Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.anfänglichen Fremdheit, aus einem Schein von Antipathie hervor. Der I Otbolln's vignM in in" minni. Und wie hinreißend innig ist in der Sterbescene ihre Antwort auf Denk Deiner Sünde! Und die Lüge im Tode, durch die sie ihren Mörder zu retten versucht; darin Cmuim'lui ML l" Kind loial! Gervinus geh't anfänglich so weit, daß er als "den Sinn und die Seele" Hier, wie^rü^ideren Stellen ist es A. W. Schlegel gelungen, den Ausdruck des Ori-
girmls zu übertreffen; so in den Worten der Desdemona- "Das ich den Mohren Rede, um ihm zu leben." (to Apo viel Kien). anfänglichen Fremdheit, aus einem Schein von Antipathie hervor. Der I Otbolln's vignM in in« minni. Und wie hinreißend innig ist in der Sterbescene ihre Antwort auf Denk Deiner Sünde! Und die Lüge im Tode, durch die sie ihren Mörder zu retten versucht; darin Cmuim'lui ML l« Kind loial! Gervinus geh't anfänglich so weit, daß er als „den Sinn und die Seele" Hier, wie^rü^ideren Stellen ist es A. W. Schlegel gelungen, den Ausdruck des Ori-
girmls zu übertreffen; so in den Worten der Desdemona- „Das ich den Mohren Rede, um ihm zu leben." (to Apo viel Kien). <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0133" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192936"/> <p xml:id="ID_398" prev="#ID_397"> anfänglichen Fremdheit, aus einem Schein von Antipathie hervor. Der<lb/> Freund muß Othello gegen allerlei Ausstellungen in Schutz nehmen, welche<lb/> das Mädchen an ihm macht, vielleicht nur, um ihn mit geheimem Entzücken<lb/> lebhaft vertheidigen zu hören. An ihm reizte doch auch wieder das fremd-<lb/> artige Wesen, das den Frauen zu gefallen pflegt, weil es ihre Phantasie be¬<lb/> schäftigt; sein Ruhm, und daß er ein großer Krieger ist, — daß er<lb/> einsam ist, mit einem offnen Kinderherzen, und bei aller Größe ein Paria.<lb/> So flößt er ihr zugleich Scheu, Interesse, Bewunderung und Mitleid<lb/> ein. Für Othello's Physische Mängel ist Desdemona nicht blind; aber<lb/> was sie unauflöslich an ihn kettet, der tiefe Grund der Liebe, die beide<lb/> verband, das ist, daß Beide ein warmes, schlichtes, treues Herz haben.<lb/> Beides, daß sie ihn nicht schön findet und daß sie seinen Werth fühlt,<lb/> drückt sie mit rührender Einfachheit in den Worten aus:</p><lb/> <quote> I Otbolln's vignM in in« minni.</quote><lb/> <p xml:id="ID_399" next="#ID_400"> Und wie hinreißend innig ist in der Sterbescene ihre Antwort auf<lb/> Othello's Wort:</p><lb/> <quote> Denk Deiner Sünde!<lb/> Desdemona.<lb/> Das ist zu Dir die Herzensliebe.")</quote><lb/> <p xml:id="ID_400" prev="#ID_399"> Und die Lüge im Tode, durch die sie ihren Mörder zu retten versucht; darin<lb/> wieder die bescheidene, demüthige Hingebung:</p><lb/> <quote> Cmuim'lui ML l« Kind loial!</quote><lb/> <p xml:id="ID_401" next="#ID_402"> Gervinus geh't anfänglich so weit, daß er als „den Sinn und die Seele"<lb/> unseres Dramas die „prosaischen Wahrheiten" bezeichnet, die in der italienischen<lb/> Novelle des Giraldi Cinthio Desdemona „in folgenden glatten Worten" nieder¬<lb/> legt: „Ich fürchte, daß ich jungen Mädchen noch zur Warnung dienen muß,<lb/> sich nicht wider den Willen ihrer Eltern zu verheirathen, und daß eine Ita¬<lb/> lienerin sich nicht mit einem Manne verbinden sollte, dem Natur, Himmel<lb/> und Lebensweise ihr völlig entfremdet." Also das Trennende der Abstammung<lb/> über die gemeinsame Menschlichkeit gestellt! Diese „Wahrheiten", behauptet<lb/> Gervinus. „springen aus Shakespeare's Trauerspiel .... entgegen"; natür¬<lb/> lich „verklärt in glänzender Poesie und gegründet auf die tiefsten Lebenser¬<lb/> fahrungen." „Wir aber in unserer Zeit haben für die erstere dieser Wahr¬<lb/> heiten nicht den lebendigen Sinn, wir schlagen die Auflehnung Othello's und<lb/> Desdemona's gegen das Recht der Familie nicht so hoch an, wie es der<lb/> Dichter und seine Zeit that. Ob ... . wir Recht haben oder der Dichter,<lb/> wer will es unterscheiden! Es wird uns . . zu empfehlen sein, in unserem</p><lb/> <note xml:id="FID_84" place="foot"> Hier, wie^rü^ideren Stellen ist es A. W. Schlegel gelungen, den Ausdruck des Ori-<lb/> girmls zu übertreffen; so in den Worten der Desdemona- „Das ich den Mohren Rede, um<lb/> ihm zu leben." (to Apo viel Kien).</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0133]
anfänglichen Fremdheit, aus einem Schein von Antipathie hervor. Der
Freund muß Othello gegen allerlei Ausstellungen in Schutz nehmen, welche
das Mädchen an ihm macht, vielleicht nur, um ihn mit geheimem Entzücken
lebhaft vertheidigen zu hören. An ihm reizte doch auch wieder das fremd-
artige Wesen, das den Frauen zu gefallen pflegt, weil es ihre Phantasie be¬
schäftigt; sein Ruhm, und daß er ein großer Krieger ist, — daß er
einsam ist, mit einem offnen Kinderherzen, und bei aller Größe ein Paria.
So flößt er ihr zugleich Scheu, Interesse, Bewunderung und Mitleid
ein. Für Othello's Physische Mängel ist Desdemona nicht blind; aber
was sie unauflöslich an ihn kettet, der tiefe Grund der Liebe, die beide
verband, das ist, daß Beide ein warmes, schlichtes, treues Herz haben.
Beides, daß sie ihn nicht schön findet und daß sie seinen Werth fühlt,
drückt sie mit rührender Einfachheit in den Worten aus:
I Otbolln's vignM in in« minni.
Und wie hinreißend innig ist in der Sterbescene ihre Antwort auf
Othello's Wort:
Denk Deiner Sünde!
Desdemona.
Das ist zu Dir die Herzensliebe.")
Und die Lüge im Tode, durch die sie ihren Mörder zu retten versucht; darin
wieder die bescheidene, demüthige Hingebung:
Cmuim'lui ML l« Kind loial!
Gervinus geh't anfänglich so weit, daß er als „den Sinn und die Seele"
unseres Dramas die „prosaischen Wahrheiten" bezeichnet, die in der italienischen
Novelle des Giraldi Cinthio Desdemona „in folgenden glatten Worten" nieder¬
legt: „Ich fürchte, daß ich jungen Mädchen noch zur Warnung dienen muß,
sich nicht wider den Willen ihrer Eltern zu verheirathen, und daß eine Ita¬
lienerin sich nicht mit einem Manne verbinden sollte, dem Natur, Himmel
und Lebensweise ihr völlig entfremdet." Also das Trennende der Abstammung
über die gemeinsame Menschlichkeit gestellt! Diese „Wahrheiten", behauptet
Gervinus. „springen aus Shakespeare's Trauerspiel .... entgegen"; natür¬
lich „verklärt in glänzender Poesie und gegründet auf die tiefsten Lebenser¬
fahrungen." „Wir aber in unserer Zeit haben für die erstere dieser Wahr¬
heiten nicht den lebendigen Sinn, wir schlagen die Auflehnung Othello's und
Desdemona's gegen das Recht der Familie nicht so hoch an, wie es der
Dichter und seine Zeit that. Ob ... . wir Recht haben oder der Dichter,
wer will es unterscheiden! Es wird uns . . zu empfehlen sein, in unserem
Hier, wie^rü^ideren Stellen ist es A. W. Schlegel gelungen, den Ausdruck des Ori-
girmls zu übertreffen; so in den Worten der Desdemona- „Das ich den Mohren Rede, um
ihm zu leben." (to Apo viel Kien).
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