Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.Glasschränken ausgestellt sieht. Nachmittags findet weniger ernste Besichti¬ Die bei Weitem größeste Zahl der Ausstellung-Besucher sind Deutsche. Der Besuch der Ausstellung ist über alles Erwarten schwach. Die Ein¬ Glasschränken ausgestellt sieht. Nachmittags findet weniger ernste Besichti¬ Die bei Weitem größeste Zahl der Ausstellung-Besucher sind Deutsche. Der Besuch der Ausstellung ist über alles Erwarten schwach. Die Ein¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0362" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/193165"/> <p xml:id="ID_1252" prev="#ID_1251"> Glasschränken ausgestellt sieht. Nachmittags findet weniger ernste Besichti¬<lb/> gung statt. Die meisten sind ermüdet. Es herrscht eine allgemeine Bum¬<lb/> melei im Park zu den verschiedenen Pavillons, welche uns nicht besonders<lb/> interessiren, welche aber doch gesehen zu haben wir für unsere Pflicht halten.<lb/> Die meiste Anziehungskraft aber üben um diese Zeit die Cafe's, die Restau¬<lb/> rationen und die Musikchöre. Jeden Abend entwickelt sich das im Allgemei¬<lb/> nen gleiche, dem Einzelnen aber immer Abwechselung bringende stets ange¬<lb/> nehme Leben; man streicht mit seinen Freunden umher, macht neue interessante<lb/> Bekanntschaften, bespricht das, was man am Tage gesehen oder giebt sich<lb/> jenen Vergnügungen hin, welche den Geist weniger beschäftigen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1253"> Die bei Weitem größeste Zahl der Ausstellung-Besucher sind Deutsche.<lb/> Die deutsche Sprache ist durchaus vorherrschend. Und selten klingen die Laute<lb/> fremder Sprachen an unser Ohr. Daß in der französischen Abtheilung nur<lb/> Französisch, in der Italienischen viel Italienisch gesprochen wird, liegt daran,<lb/> daß viele Aussteller zugegen sind und auch die Aufseher meist der betreffenden<lb/> Landessprache mächtig sind. Von einem „großen internationalen Fest", das<lb/> in Wien gefeiert werden sollte, habe ich keine Spur finden können. Nur die<lb/> Orientalen, meist in sehr eleganter europäischer Kleidung, jedoch an ihrem<lb/> rothen Fez schon von Weitem kenntlich, scheinen stark vertreten zu sein, was<lb/> seinen Grund darin hat, daß Wien schon immer zum Orient in mannigfacher<lb/> inniger Beziehung gestanden hat, in Wien stets viele Orientalen sich auf¬<lb/> halten und deshalb auch diese Ausstellung von den Orientalen besser und<lb/> reicher beschickt worden ist, als irgend eine frühere Weltausstellung.</p><lb/> <p xml:id="ID_1254" next="#ID_1255"> Der Besuch der Ausstellung ist über alles Erwarten schwach. Die Ein¬<lb/> nahmen sind in Folge dessen verhältnißmäßig sehr gering, reichen kaum hin,<lb/> um die laufenden Tageskosten, geschweige denn die kolossalen Kosten der Her¬<lb/> stellung des Ganzen zu decken. Oesterreich ist auf ein sehr bedeutendes De¬<lb/> ficit völlig gefaßt. Wenn die officiellen Berichte im Monat Juli auch durch¬<lb/> schnittlich täglich 30—S0.000 Personen als in den Ausstellungs-Raum einge¬<lb/> treten angaben, fo sind diese Zahlen doch nicht ganz richtig, weil alle Arbeiter<lb/> Aufseher, Beamte, Aussteller und alle jene Besucher, welche freien Eintritt<lb/> haben, oder mit Saisonkarten versehen sind, oft zwei oder dreimal das Dreh¬<lb/> kreuz Passiren, also oft doppelt oder dreifach gezählt werden. Die Zahl der¬<lb/> jenigen, welche den Eintrittspreis, welcher für Wiener Verhältnisse überaus<lb/> sehr mäßig ist, wirklich zahlen, ist stets weit geringer. — Diese alle Er¬<lb/> wartung täuschende, sehr geringe Frequenz der Ausstellung hat seinen Grund<lb/> in dem Zusammentreffen mehrerer ungünstigen Umstände, so daß man sagen<lb/> muß, diese Ausstellung hat entschieden Unglück. Zu solchen ungünstigen Um¬<lb/> ständen rechne ich den unfertigen Zustand am Tage der Eröffnung und noch<lb/> viele Wochen nachher das vorwiegend schlechte Wetter während der Monate</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0362]
Glasschränken ausgestellt sieht. Nachmittags findet weniger ernste Besichti¬
gung statt. Die meisten sind ermüdet. Es herrscht eine allgemeine Bum¬
melei im Park zu den verschiedenen Pavillons, welche uns nicht besonders
interessiren, welche aber doch gesehen zu haben wir für unsere Pflicht halten.
Die meiste Anziehungskraft aber üben um diese Zeit die Cafe's, die Restau¬
rationen und die Musikchöre. Jeden Abend entwickelt sich das im Allgemei¬
nen gleiche, dem Einzelnen aber immer Abwechselung bringende stets ange¬
nehme Leben; man streicht mit seinen Freunden umher, macht neue interessante
Bekanntschaften, bespricht das, was man am Tage gesehen oder giebt sich
jenen Vergnügungen hin, welche den Geist weniger beschäftigen.
Die bei Weitem größeste Zahl der Ausstellung-Besucher sind Deutsche.
Die deutsche Sprache ist durchaus vorherrschend. Und selten klingen die Laute
fremder Sprachen an unser Ohr. Daß in der französischen Abtheilung nur
Französisch, in der Italienischen viel Italienisch gesprochen wird, liegt daran,
daß viele Aussteller zugegen sind und auch die Aufseher meist der betreffenden
Landessprache mächtig sind. Von einem „großen internationalen Fest", das
in Wien gefeiert werden sollte, habe ich keine Spur finden können. Nur die
Orientalen, meist in sehr eleganter europäischer Kleidung, jedoch an ihrem
rothen Fez schon von Weitem kenntlich, scheinen stark vertreten zu sein, was
seinen Grund darin hat, daß Wien schon immer zum Orient in mannigfacher
inniger Beziehung gestanden hat, in Wien stets viele Orientalen sich auf¬
halten und deshalb auch diese Ausstellung von den Orientalen besser und
reicher beschickt worden ist, als irgend eine frühere Weltausstellung.
Der Besuch der Ausstellung ist über alles Erwarten schwach. Die Ein¬
nahmen sind in Folge dessen verhältnißmäßig sehr gering, reichen kaum hin,
um die laufenden Tageskosten, geschweige denn die kolossalen Kosten der Her¬
stellung des Ganzen zu decken. Oesterreich ist auf ein sehr bedeutendes De¬
ficit völlig gefaßt. Wenn die officiellen Berichte im Monat Juli auch durch¬
schnittlich täglich 30—S0.000 Personen als in den Ausstellungs-Raum einge¬
treten angaben, fo sind diese Zahlen doch nicht ganz richtig, weil alle Arbeiter
Aufseher, Beamte, Aussteller und alle jene Besucher, welche freien Eintritt
haben, oder mit Saisonkarten versehen sind, oft zwei oder dreimal das Dreh¬
kreuz Passiren, also oft doppelt oder dreifach gezählt werden. Die Zahl der¬
jenigen, welche den Eintrittspreis, welcher für Wiener Verhältnisse überaus
sehr mäßig ist, wirklich zahlen, ist stets weit geringer. — Diese alle Er¬
wartung täuschende, sehr geringe Frequenz der Ausstellung hat seinen Grund
in dem Zusammentreffen mehrerer ungünstigen Umstände, so daß man sagen
muß, diese Ausstellung hat entschieden Unglück. Zu solchen ungünstigen Um¬
ständen rechne ich den unfertigen Zustand am Tage der Eröffnung und noch
viele Wochen nachher das vorwiegend schlechte Wetter während der Monate
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