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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.

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gen wird das, u>as man damals schuf, wenn auch in etwas verwischter Form
noch heute klar vor die Seele treten.

So haben wir eine ganze Reihe von Schöpfungen zu verzeichnen, welche
dem Jahre 1777 zuzuschreiben sind, wo der theaterlustige Hof in dem nahen
Ettersburg zum ersten Male festeres Standquartier nahm und in noch unge¬
störterer Weise sich dem Genusse hingeben konnte, als es in Weimar selbst
möglich war. Dem April 1777 verdankt man die Herstellung der sternförmig
auseinanderlaufenden Alleen, die Anlegung von Waldriesen, die Erbauung
einer Einsiedelei, bei der in der Regel der Kaffee eingenommen wurde. Im
Juni und Juli fand der Bau eines Lusthauses auf der schöne Fernsicht ge¬
währenden Hottelstädter Ecke statt, hier entstand eine Nasenhütte, dort eine
Kegelbahn, einzelne mächtige Bäume erhielten Altane mitten in die Aeste ge¬
baut und neben all diesen arbeitete man schon im Angust an einem Natur¬
theater, bis im November im Saale des Schlosses ebenfalls eine kleine
Bühne aufgebaut wurde.

Es leidet keinen Zweifel, daß schon im Sommer bis spät in das Jahr
hiiu'in in Ettersburg theatralische Aufführungen stattfanden, obwohl die
Quellen nur kärgliche Anhaltepunkte darbieten. Jedenfalls gab man Schat¬
tenspiele und im December 1777 Scenen, welche dem Jahrmarkte von
P iundersweilen angehören, wie man aus der Anfertigung einzelner Re¬
quisiten mit Sicherheit schließen darf. Aber immerhin bleibt Weimar selbst
noch der Schauplatz theatralischer Thätigkeit. Man spielte hier vom Novem¬
ber 1777 an wieder regelmäßig. Musäus hatte schon im September eine
Reihe von Theaterstücken von der Ettingerschen Buchhandlung in Gotha ver¬
schrieben, da ja Weimar damals noch nicht einmal eine leidliche Buchhand¬
lung hatte, und wir wissen aus seinen eigenhändigen Aufzeichnungen, daß
er im November durch Ausschreiben der Rollen "die sehende Blinde",
Anfang December "die glücklichen Bettler" vorbereitete, während man
im Beginn der Saison nur bereits aufgeführte Stücke wiederholte. Dahin
gehört die Gastwirt hin (26. Nov.), das Milchmädchen (Anfang De¬
cember), der Vormund am 16. Dec., der Spieler am 23. Dec., und
am 30. December wurden auch Goethe's Mitschuldige wiederholt.") Als
nen aufgeführt darf "Geschwind ehe man's erfährt (6. Jan. 1778)
gelten, während man im Anfang Januar den "poetischen Landjunker"
vorbereitete, und am 7. Januar bereits der berühmte Eckhof aus Gotha an¬
fügte, um am 13. Januar in dem schon früher aufgeführten Westindier



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gen wird das, u>as man damals schuf, wenn auch in etwas verwischter Form
noch heute klar vor die Seele treten.

So haben wir eine ganze Reihe von Schöpfungen zu verzeichnen, welche
dem Jahre 1777 zuzuschreiben sind, wo der theaterlustige Hof in dem nahen
Ettersburg zum ersten Male festeres Standquartier nahm und in noch unge¬
störterer Weise sich dem Genusse hingeben konnte, als es in Weimar selbst
möglich war. Dem April 1777 verdankt man die Herstellung der sternförmig
auseinanderlaufenden Alleen, die Anlegung von Waldriesen, die Erbauung
einer Einsiedelei, bei der in der Regel der Kaffee eingenommen wurde. Im
Juni und Juli fand der Bau eines Lusthauses auf der schöne Fernsicht ge¬
währenden Hottelstädter Ecke statt, hier entstand eine Nasenhütte, dort eine
Kegelbahn, einzelne mächtige Bäume erhielten Altane mitten in die Aeste ge¬
baut und neben all diesen arbeitete man schon im Angust an einem Natur¬
theater, bis im November im Saale des Schlosses ebenfalls eine kleine
Bühne aufgebaut wurde.

Es leidet keinen Zweifel, daß schon im Sommer bis spät in das Jahr
hiiu'in in Ettersburg theatralische Aufführungen stattfanden, obwohl die
Quellen nur kärgliche Anhaltepunkte darbieten. Jedenfalls gab man Schat¬
tenspiele und im December 1777 Scenen, welche dem Jahrmarkte von
P iundersweilen angehören, wie man aus der Anfertigung einzelner Re¬
quisiten mit Sicherheit schließen darf. Aber immerhin bleibt Weimar selbst
noch der Schauplatz theatralischer Thätigkeit. Man spielte hier vom Novem¬
ber 1777 an wieder regelmäßig. Musäus hatte schon im September eine
Reihe von Theaterstücken von der Ettingerschen Buchhandlung in Gotha ver¬
schrieben, da ja Weimar damals noch nicht einmal eine leidliche Buchhand¬
lung hatte, und wir wissen aus seinen eigenhändigen Aufzeichnungen, daß
er im November durch Ausschreiben der Rollen „die sehende Blinde",
Anfang December „die glücklichen Bettler" vorbereitete, während man
im Beginn der Saison nur bereits aufgeführte Stücke wiederholte. Dahin
gehört die Gastwirt hin (26. Nov.), das Milchmädchen (Anfang De¬
cember), der Vormund am 16. Dec., der Spieler am 23. Dec., und
am 30. December wurden auch Goethe's Mitschuldige wiederholt.") Als
nen aufgeführt darf „Geschwind ehe man's erfährt (6. Jan. 1778)
gelten, während man im Anfang Januar den „poetischen Landjunker"
vorbereitete, und am 7. Januar bereits der berühmte Eckhof aus Gotha an¬
fügte, um am 13. Januar in dem schon früher aufgeführten Westindier



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[0017] gen wird das, u>as man damals schuf, wenn auch in etwas verwischter Form noch heute klar vor die Seele treten. So haben wir eine ganze Reihe von Schöpfungen zu verzeichnen, welche dem Jahre 1777 zuzuschreiben sind, wo der theaterlustige Hof in dem nahen Ettersburg zum ersten Male festeres Standquartier nahm und in noch unge¬ störterer Weise sich dem Genusse hingeben konnte, als es in Weimar selbst möglich war. Dem April 1777 verdankt man die Herstellung der sternförmig auseinanderlaufenden Alleen, die Anlegung von Waldriesen, die Erbauung einer Einsiedelei, bei der in der Regel der Kaffee eingenommen wurde. Im Juni und Juli fand der Bau eines Lusthauses auf der schöne Fernsicht ge¬ währenden Hottelstädter Ecke statt, hier entstand eine Nasenhütte, dort eine Kegelbahn, einzelne mächtige Bäume erhielten Altane mitten in die Aeste ge¬ baut und neben all diesen arbeitete man schon im Angust an einem Natur¬ theater, bis im November im Saale des Schlosses ebenfalls eine kleine Bühne aufgebaut wurde. Es leidet keinen Zweifel, daß schon im Sommer bis spät in das Jahr hiiu'in in Ettersburg theatralische Aufführungen stattfanden, obwohl die Quellen nur kärgliche Anhaltepunkte darbieten. Jedenfalls gab man Schat¬ tenspiele und im December 1777 Scenen, welche dem Jahrmarkte von P iundersweilen angehören, wie man aus der Anfertigung einzelner Re¬ quisiten mit Sicherheit schließen darf. Aber immerhin bleibt Weimar selbst noch der Schauplatz theatralischer Thätigkeit. Man spielte hier vom Novem¬ ber 1777 an wieder regelmäßig. Musäus hatte schon im September eine Reihe von Theaterstücken von der Ettingerschen Buchhandlung in Gotha ver¬ schrieben, da ja Weimar damals noch nicht einmal eine leidliche Buchhand¬ lung hatte, und wir wissen aus seinen eigenhändigen Aufzeichnungen, daß er im November durch Ausschreiben der Rollen „die sehende Blinde", Anfang December „die glücklichen Bettler" vorbereitete, während man im Beginn der Saison nur bereits aufgeführte Stücke wiederholte. Dahin gehört die Gastwirt hin (26. Nov.), das Milchmädchen (Anfang De¬ cember), der Vormund am 16. Dec., der Spieler am 23. Dec., und am 30. December wurden auch Goethe's Mitschuldige wiederholt.") Als nen aufgeführt darf „Geschwind ehe man's erfährt (6. Jan. 1778) gelten, während man im Anfang Januar den „poetischen Landjunker" vorbereitete, und am 7. Januar bereits der berühmte Eckhof aus Gotha an¬ fügte, um am 13. Januar in dem schon früher aufgeführten Westindier > in«i als Alccst aus. (Den'hev 1, 5.1,> Grcnzlwlcn III. >87ü.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_192802/17>, abgerufen am 05.02.2025.