Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.spielen und uns durch "größere europäische Leistungen" in zahllose internatio¬ "Und wenn nicht Vieles trügt, so wurde zwar Kapitän Werner getroffen, Vieles hat aber in der That getrogen, eigentlich Alles, was die Herren Die namhaftesten Organe der deutschen Presse haben sich auch beeilt, spielen und uns durch „größere europäische Leistungen" in zahllose internatio¬ „Und wenn nicht Vieles trügt, so wurde zwar Kapitän Werner getroffen, Vieles hat aber in der That getrogen, eigentlich Alles, was die Herren Die namhaftesten Organe der deutschen Presse haben sich auch beeilt, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0523" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/193326"/> <p xml:id="ID_1720" prev="#ID_1719"> spielen und uns durch „größere europäische Leistungen" in zahllose internatio¬<lb/> nale Verwickelungen hineinziehen dürfe. Der Verfasser jenes Artikels mochte<lb/> doch vielleicht annähernd die Schwäche seiner politischen Position erkennen.<lb/> Er lenkt daher mit den scharfen Instinkten seiner politischen Spürkraft den<lb/> Leser schließlich auf eine andere Fährte und erklärt das Verhalten des Reichs¬<lb/> kanzlers also:</p><lb/> <quote> „Und wenn nicht Vieles trügt, so wurde zwar Kapitän Werner getroffen,<lb/> aber im Sinne lag ein anderer höherer Befehlshaber, der gerade jetzt aus der Fremde,<lb/> wo er seine Sache besonders gut gemacht hat, heimkehrt."</quote><lb/> <p xml:id="ID_1721"> Vieles hat aber in der That getrogen, eigentlich Alles, was die Herren<lb/> für ausgemacht hielten. Nach dem halbamtlichen Artikel in Nro. 210 der<lb/> Nordd. Allg. Zeitung ist die Abberufung des Kapitän Werner lediglich er¬<lb/> folgt, weil er in Unfolgsamkeit gegen die militärische Disciplin, seine Segel¬<lb/> ordre und seine diplomatischen Jnstructionen den Vigilante aufbrachte. Diese<lb/> Vorschriften, welche selbstverständlich den „allgemeinen" — übrigens allgemein<lb/> in xiAxi nie anerkannten — „Regeln des Seerechtes" u. s. w. vorgehen,<lb/> verpflichteten den Kapitän Werner schlechterdings „sich jeder Parteinahme an<lb/> den inneren Kämpfen Spaniens zu enthalten". Werner ist also keineswegs<lb/> das Opfer politischer Erwägungen geworden. Der Kanzler hat auch nicht<lb/> „gewagt, in den auswärtigen Dienst einzugreifen", fondern die Admiralität<lb/> hat den Kapitän heimgeschickt. Für Artikel wie den citirten, für das Ver¬<lb/> halten des größten Theils der politischen Tagespresse in Deutschland, sind<lb/> diese einfachen Thatsachen überaus beschämend, geradezu vernichtend.</p><lb/> <p xml:id="ID_1722" next="#ID_1723"> Die namhaftesten Organe der deutschen Presse haben sich auch beeilt,<lb/> diesen klaren Gesichtspunkten Rechnung zu tragen. Die Augsburger Allg.<lb/> Zeitung, der man gewiß nicht den Vorwurf zu großer Connivenz gegen den<lb/> Kanzler machen wird, hatte von Anfang an das Verfahren des Kapitäns auch<lb/> vom politischen und völkerrechtlichen Standpunkt aus zu tadeln, und es war<lb/> hiernach eine dreiste Lüge gewisser Organe der Seestädte, wenn sie der amt¬<lb/> lichen Presse nur noch die Bundesgenossenschaft des „ Volksstaat" und des<lb/> „Neuen Socialdemocrat" vindicirten. Auch die Kölnische Zeitung suchte<lb/> nach der halbamtlichen Aufklärung nur noch Iiovoris (Ausg. ihre Auslegung<lb/> von Log.-uno und damit die völkerrechtliche Rechtfertigung des Werner'schen<lb/> Verfahrens zu behaupten. Und ein so völlig unabhängiges, in nationaler<lb/> wie liberaler Hinsicht so untadeliges Blatt wie die Magdeburger Zeitung<lb/> schrieb mit Rücksicht auf den allein durchschlagenden Gesichtspunkt der mili¬<lb/> tärischen Disciplin: „Für einen Offizier, sei es von der Armee oder von der<lb/> Marine, darf es keine andere Erwägung geben, als die militärische Disci¬<lb/> plin, die stritte Ausführung der ihm gewordenen Befehle; ein Offizier ist kein</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0523]
spielen und uns durch „größere europäische Leistungen" in zahllose internatio¬
nale Verwickelungen hineinziehen dürfe. Der Verfasser jenes Artikels mochte
doch vielleicht annähernd die Schwäche seiner politischen Position erkennen.
Er lenkt daher mit den scharfen Instinkten seiner politischen Spürkraft den
Leser schließlich auf eine andere Fährte und erklärt das Verhalten des Reichs¬
kanzlers also:
„Und wenn nicht Vieles trügt, so wurde zwar Kapitän Werner getroffen,
aber im Sinne lag ein anderer höherer Befehlshaber, der gerade jetzt aus der Fremde,
wo er seine Sache besonders gut gemacht hat, heimkehrt."
Vieles hat aber in der That getrogen, eigentlich Alles, was die Herren
für ausgemacht hielten. Nach dem halbamtlichen Artikel in Nro. 210 der
Nordd. Allg. Zeitung ist die Abberufung des Kapitän Werner lediglich er¬
folgt, weil er in Unfolgsamkeit gegen die militärische Disciplin, seine Segel¬
ordre und seine diplomatischen Jnstructionen den Vigilante aufbrachte. Diese
Vorschriften, welche selbstverständlich den „allgemeinen" — übrigens allgemein
in xiAxi nie anerkannten — „Regeln des Seerechtes" u. s. w. vorgehen,
verpflichteten den Kapitän Werner schlechterdings „sich jeder Parteinahme an
den inneren Kämpfen Spaniens zu enthalten". Werner ist also keineswegs
das Opfer politischer Erwägungen geworden. Der Kanzler hat auch nicht
„gewagt, in den auswärtigen Dienst einzugreifen", fondern die Admiralität
hat den Kapitän heimgeschickt. Für Artikel wie den citirten, für das Ver¬
halten des größten Theils der politischen Tagespresse in Deutschland, sind
diese einfachen Thatsachen überaus beschämend, geradezu vernichtend.
Die namhaftesten Organe der deutschen Presse haben sich auch beeilt,
diesen klaren Gesichtspunkten Rechnung zu tragen. Die Augsburger Allg.
Zeitung, der man gewiß nicht den Vorwurf zu großer Connivenz gegen den
Kanzler machen wird, hatte von Anfang an das Verfahren des Kapitäns auch
vom politischen und völkerrechtlichen Standpunkt aus zu tadeln, und es war
hiernach eine dreiste Lüge gewisser Organe der Seestädte, wenn sie der amt¬
lichen Presse nur noch die Bundesgenossenschaft des „ Volksstaat" und des
„Neuen Socialdemocrat" vindicirten. Auch die Kölnische Zeitung suchte
nach der halbamtlichen Aufklärung nur noch Iiovoris (Ausg. ihre Auslegung
von Log.-uno und damit die völkerrechtliche Rechtfertigung des Werner'schen
Verfahrens zu behaupten. Und ein so völlig unabhängiges, in nationaler
wie liberaler Hinsicht so untadeliges Blatt wie die Magdeburger Zeitung
schrieb mit Rücksicht auf den allein durchschlagenden Gesichtspunkt der mili¬
tärischen Disciplin: „Für einen Offizier, sei es von der Armee oder von der
Marine, darf es keine andere Erwägung geben, als die militärische Disci¬
plin, die stritte Ausführung der ihm gewordenen Befehle; ein Offizier ist kein
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