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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band.

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Perioden wohl zu unterscheiden! -- massenhaft zusammengepackte adverbielle
Bestimmungen, die unbedingt in Sätze aufzulösen waren, ungeschickt ange¬
schlossene Relativa, bei denen man sich dreimal überlegen muß, auf welches
der vorangegangenen Worte sie sich eigentlich beziehen, ein höchst wunderlicher
Gebrauch der Präpositionen, bis zum Ueberdruß gehäufte Particip!", und
mancherlei andere unschöne Eigenthümlichkeiten, wie z. B. das wohl fünfzig
mal wiederkehrende triviale und nichtssagende "so recht" -- alles dies kann
einen den Genuß des Stark'schen Buches herzlich verleiden. Man höre z.B.
folgende Sätze- S. 9: "Hier oben von dem hohen Brettergerüst der freie herr¬
liche Blick über das gesegnete Land, über die Stadt Linz mit ihren großen
Gebäuden, über die Windungen der Donau nach Osten das im letzten Son¬
nenglanz weißstrahlende Städtchen Enns, überall die Höhen mit Kirchen ge¬
ziert, nach Norden hin zu dem Böhmerwald, nach Süden zu der weitge¬
dehnten Alpenkette, und unter mir diese unheimlich stillen Räume, die langen,
zu dem Treppenthurm hinführenden Gänge, aus denen einzelne schwarze Ge¬
stalten ohne Gruß an mir vorüber eilten, und überall an den weißen Wän¬
den kirchliche Bilder neuesten, doch recht schwächlichen Styls." S. 22: "Auch
die Architektur des Innern hat im späteren Nachmittagslicht den vollen
Zauber der Weiträumigkeit seiner drei Hallen, des Langschiffes wie des be¬
reits mehr ins Dunkel gerückten etwas niedern Chors nicht verfehlt, als an
Maria Himmelfahrt das Ave Maria allmählig darin verklang, und die kleine
Gemeinde Andächtiger still aus einander ging in die fast verödeten Straßen
des wie ausgeleerten Wiens." S. 29: "Es kann nicht fehlen daß solche,
durch Generationen hindurch gepflegte, gewöhnlich von einem Gliede der
Familie, das in eminenter Weise Gelegenheit auch hatte, in Italien, Spa¬
nien, den Niederlanden bei hoher Stellung Treffliches zu sehen und zu er¬
werben, begründete Sammlungen ganz besonders geeignet sind, von gewissen
Gattungen der Malerei, von bestimmten Schulen, die vielleicht etwas ferner
abliegen vom Hauptgange der Kunst, eine reiche Anschauung zu gewähren."
S. 36: "Sein aus Sansara stammender großartiger Sarkophag mit Deckel aus
härtesten geschliffenem schwarzem Granit, mit den an der Außenseite und
Innenseite verschieden behandelten, wie heute erst eingemeißelten Reliefs und
Hieroglyphen, die Todtenbarke, die Unterwelt, die Todtengenien, die Wieder¬
belebung, die Wanderung im Sonnenreich darstellend, steht als ein wahrer
Urahne, als das Zeugniß einer wie zeitlosen Kunstbildung da." Oder gar
folgendes Ungethüm von einem Satze mit dem complettesten Anakoluth am
Ende S. 20: "In der inneren Stadt Wien reizt es noch heute dem ältesten
Stadtkern um Se. Peter, um Maria am Gestade, um Se. Ruprecht, auf
dem über dem alten Donaubett steil ansteigenden Gelände mit seinen seit
Jahrhunderten zu den Hauptadern des städtischen Lebens gewordenen Graben-


Perioden wohl zu unterscheiden! — massenhaft zusammengepackte adverbielle
Bestimmungen, die unbedingt in Sätze aufzulösen waren, ungeschickt ange¬
schlossene Relativa, bei denen man sich dreimal überlegen muß, auf welches
der vorangegangenen Worte sie sich eigentlich beziehen, ein höchst wunderlicher
Gebrauch der Präpositionen, bis zum Ueberdruß gehäufte Particip!«, und
mancherlei andere unschöne Eigenthümlichkeiten, wie z. B. das wohl fünfzig
mal wiederkehrende triviale und nichtssagende „so recht" — alles dies kann
einen den Genuß des Stark'schen Buches herzlich verleiden. Man höre z.B.
folgende Sätze- S. 9: „Hier oben von dem hohen Brettergerüst der freie herr¬
liche Blick über das gesegnete Land, über die Stadt Linz mit ihren großen
Gebäuden, über die Windungen der Donau nach Osten das im letzten Son¬
nenglanz weißstrahlende Städtchen Enns, überall die Höhen mit Kirchen ge¬
ziert, nach Norden hin zu dem Böhmerwald, nach Süden zu der weitge¬
dehnten Alpenkette, und unter mir diese unheimlich stillen Räume, die langen,
zu dem Treppenthurm hinführenden Gänge, aus denen einzelne schwarze Ge¬
stalten ohne Gruß an mir vorüber eilten, und überall an den weißen Wän¬
den kirchliche Bilder neuesten, doch recht schwächlichen Styls." S. 22: „Auch
die Architektur des Innern hat im späteren Nachmittagslicht den vollen
Zauber der Weiträumigkeit seiner drei Hallen, des Langschiffes wie des be¬
reits mehr ins Dunkel gerückten etwas niedern Chors nicht verfehlt, als an
Maria Himmelfahrt das Ave Maria allmählig darin verklang, und die kleine
Gemeinde Andächtiger still aus einander ging in die fast verödeten Straßen
des wie ausgeleerten Wiens." S. 29: „Es kann nicht fehlen daß solche,
durch Generationen hindurch gepflegte, gewöhnlich von einem Gliede der
Familie, das in eminenter Weise Gelegenheit auch hatte, in Italien, Spa¬
nien, den Niederlanden bei hoher Stellung Treffliches zu sehen und zu er¬
werben, begründete Sammlungen ganz besonders geeignet sind, von gewissen
Gattungen der Malerei, von bestimmten Schulen, die vielleicht etwas ferner
abliegen vom Hauptgange der Kunst, eine reiche Anschauung zu gewähren."
S. 36: „Sein aus Sansara stammender großartiger Sarkophag mit Deckel aus
härtesten geschliffenem schwarzem Granit, mit den an der Außenseite und
Innenseite verschieden behandelten, wie heute erst eingemeißelten Reliefs und
Hieroglyphen, die Todtenbarke, die Unterwelt, die Todtengenien, die Wieder¬
belebung, die Wanderung im Sonnenreich darstellend, steht als ein wahrer
Urahne, als das Zeugniß einer wie zeitlosen Kunstbildung da." Oder gar
folgendes Ungethüm von einem Satze mit dem complettesten Anakoluth am
Ende S. 20: „In der inneren Stadt Wien reizt es noch heute dem ältesten
Stadtkern um Se. Peter, um Maria am Gestade, um Se. Ruprecht, auf
dem über dem alten Donaubett steil ansteigenden Gelände mit seinen seit
Jahrhunderten zu den Hauptadern des städtischen Lebens gewordenen Graben-


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[0262] Perioden wohl zu unterscheiden! — massenhaft zusammengepackte adverbielle Bestimmungen, die unbedingt in Sätze aufzulösen waren, ungeschickt ange¬ schlossene Relativa, bei denen man sich dreimal überlegen muß, auf welches der vorangegangenen Worte sie sich eigentlich beziehen, ein höchst wunderlicher Gebrauch der Präpositionen, bis zum Ueberdruß gehäufte Particip!«, und mancherlei andere unschöne Eigenthümlichkeiten, wie z. B. das wohl fünfzig mal wiederkehrende triviale und nichtssagende „so recht" — alles dies kann einen den Genuß des Stark'schen Buches herzlich verleiden. Man höre z.B. folgende Sätze- S. 9: „Hier oben von dem hohen Brettergerüst der freie herr¬ liche Blick über das gesegnete Land, über die Stadt Linz mit ihren großen Gebäuden, über die Windungen der Donau nach Osten das im letzten Son¬ nenglanz weißstrahlende Städtchen Enns, überall die Höhen mit Kirchen ge¬ ziert, nach Norden hin zu dem Böhmerwald, nach Süden zu der weitge¬ dehnten Alpenkette, und unter mir diese unheimlich stillen Räume, die langen, zu dem Treppenthurm hinführenden Gänge, aus denen einzelne schwarze Ge¬ stalten ohne Gruß an mir vorüber eilten, und überall an den weißen Wän¬ den kirchliche Bilder neuesten, doch recht schwächlichen Styls." S. 22: „Auch die Architektur des Innern hat im späteren Nachmittagslicht den vollen Zauber der Weiträumigkeit seiner drei Hallen, des Langschiffes wie des be¬ reits mehr ins Dunkel gerückten etwas niedern Chors nicht verfehlt, als an Maria Himmelfahrt das Ave Maria allmählig darin verklang, und die kleine Gemeinde Andächtiger still aus einander ging in die fast verödeten Straßen des wie ausgeleerten Wiens." S. 29: „Es kann nicht fehlen daß solche, durch Generationen hindurch gepflegte, gewöhnlich von einem Gliede der Familie, das in eminenter Weise Gelegenheit auch hatte, in Italien, Spa¬ nien, den Niederlanden bei hoher Stellung Treffliches zu sehen und zu er¬ werben, begründete Sammlungen ganz besonders geeignet sind, von gewissen Gattungen der Malerei, von bestimmten Schulen, die vielleicht etwas ferner abliegen vom Hauptgange der Kunst, eine reiche Anschauung zu gewähren." S. 36: „Sein aus Sansara stammender großartiger Sarkophag mit Deckel aus härtesten geschliffenem schwarzem Granit, mit den an der Außenseite und Innenseite verschieden behandelten, wie heute erst eingemeißelten Reliefs und Hieroglyphen, die Todtenbarke, die Unterwelt, die Todtengenien, die Wieder¬ belebung, die Wanderung im Sonnenreich darstellend, steht als ein wahrer Urahne, als das Zeugniß einer wie zeitlosen Kunstbildung da." Oder gar folgendes Ungethüm von einem Satze mit dem complettesten Anakoluth am Ende S. 20: „In der inneren Stadt Wien reizt es noch heute dem ältesten Stadtkern um Se. Peter, um Maria am Gestade, um Se. Ruprecht, auf dem über dem alten Donaubett steil ansteigenden Gelände mit seinen seit Jahrhunderten zu den Hauptadern des städtischen Lebens gewordenen Graben-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_130643/262>, abgerufen am 26.12.2024.