¬
schraken die Helden des 4. September vor ihrer eigenen Kühnheit. Es hieß,
man müsse jeden Schritt vermeiden, der den Gegnern einen Vorwand zu
Repressivmaßregeln bieten und der auch nur den Anschein erwecken könne, als


in einer Sitzung der Bureaus der Rechten eine Erklärung ab, welche die heil¬
verkündenden Mittheilungen der fusionistischen Zeitungen in vollstem Maße
bestätigte und die Herzen der Monarchisten mit ausschweifender Freude und
der sicheren Ueberzeugung von ihrem nahen Triumphe erfüllte. Er bestätigte
unumwunden, daß eine vollständige Einigung zwischen dem Grafen und der
conservativen Majorität bestehe. Die Grundlage der Einigung bildeten die
Anträge der Neunercommission, die vor Allem die Wiederherstellung der
Monarchie forderten. Uebrigens sollten alle bürgerlichen, politischen und reli¬
giösen Freiheiten, welche das öffentliche Recht Frankreichs bilden, gewährleistet
werden; die dreifarbige Fahne werde aufrecht erhalten bleiben, doch .würden
Modifikationen durch königliche Initiative veranlaßt werden können. Zur Be¬
schleunigung der Angelegenheit sollten die verschiedenen Fraktionen, welche in
der Sitzung der Bureaus vertreten waren, sofort zusammenberufen werden,
rauptsächlich zu dem Zweck, um über den Zusammentritt der Nationalver¬
sammlung vor Ablauf der Ferien schlüssig zu werden. In der Versammlung
der Fraktionen sprach man sich denn auch für beschleunigte Wiederberufung
aus. In der des rechten Centrums legte der Herzog von Audiffret-Pasquier
eine der Nationalversammlung zu unterbreitende Resolution vor, welche unter
nochmaliger Hervorhebung der bekannten Garantien forderte, daß die natio¬
nale, erbliche und konstitutionelle Monarchie für die Regierungsform Frank¬
reichs erklärt und demgemäß der Graf von Chamoord auf den Thron be¬
rufen werde. Nachdem diese Beschlüsse gefaßt waren, begab die Versammlung
sich in corpore in das Versammlungslokal der Rechten und nahm ein der
Sitzung derselben Theil, um in unzweideutigster Weise die völlige Einigung
und Verbindung der beiden Gruppen zum Ausdruck zu bringen.

Was konnte die Royalisten hindern, binnen acht Tagen das Königthum
herzustellen und Heinrich V. auf den Thron seiner Väter zu berufen? Die
Republikaner waren aufs Tiefste entmuthigt. Wenn sie auch jetzt noch in
ihren Fractionssitzungen die republikanische Gesinnung des Landes constatirten
und die Wiederherstellung des Königthums für ein unvernünftiges und un¬
logisches Attentat auf die Volkssouveränetät erklärten, so waren sie in diesem
Augenblick doch selbst vollkommen überzeugt, daß die Thatsachen sich über
Logik und Vernunft hinwegsetzen würden. Die Haltung der Partei machte
den Eindruck der äußersten Hülflosigkeit. Es war davon die Rede, einen
Adressensturm von Seiten der General- und Gemeinderäthe gegen Einführung
der Monarchie zu organisiren, und einige Adressen der Art liefen wirklich bei
Mac Mensor ein. Als man aber dem Gedanken ernstlich näher trat, er¬
schraken die Helden des 4. September vor ihrer eigenen Kühnheit. Es hieß,
man müsse jeden Schritt vermeiden, der den Gegnern einen Vorwand zu
Repressivmaßregeln bieten und der auch nur den Anschein erwecken könne, als


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_130643/493>, abgerufen am 25.08.2024.