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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.

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Reihenfolge vor, indem Carl August den Reigen eröffnete und seinen prächtigen
türkischen Schimmel vor der Herzogin leviren ließ. Es war ein Schauspiel
ohne Gleichen; -- das als höchst gelungen von den Mitlebenden bezeichnet
wurde, wobei man übrigens die Bemerkung machte, daß die Umgebung des
eingebildeten Kranken, welche bis auf den Herrn v. Hendrich aus lauter
Oberforstmeistern bestand, doch nicht ganz ihre Pflicht gethan hatte, weil sie
mehr auf eigne Stärkung, als auf die des Patienten bedacht war, dem von
Zeit zu Zeit in kleinen Dosen ein labender Wein verabreicht werden sollte.

Auch das wenige Tage darauf, am 16. März, folgende Fest der Loge
Amalia für den Kirchgang der Herzogin Louise, welches im Fürstenhause
stattfand, ist insofern für unsere Literatur bedeutsam, als vielleicht unter den
zu dieser Festlichkeit erschienenen Gedichten bis jetzt verborgene Goethiana
stecken mögen, deren Prüfung wir wenigstens hiermit angeregt haben wollen.
Es sind die in Dornberger's Sammlung gedruckten Gedichte, die ebenfalls in
Einzeldrucken auf Kosten des Herzogs Carl August erschienen") und schon
dieses Moment läßt eine Theilnahme Goethe's vermuthen.

Als eine der letzten Aufführungen des Liebhabertheaters muß in Mangel
der Quellen die Comödie Zobels gelten, welche am 21. März 1783 gegeben
wurde und an deren Aufführung sich Corona Schröter, v. Wedel, Geh. Re-
gierungsrath v. Scharbe, v. Einsiedel, v. Mandelslohe, Bertuch, Musäus,
Seidler, Bohne und Hofadvocat Grüner betheiligten. Wahrscheinlich
spielte man auch im Herbst und Winter weiter; doch waren schon da Unter¬
handlungen mit der Belloneo'schen Truppe im Gange, welche mit dem Be¬
ginn 1784 in Weimar ihre Wirksamkeit begann und natürlich das Liebhaber¬
theater verdrängte.

Damit beginnt eine neue Epoche im Theaterleben Weimars, der von
anderer Seite eine eingehende wenn auch keine erschöpfende Darstellung ge¬
widmet worden ist. Auch diese Periode verdient, insofern es sich um die
Thätigkeit und den Einfluß Goethe's handelt, eine besondere Aufmerksamkeit,
und einem guten Biographen Goethe's wenigstens dürfte sich bei eingehender
Forschung noch manches beachtenswerthe Moment ergeben. --





-) Nämlich Seite 99--110. Der Grus, der Loge Amalia erschien in 100 Exemplaren in
Quart; die Lieder am 1ö. März auf '/z Bogen in 20V Exemplare".

Reihenfolge vor, indem Carl August den Reigen eröffnete und seinen prächtigen
türkischen Schimmel vor der Herzogin leviren ließ. Es war ein Schauspiel
ohne Gleichen; — das als höchst gelungen von den Mitlebenden bezeichnet
wurde, wobei man übrigens die Bemerkung machte, daß die Umgebung des
eingebildeten Kranken, welche bis auf den Herrn v. Hendrich aus lauter
Oberforstmeistern bestand, doch nicht ganz ihre Pflicht gethan hatte, weil sie
mehr auf eigne Stärkung, als auf die des Patienten bedacht war, dem von
Zeit zu Zeit in kleinen Dosen ein labender Wein verabreicht werden sollte.

Auch das wenige Tage darauf, am 16. März, folgende Fest der Loge
Amalia für den Kirchgang der Herzogin Louise, welches im Fürstenhause
stattfand, ist insofern für unsere Literatur bedeutsam, als vielleicht unter den
zu dieser Festlichkeit erschienenen Gedichten bis jetzt verborgene Goethiana
stecken mögen, deren Prüfung wir wenigstens hiermit angeregt haben wollen.
Es sind die in Dornberger's Sammlung gedruckten Gedichte, die ebenfalls in
Einzeldrucken auf Kosten des Herzogs Carl August erschienen") und schon
dieses Moment läßt eine Theilnahme Goethe's vermuthen.

Als eine der letzten Aufführungen des Liebhabertheaters muß in Mangel
der Quellen die Comödie Zobels gelten, welche am 21. März 1783 gegeben
wurde und an deren Aufführung sich Corona Schröter, v. Wedel, Geh. Re-
gierungsrath v. Scharbe, v. Einsiedel, v. Mandelslohe, Bertuch, Musäus,
Seidler, Bohne und Hofadvocat Grüner betheiligten. Wahrscheinlich
spielte man auch im Herbst und Winter weiter; doch waren schon da Unter¬
handlungen mit der Belloneo'schen Truppe im Gange, welche mit dem Be¬
ginn 1784 in Weimar ihre Wirksamkeit begann und natürlich das Liebhaber¬
theater verdrängte.

Damit beginnt eine neue Epoche im Theaterleben Weimars, der von
anderer Seite eine eingehende wenn auch keine erschöpfende Darstellung ge¬
widmet worden ist. Auch diese Periode verdient, insofern es sich um die
Thätigkeit und den Einfluß Goethe's handelt, eine besondere Aufmerksamkeit,
und einem guten Biographen Goethe's wenigstens dürfte sich bei eingehender
Forschung noch manches beachtenswerthe Moment ergeben. —





-) Nämlich Seite 99—110. Der Grus, der Loge Amalia erschien in 100 Exemplaren in
Quart; die Lieder am 1ö. März auf '/z Bogen in 20V Exemplare».
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_192802/32>, abgerufen am 05.02.2025.