Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.stimmten, überflüssig, soweit sie von derselben abwichen, ein unzweckmäßiger "Ein nur muthmaßlichcr und möglicher Schaden für Andere -- sagt John Da die Bedürfnisse der Einzelnen verschieden sind, so müssen auch die "Ferner soll niemand, eigenem Gefallen nach, sich Silber-Waral viel oder Es entspricht dem natürlichen Gange wirthschaftlicher Entwickelung, wenn stimmten, überflüssig, soweit sie von derselben abwichen, ein unzweckmäßiger „Ein nur muthmaßlichcr und möglicher Schaden für Andere — sagt John Da die Bedürfnisse der Einzelnen verschieden sind, so müssen auch die „Ferner soll niemand, eigenem Gefallen nach, sich Silber-Waral viel oder Es entspricht dem natürlichen Gange wirthschaftlicher Entwickelung, wenn <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0347" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/193150"/> <p xml:id="ID_1189" prev="#ID_1188"> stimmten, überflüssig, soweit sie von derselben abwichen, ein unzweckmäßiger<lb/> Zwang, der sich namentlich durch beschränkte Ausfuhr rächte.</p><lb/> <quote> „Ein nur muthmaßlichcr und möglicher Schaden für Andere — sagt John<lb/> Stuart Mill — genügt noch nicht, einen Eingriff des Gesetzes in die persönliche Frei¬<lb/> heit zu rechtfertigen. Gehindert zu sein, so zu handeln, wie man geneigt ist oder<lb/> nicht nach eigenem Ermessen thun zu dürfen, was man für wünschenswerth erachtet,<lb/> ist nicht blos ärgerlich, sondern trägt auch immer dazu bei, mehr oder weniger die<lb/> Entwickelung eines Theiles der geistigen oder körperlichen Fähigkeiten, des<lb/> Empfindungsvermögens oder der Thatkraft zu verkümmern, und wofern nicht<lb/> das Gewissen des Betreffenden aus freien Stücken dem gesetzlichen Zwange<lb/> zustimmt, so erleidet es mehr oder weniger die Erniedrigung der Sklaverei, Es kann<lb/> kaum irgend ein Grad von Nützlichkeit, sondern nur die äußerste Nothwendigkeit eine<lb/> Verbotsmaßregel rechtfertigen, es sei denn, daß sie durch das allgemeine Bewußtsein<lb/> gebilligt werde und alle Wohlgesinnten entweder schon glauben, oder sich doch über¬<lb/> zeugen lassen, daß die verbotene Sache von ihnen gewünscht werden solle."</quote><lb/> <p xml:id="ID_1190"> Da die Bedürfnisse der Einzelnen verschieden sind, so müssen auch die<lb/> Gewerbe, welche der Befriedigung dieser Bedürfnisse dienen, frei von jeder<lb/> Beschränkung sein, die den natürlichen Anforderungen des Publikums irgend<lb/> welchen Zwang auferlegen. Wir finden eine Gesetzgebung unnatürlich, welche<lb/> in der Meinung, den Unerfahrenen oder Leichtsinnigen zu schützen, auch dem<lb/> Erfahrenen und Besonnenen die hemmendsten Fesseln anlegt. So. wenn<lb/> das formell noch gültige Sächsische Mandat vom 18. Februar 1701 vor¬<lb/> schreibt:</p><lb/> <quote> „Ferner soll niemand, eigenem Gefallen nach, sich Silber-Waral viel oder<lb/> wenig, groß oder klein, in geringerer Probe (als 12 kolbig) machen zu lassen, frei<lb/> stehen; Jnmassen allen Gold-Schmieden und anderen Arbeitern in Silber, hierunter<lb/> Jemanden, wer der auch seye, zu willen zu leben, hiermit ernstlich verbothen wird, mit<lb/> der Verwarnung, daß, so offt Hierwider gehandelt wird, der Eigene h um b s - H err<lb/> Welcher das Silber arbeiten lassen, mit dessen Confiscation, der<lb/> Arbeiter aber mit abgesetzter Poen (Fünfzig Gold-Gülden) beleget<lb/> werden soll."</quote><lb/> <p xml:id="ID_1191" next="#ID_1192"> Es entspricht dem natürlichen Gange wirthschaftlicher Entwickelung, wenn<lb/> die niederen Volksklassen in der Erweiterung des Gebrauchs von Silberge-<lb/> räthen derart fortschreiten, daß sie zunächst geringhaltige Legirungen anschaffen<lb/> und allmählich zu besseren aufsteigen. Ein gesetzlicher Legirungszwang, mag<lb/> er nun in der Festsetzung verschiedener bestimmter Feingehalte oder in der<lb/> Anordnung eines Minimalfeingehaltes schlechthin bestehen, wird diesen natür¬<lb/> lichen Entwicklungsgang zumeist unterbrechen und das auf geringhaltige Sil¬<lb/> bersachen reflectirende Publikum zwingen, mit der Anschaffung so lange zu<lb/> warten, bis es im Stande ist, die Kosten der gesetzlichen Feingehaltsnummer<lb/> zu tragen. Eine solche Beschränkung hemmt somit Producenten und Con-<lb/> sumenten in gleichem Maße. Sehr schwierig wird es für die Gesetzgebung</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0347]
stimmten, überflüssig, soweit sie von derselben abwichen, ein unzweckmäßiger
Zwang, der sich namentlich durch beschränkte Ausfuhr rächte.
„Ein nur muthmaßlichcr und möglicher Schaden für Andere — sagt John
Stuart Mill — genügt noch nicht, einen Eingriff des Gesetzes in die persönliche Frei¬
heit zu rechtfertigen. Gehindert zu sein, so zu handeln, wie man geneigt ist oder
nicht nach eigenem Ermessen thun zu dürfen, was man für wünschenswerth erachtet,
ist nicht blos ärgerlich, sondern trägt auch immer dazu bei, mehr oder weniger die
Entwickelung eines Theiles der geistigen oder körperlichen Fähigkeiten, des
Empfindungsvermögens oder der Thatkraft zu verkümmern, und wofern nicht
das Gewissen des Betreffenden aus freien Stücken dem gesetzlichen Zwange
zustimmt, so erleidet es mehr oder weniger die Erniedrigung der Sklaverei, Es kann
kaum irgend ein Grad von Nützlichkeit, sondern nur die äußerste Nothwendigkeit eine
Verbotsmaßregel rechtfertigen, es sei denn, daß sie durch das allgemeine Bewußtsein
gebilligt werde und alle Wohlgesinnten entweder schon glauben, oder sich doch über¬
zeugen lassen, daß die verbotene Sache von ihnen gewünscht werden solle."
Da die Bedürfnisse der Einzelnen verschieden sind, so müssen auch die
Gewerbe, welche der Befriedigung dieser Bedürfnisse dienen, frei von jeder
Beschränkung sein, die den natürlichen Anforderungen des Publikums irgend
welchen Zwang auferlegen. Wir finden eine Gesetzgebung unnatürlich, welche
in der Meinung, den Unerfahrenen oder Leichtsinnigen zu schützen, auch dem
Erfahrenen und Besonnenen die hemmendsten Fesseln anlegt. So. wenn
das formell noch gültige Sächsische Mandat vom 18. Februar 1701 vor¬
schreibt:
„Ferner soll niemand, eigenem Gefallen nach, sich Silber-Waral viel oder
wenig, groß oder klein, in geringerer Probe (als 12 kolbig) machen zu lassen, frei
stehen; Jnmassen allen Gold-Schmieden und anderen Arbeitern in Silber, hierunter
Jemanden, wer der auch seye, zu willen zu leben, hiermit ernstlich verbothen wird, mit
der Verwarnung, daß, so offt Hierwider gehandelt wird, der Eigene h um b s - H err
Welcher das Silber arbeiten lassen, mit dessen Confiscation, der
Arbeiter aber mit abgesetzter Poen (Fünfzig Gold-Gülden) beleget
werden soll."
Es entspricht dem natürlichen Gange wirthschaftlicher Entwickelung, wenn
die niederen Volksklassen in der Erweiterung des Gebrauchs von Silberge-
räthen derart fortschreiten, daß sie zunächst geringhaltige Legirungen anschaffen
und allmählich zu besseren aufsteigen. Ein gesetzlicher Legirungszwang, mag
er nun in der Festsetzung verschiedener bestimmter Feingehalte oder in der
Anordnung eines Minimalfeingehaltes schlechthin bestehen, wird diesen natür¬
lichen Entwicklungsgang zumeist unterbrechen und das auf geringhaltige Sil¬
bersachen reflectirende Publikum zwingen, mit der Anschaffung so lange zu
warten, bis es im Stande ist, die Kosten der gesetzlichen Feingehaltsnummer
zu tragen. Eine solche Beschränkung hemmt somit Producenten und Con-
sumenten in gleichem Maße. Sehr schwierig wird es für die Gesetzgebung
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