Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
Aas städtische Archiv in Straszbmg.

In den Jahren 1860--62 veröffentlichte der Nestor unter den elsässischen
Schriftstellern und noch heute überaus geistesfrische Archivar Herr L. Spach
im niederrheinischen Courier (I,e Lourrier an Lies-Rllin) in Straßburg
eine Reihe von Artikeln über das Departements-Archiv daselbst, welche
damals im Elsaß wegen ihres interessanten Inhalts und ihrer Form viel
Aufsehen erregten. Die Leser hatten es nicht für möglich gehalten, daß die
alten Papiere von solchem Interesse für sie sein könnten. Diese Artikel wur¬
den später gesammelt und zu einem Buche vereinigt, das den Titel führt:
"I^etres sur les arellives et6zal'denen<Ales ein. Las-IUim," Vielleicht hat
dasselbe -- gewiß wider Willen des geistvollen Interpreten -- es verschuldet,
daß die Aufmerksamkeit des Publikums von dem bisher (wenigstens in enge¬
ren Kreisen) bekannten städtischen Archiv abgelenkt und auf das Depar¬
tements-Archiv hingewiesen wurde. Während das letztere, der Hauptsache
nach, neueren Ursprungs ist -- es umfaßt im Wesentlichen die Schriften der
seit dem siebzehnten Jahrhundert eingesetzten französischen Intendanten des
Elsaß und die allerdings weiter zurückreichenden Sammlungen aus den Archi¬
ven des Bischofs, der Stifte, Abteien und Klöster, finden sich im ersteren
die auf die freie Reichsstadt und die französische Provinzialstadt bezüglichen
Schriften aus den letzten 5 bi-s 6 Jahrhunderten vor, darunter Piecen von
denkbar höchstem Werthe.

Im Elsaß hat man -- dies wird kein Kundiger bestreiten können -- in
den letzten Jahrzehnten Geschmack an den Berichten aus längst verflossener
Zeit gefunden. Die Ursache dürfte leicht darin zu finden sein, daß das Land
auf eine überaus reiche Vergangenheit zurückblicken kann, die Bewohner fühl¬
ten sich durch ihre ruhmvolle Geschichte gewissermaßen gehoben. Zeugniß da¬
von legen folgende Veröffentlichungen ab: Lulletm ac la. soeietö xonr la.
oonservÄtioll ach womiweuts KistM'üjuvL (1'^.Isaee, die Kevue ni'^lsaee, die
Revue eMwIigue und die Alsatia von August Stöber.

Der elsässische Schriftsteller C- Bartholdi sprach nur die Meinung der
gebildeten Elsässer aus, wenn er in der Vorrede zu den Luriosite's ü'^Isaee
im Jahre 1861 auf die Bordseite aufmerksam machte, die das Studium der
Schriften in den Archiven bringt. Er sagte dort etwa Folgendes:

"Es ist besonders der Hauch der unmittelbaren Gegenwart, welche man
so häufig sucht, in den geschriebenen Denkmälern der Vergangenheit aber
findet. Die alten Diplome, Chroniken, Memoiren, Schriftwechsel, Docu-
mente ze., alle diese Urkunden und verschiedenartigen Schriftstücke tragen so
recht das Gepräge und die charakteristische Eigenthümlichkeit, welche von keiner
Analyse, keiner Beschreibung erreicht werden kann. Indem man die alten


Aas städtische Archiv in Straszbmg.

In den Jahren 1860—62 veröffentlichte der Nestor unter den elsässischen
Schriftstellern und noch heute überaus geistesfrische Archivar Herr L. Spach
im niederrheinischen Courier (I,e Lourrier an Lies-Rllin) in Straßburg
eine Reihe von Artikeln über das Departements-Archiv daselbst, welche
damals im Elsaß wegen ihres interessanten Inhalts und ihrer Form viel
Aufsehen erregten. Die Leser hatten es nicht für möglich gehalten, daß die
alten Papiere von solchem Interesse für sie sein könnten. Diese Artikel wur¬
den später gesammelt und zu einem Buche vereinigt, das den Titel führt:
„I^etres sur les arellives et6zal'denen<Ales ein. Las-IUim," Vielleicht hat
dasselbe — gewiß wider Willen des geistvollen Interpreten — es verschuldet,
daß die Aufmerksamkeit des Publikums von dem bisher (wenigstens in enge¬
ren Kreisen) bekannten städtischen Archiv abgelenkt und auf das Depar¬
tements-Archiv hingewiesen wurde. Während das letztere, der Hauptsache
nach, neueren Ursprungs ist — es umfaßt im Wesentlichen die Schriften der
seit dem siebzehnten Jahrhundert eingesetzten französischen Intendanten des
Elsaß und die allerdings weiter zurückreichenden Sammlungen aus den Archi¬
ven des Bischofs, der Stifte, Abteien und Klöster, finden sich im ersteren
die auf die freie Reichsstadt und die französische Provinzialstadt bezüglichen
Schriften aus den letzten 5 bi-s 6 Jahrhunderten vor, darunter Piecen von
denkbar höchstem Werthe.

Im Elsaß hat man — dies wird kein Kundiger bestreiten können — in
den letzten Jahrzehnten Geschmack an den Berichten aus längst verflossener
Zeit gefunden. Die Ursache dürfte leicht darin zu finden sein, daß das Land
auf eine überaus reiche Vergangenheit zurückblicken kann, die Bewohner fühl¬
ten sich durch ihre ruhmvolle Geschichte gewissermaßen gehoben. Zeugniß da¬
von legen folgende Veröffentlichungen ab: Lulletm ac la. soeietö xonr la.
oonservÄtioll ach womiweuts KistM'üjuvL (1'^.Isaee, die Kevue ni'^lsaee, die
Revue eMwIigue und die Alsatia von August Stöber.

Der elsässische Schriftsteller C- Bartholdi sprach nur die Meinung der
gebildeten Elsässer aus, wenn er in der Vorrede zu den Luriosite's ü'^Isaee
im Jahre 1861 auf die Bordseite aufmerksam machte, die das Studium der
Schriften in den Archiven bringt. Er sagte dort etwa Folgendes:

„Es ist besonders der Hauch der unmittelbaren Gegenwart, welche man
so häufig sucht, in den geschriebenen Denkmälern der Vergangenheit aber
findet. Die alten Diplome, Chroniken, Memoiren, Schriftwechsel, Docu-
mente ze., alle diese Urkunden und verschiedenartigen Schriftstücke tragen so
recht das Gepräge und die charakteristische Eigenthümlichkeit, welche von keiner
Analyse, keiner Beschreibung erreicht werden kann. Indem man die alten


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0040" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/130684"/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Aas städtische Archiv in Straszbmg.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_87"> In den Jahren 1860&#x2014;62 veröffentlichte der Nestor unter den elsässischen<lb/>
Schriftstellern und noch heute überaus geistesfrische Archivar Herr L. Spach<lb/>
im niederrheinischen Courier (I,e Lourrier an Lies-Rllin) in Straßburg<lb/>
eine Reihe von Artikeln über das Departements-Archiv daselbst, welche<lb/>
damals im Elsaß wegen ihres interessanten Inhalts und ihrer Form viel<lb/>
Aufsehen erregten. Die Leser hatten es nicht für möglich gehalten, daß die<lb/>
alten Papiere von solchem Interesse für sie sein könnten. Diese Artikel wur¬<lb/>
den später gesammelt und zu einem Buche vereinigt, das den Titel führt:<lb/>
&#x201E;I^etres sur les arellives et6zal'denen&lt;Ales ein. Las-IUim," Vielleicht hat<lb/>
dasselbe &#x2014; gewiß wider Willen des geistvollen Interpreten &#x2014; es verschuldet,<lb/>
daß die Aufmerksamkeit des Publikums von dem bisher (wenigstens in enge¬<lb/>
ren Kreisen) bekannten städtischen Archiv abgelenkt und auf das Depar¬<lb/>
tements-Archiv hingewiesen wurde. Während das letztere, der Hauptsache<lb/>
nach, neueren Ursprungs ist &#x2014; es umfaßt im Wesentlichen die Schriften der<lb/>
seit dem siebzehnten Jahrhundert eingesetzten französischen Intendanten des<lb/>
Elsaß und die allerdings weiter zurückreichenden Sammlungen aus den Archi¬<lb/>
ven des Bischofs, der Stifte, Abteien und Klöster, finden sich im ersteren<lb/>
die auf die freie Reichsstadt und die französische Provinzialstadt bezüglichen<lb/>
Schriften aus den letzten 5 bi-s 6 Jahrhunderten vor, darunter Piecen von<lb/>
denkbar höchstem Werthe.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_88"> Im Elsaß hat man &#x2014; dies wird kein Kundiger bestreiten können &#x2014; in<lb/>
den letzten Jahrzehnten Geschmack an den Berichten aus längst verflossener<lb/>
Zeit gefunden. Die Ursache dürfte leicht darin zu finden sein, daß das Land<lb/>
auf eine überaus reiche Vergangenheit zurückblicken kann, die Bewohner fühl¬<lb/>
ten sich durch ihre ruhmvolle Geschichte gewissermaßen gehoben. Zeugniß da¬<lb/>
von legen folgende Veröffentlichungen ab: Lulletm ac la. soeietö xonr la.<lb/>
oonservÄtioll ach womiweuts KistM'üjuvL (1'^.Isaee, die Kevue ni'^lsaee, die<lb/>
Revue eMwIigue und die Alsatia von August Stöber.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_89"> Der elsässische Schriftsteller C- Bartholdi sprach nur die Meinung der<lb/>
gebildeten Elsässer aus, wenn er in der Vorrede zu den Luriosite's ü'^Isaee<lb/>
im Jahre 1861 auf die Bordseite aufmerksam machte, die das Studium der<lb/>
Schriften in den Archiven bringt. Er sagte dort etwa Folgendes:</p><lb/>
          <p xml:id="ID_90" next="#ID_91"> &#x201E;Es ist besonders der Hauch der unmittelbaren Gegenwart, welche man<lb/>
so häufig sucht, in den geschriebenen Denkmälern der Vergangenheit aber<lb/>
findet. Die alten Diplome, Chroniken, Memoiren, Schriftwechsel, Docu-<lb/>
mente ze., alle diese Urkunden und verschiedenartigen Schriftstücke tragen so<lb/>
recht das Gepräge und die charakteristische Eigenthümlichkeit, welche von keiner<lb/>
Analyse, keiner Beschreibung erreicht werden kann. Indem man die alten</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0040] Aas städtische Archiv in Straszbmg. In den Jahren 1860—62 veröffentlichte der Nestor unter den elsässischen Schriftstellern und noch heute überaus geistesfrische Archivar Herr L. Spach im niederrheinischen Courier (I,e Lourrier an Lies-Rllin) in Straßburg eine Reihe von Artikeln über das Departements-Archiv daselbst, welche damals im Elsaß wegen ihres interessanten Inhalts und ihrer Form viel Aufsehen erregten. Die Leser hatten es nicht für möglich gehalten, daß die alten Papiere von solchem Interesse für sie sein könnten. Diese Artikel wur¬ den später gesammelt und zu einem Buche vereinigt, das den Titel führt: „I^etres sur les arellives et6zal'denen<Ales ein. Las-IUim," Vielleicht hat dasselbe — gewiß wider Willen des geistvollen Interpreten — es verschuldet, daß die Aufmerksamkeit des Publikums von dem bisher (wenigstens in enge¬ ren Kreisen) bekannten städtischen Archiv abgelenkt und auf das Depar¬ tements-Archiv hingewiesen wurde. Während das letztere, der Hauptsache nach, neueren Ursprungs ist — es umfaßt im Wesentlichen die Schriften der seit dem siebzehnten Jahrhundert eingesetzten französischen Intendanten des Elsaß und die allerdings weiter zurückreichenden Sammlungen aus den Archi¬ ven des Bischofs, der Stifte, Abteien und Klöster, finden sich im ersteren die auf die freie Reichsstadt und die französische Provinzialstadt bezüglichen Schriften aus den letzten 5 bi-s 6 Jahrhunderten vor, darunter Piecen von denkbar höchstem Werthe. Im Elsaß hat man — dies wird kein Kundiger bestreiten können — in den letzten Jahrzehnten Geschmack an den Berichten aus längst verflossener Zeit gefunden. Die Ursache dürfte leicht darin zu finden sein, daß das Land auf eine überaus reiche Vergangenheit zurückblicken kann, die Bewohner fühl¬ ten sich durch ihre ruhmvolle Geschichte gewissermaßen gehoben. Zeugniß da¬ von legen folgende Veröffentlichungen ab: Lulletm ac la. soeietö xonr la. oonservÄtioll ach womiweuts KistM'üjuvL (1'^.Isaee, die Kevue ni'^lsaee, die Revue eMwIigue und die Alsatia von August Stöber. Der elsässische Schriftsteller C- Bartholdi sprach nur die Meinung der gebildeten Elsässer aus, wenn er in der Vorrede zu den Luriosite's ü'^Isaee im Jahre 1861 auf die Bordseite aufmerksam machte, die das Studium der Schriften in den Archiven bringt. Er sagte dort etwa Folgendes: „Es ist besonders der Hauch der unmittelbaren Gegenwart, welche man so häufig sucht, in den geschriebenen Denkmälern der Vergangenheit aber findet. Die alten Diplome, Chroniken, Memoiren, Schriftwechsel, Docu- mente ze., alle diese Urkunden und verschiedenartigen Schriftstücke tragen so recht das Gepräge und die charakteristische Eigenthümlichkeit, welche von keiner Analyse, keiner Beschreibung erreicht werden kann. Indem man die alten

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_130643
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_130643/40
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_130643/40>, abgerufen am 25.12.2024.