Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.und der Parteilichkeit besser ans Licht und zur Geltung zu bringen ge¬ Das Besondere der ImMÄti" bestand darin, daß der Richter, ein könig¬ / Den Kirchen und Klöstern, welche vielleicht mehr noch als der Fiscus ") Das Urtheil der SchSffm -- denn der Richter fällt das Urtheil nach der fränkischen Ge¬
richtsverfassung nicht selbst -- wiederholt dann einfach den Inhalt des Spruchs der Schwur¬ männer. und der Parteilichkeit besser ans Licht und zur Geltung zu bringen ge¬ Das Besondere der ImMÄti« bestand darin, daß der Richter, ein könig¬ / Den Kirchen und Klöstern, welche vielleicht mehr noch als der Fiscus ») Das Urtheil der SchSffm — denn der Richter fällt das Urtheil nach der fränkischen Ge¬
richtsverfassung nicht selbst — wiederholt dann einfach den Inhalt des Spruchs der Schwur¬ männer. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0102" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192905"/> <p xml:id="ID_282" prev="#ID_281"> und der Parteilichkeit besser ans Licht und zur Geltung zu bringen ge¬<lb/> eignet war.</p><lb/> <p xml:id="ID_283"> Das Besondere der ImMÄti« bestand darin, daß der Richter, ein könig¬<lb/> licher Beamter, zuverlässige Personen auszuwählen hatte, welche präsumtiv die<lb/> beste Kenntniß der Streitsache besaßen, also Nachbarn, Umfassen, und daß er<lb/> diese beeidigte und, nachdem er ihnen den Streit auseinandergesetzt, über ihre<lb/> Ansicht befragte. Meist erging der Ausspruch der Schwurmänncr sofort über<lb/> das streitige Rechts selbst, zuweilen über einzelne Thatsachen; häufig antwor¬<lb/> teten sie mit gestimmtem Munde, zuweilen befragte der Richter — und ob das<lb/> Eine oder das Andere stattfand, hing wohl einerseits vom Ermessen des Richters<lb/> andrerseits vom Benehmen der Schwurmänncr ad — die Einzelnen, und im<lb/> Ganzen bestimmte auch wohl das richterliche Ermessen mit Rücksicht aus die<lb/> Wichtigkeit des Streitgegenstandes und andre Umstände, wie viel Personen befragt<lb/> wurden: es werden in den Urkunden 7, 8, 11, 13 bis mehr als 30 Personen<lb/> als solchergestalt befragt aufgeführt. Man sieht leicht, daß sowohl die Aus¬<lb/> wahl der Personen durch den Richter, als die Befugniß des letzteren, genauer<lb/> nachzufragen, den Ausspruch gleichsam motiviren zu lassen, dem Richter eine<lb/> weit bedeutendere Einwirkung auf das Ergebniß des Processes gewährte, und<lb/> wenn er unparteiisch verfuhr, auch ein materiell richtigeres Ergebniß sicherte.</p><lb/> <p xml:id="ID_284"> /<lb/> Das Recht der IncjMLitio wurde zurückgeführt auf die königliche Präro¬<lb/> gative; es war nicht eigentlich Theil der gewöhnlichen richterlichen Gewalt.<lb/> Die Könige und ihre Mgsi, welche als Visttatorcn die einzelnen Bezirke be¬<lb/> reisten, nahmen das Recht in Anspruch, die Iinjuisitic) anzuwenden in allen<lb/> Processen, in denen ihnen das angemessen schien: der gewöhnliche Richter (Graf)<lb/> konnte sie jedenfalls ursprünglich nur anwenden, wenn es sich um Fisealrechte<lb/> oder um Processe solcher Personen handelte, denen das Recht der luczuisitiv<lb/> vom Könige besonders verliehen war. Dasselbe wurde dann auch als Beein¬<lb/> trächtigung der alten Freiheit der Volksgenossen oft sehr lebhaft empfunden:<lb/> man protestirte dagegen nicht selten, und es wird uns z. B. in einem Falle<lb/> berichtet, daß es darüber zum Ziehen der Schwerter kam.</p><lb/> <p xml:id="ID_285" next="#ID_286"> Den Kirchen und Klöstern, welche vielleicht mehr noch als der Fiscus<lb/> die Uebergriffe und Usurpationen der Nachbarn für ihre Besitzungen zu fürchten<lb/> hatten, mußte ein solches Verfahren als besonders werthvolles Vorrecht erscheinen.<lb/> Sie bewarben sich vielfach um das Jnquisitionsrecht für ihre Processe und er¬<lb/> hielten es auch vielfach als besonderes Privileg bewilligt. In welcher Weise<lb/> der formelle Beweis hier gemißbraucht wurde, ersieht man besonders aus den</p><lb/> <note xml:id="FID_80" place="foot"> ») Das Urtheil der SchSffm — denn der Richter fällt das Urtheil nach der fränkischen Ge¬<lb/> richtsverfassung nicht selbst — wiederholt dann einfach den Inhalt des Spruchs der Schwur¬<lb/> männer.</note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0102]
und der Parteilichkeit besser ans Licht und zur Geltung zu bringen ge¬
eignet war.
Das Besondere der ImMÄti« bestand darin, daß der Richter, ein könig¬
licher Beamter, zuverlässige Personen auszuwählen hatte, welche präsumtiv die
beste Kenntniß der Streitsache besaßen, also Nachbarn, Umfassen, und daß er
diese beeidigte und, nachdem er ihnen den Streit auseinandergesetzt, über ihre
Ansicht befragte. Meist erging der Ausspruch der Schwurmänncr sofort über
das streitige Rechts selbst, zuweilen über einzelne Thatsachen; häufig antwor¬
teten sie mit gestimmtem Munde, zuweilen befragte der Richter — und ob das
Eine oder das Andere stattfand, hing wohl einerseits vom Ermessen des Richters
andrerseits vom Benehmen der Schwurmänncr ad — die Einzelnen, und im
Ganzen bestimmte auch wohl das richterliche Ermessen mit Rücksicht aus die
Wichtigkeit des Streitgegenstandes und andre Umstände, wie viel Personen befragt
wurden: es werden in den Urkunden 7, 8, 11, 13 bis mehr als 30 Personen
als solchergestalt befragt aufgeführt. Man sieht leicht, daß sowohl die Aus¬
wahl der Personen durch den Richter, als die Befugniß des letzteren, genauer
nachzufragen, den Ausspruch gleichsam motiviren zu lassen, dem Richter eine
weit bedeutendere Einwirkung auf das Ergebniß des Processes gewährte, und
wenn er unparteiisch verfuhr, auch ein materiell richtigeres Ergebniß sicherte.
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Das Recht der IncjMLitio wurde zurückgeführt auf die königliche Präro¬
gative; es war nicht eigentlich Theil der gewöhnlichen richterlichen Gewalt.
Die Könige und ihre Mgsi, welche als Visttatorcn die einzelnen Bezirke be¬
reisten, nahmen das Recht in Anspruch, die Iinjuisitic) anzuwenden in allen
Processen, in denen ihnen das angemessen schien: der gewöhnliche Richter (Graf)
konnte sie jedenfalls ursprünglich nur anwenden, wenn es sich um Fisealrechte
oder um Processe solcher Personen handelte, denen das Recht der luczuisitiv
vom Könige besonders verliehen war. Dasselbe wurde dann auch als Beein¬
trächtigung der alten Freiheit der Volksgenossen oft sehr lebhaft empfunden:
man protestirte dagegen nicht selten, und es wird uns z. B. in einem Falle
berichtet, daß es darüber zum Ziehen der Schwerter kam.
Den Kirchen und Klöstern, welche vielleicht mehr noch als der Fiscus
die Uebergriffe und Usurpationen der Nachbarn für ihre Besitzungen zu fürchten
hatten, mußte ein solches Verfahren als besonders werthvolles Vorrecht erscheinen.
Sie bewarben sich vielfach um das Jnquisitionsrecht für ihre Processe und er¬
hielten es auch vielfach als besonderes Privileg bewilligt. In welcher Weise
der formelle Beweis hier gemißbraucht wurde, ersieht man besonders aus den
») Das Urtheil der SchSffm — denn der Richter fällt das Urtheil nach der fränkischen Ge¬
richtsverfassung nicht selbst — wiederholt dann einfach den Inhalt des Spruchs der Schwur¬
männer.
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