Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.ganze Fideicommiß reines Privateigenthum der hessischen Fürstenfamilie" sei; Jenes Gutachten ist inzwischen ohne Angabe des Namens des Ver¬ Grenzvoten III. 1873. 62
ganze Fideicommiß reines Privateigenthum der hessischen Fürstenfamilie" sei; Jenes Gutachten ist inzwischen ohne Angabe des Namens des Ver¬ Grenzvoten III. 1873. 62
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ganze Fideicommiß reines Privateigenthum der hessischen Fürstenfamilie" sei;
Preußen habe mit demselben gar nichts zu thun, als es während der Lebzeit
des Kurfürsten erhaltend zu verwalten. Die Verwaltungsbeamten wären nach
des letztern Tode allen Agnaten wie jedem einzelnen derselben verantwortlich
für die stattgehabte Ueberschreitung ihrer Befugnisse, indem sie die Substanz
des Fideicommisses wie rechtmäßiges freies Eigenthum zerrissen, verändert, ver¬
nichtet hätten. Die Hauptsache ist aber diese: Es tritt in der Auslassung zu
Tage, daß die Agnaten unter einander nicht einig sind. Der inserirende
Theil der Agnaten will das Fideicommiß keineswegs dem in ein solches nächst
Berechtigten allein zu Nutze kommen lassen, sondern es soll get heilt werden,
und keiner der Agnaten will bei dieser Theilung fehlen. Mit der Theilung
der Substanz hört aber natürlich das Fideicommiß auf. Landgraf Fried¬
rich von Hessen wird damit jedoch schwerlich einverstanden sein. Es heißt dort:
„Nach den Hausgesetzen soll der hessische Regent die Gesammtrevenuen zur
Repräsentation seines regierenden Fürstenhauses beziehen, aus¬
drücklich jedoch nur solange als derselbe allein regierender Herr sei und
nach dem Gesetze v. 27. Febr. 1831 soll der Regent ausdrücklich als Nutz¬
nießer des fürstl. Hess. Faun.-Fid.-Commisfes von dem Tage seines Regie¬
rungsantritts bis zu seinem Ableben sämmtliche Revenuen genießen.
Wenn daher keiner der Agnaten der Hess. Fürstenfamilie wieder den Hess.
Thron besteigt, so ist es doch wohl nach den Hausgesetzen und nach dem Ge¬
setze von 1831 klar und unzweifelhaft, daß ihm die Gesammtrevenuen nicht
zukommen, sondern daß er mit den anderen Agnaten nur gleiche
Ansprüche an demselben hat." Die erstere Schlußfolgerung ist richtig,
die zweite aber nicht. Wenn alle Agnaten gleichberechtigt sind, so liegt
eben kein Fideicommiß vor und ein solches ist es, wie schon obige gesperrte
Ausdrücke der Agnaten andeuten, nur zum Vortheil des regierenden hes¬
sischen Fürsten und zum Zweck von dessen Repräsentation als Regent, also
mit Rücksicht auf das von ihm zu repräsentirende hessische Land.
Jenes Gutachten ist inzwischen ohne Angabe des Namens des Ver¬
fassers zu Kassel im Drucke erschienen. Es enthält nichts Neues und
macht sich nur durch einen wunderbar schwerfälligen Stil in der Aneinan¬
derreihung der in Betracht kommenden Urkunden bemerklich. — In einem Inse¬
rate in der Beilage zu Ur. 232 der Augsb. Allg. Zeitung v. 20. August
1873 beanspruchen die Agnaten sogar die Fortzahlung der Hofdotationssumme
an sie nach dem Tode des Kurfürsten, weil diese eine Gegenleistung für die dem
Lande überlassenen Domänen bilde. Allein die Eigenschaft der letzteren als
Staatsvermögen war schon' 1765 durch Entscheidung des obersten Gerichtes
festgesetzt.
Grenzvoten III. 1873. 62
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