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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. I. Band.

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Brücken oder die Ueberschiffung seiner Truppen unmöglich. ?rodatum est.
-- Nur schade, daß Preußen allein schon bei der Einnahme von Alsen ein
ganz anderes Wasser als die Mei, angesichts des Rolf Krake und etwa zwei
Dutzend andern feindlichen Geschützen, gegen eine feindliche Armee von 23,000
Mann siegreich überschritten hat, während die Mei stellenweise bequem zu
durchwaten ist. Auch die kleinen Süßwasserschraubenboote, mit einem harm¬
losen Panzer und zwei Miniaturgeschützen, welche Herr Veeckens zur Vervoll¬
ständigung seines Vertheidigungssystems sich auf der Yssel schnauben denkt,
sind zusammen noch lange kein Rolf Krake. Zu Ehren Niederlands muß
übrigens bemerkt werden, daß die Melmanie des Herrn Veeckens auch bei
uns gründlich Fiasko gemacht hat. --

Sonderbarerweise sollte es ein Deutscher, ein Preuße sein, der auf alle
unsre Vertheidigungsbeklemmungen die rücksichtsloseste und treffendste Antwort
gegeben hat, die, obwohl sie bereits im vorigen Jahre in den "Neuen mili¬
tärischen Blättern" zu Berlin erschienen, doch jetzt noch unser Ländchen
in große Aufregung versetzt, seitdem diese vorher nur bruchstückweise in unsern
Tagesblättern mitgetheilte Arbeit von unserm Ingenieur Kapitän Rooreboom
wörtlich übersetzt und mit kritischen Anmerkungen versehen worden ist. Den
Versasser dieser Abhandlung dürfen wir wohl in dem fleißigen Mitarbeiter
der "Neuen militärischen Blätter" Dr. Theodor Toegel vermuthen.*)

Diese deutsche Schrift sammelt zunächst die von uns oben mitgetheilten
niederländischen Urtheile über die Vertheidigungsfähigkeit Niederlands. Dann
wird eine der "großen" Vertheidigungsstellungen Niederlands nach der andern
in einer durchaus überzeugten und überzeugenden Darstellung und mit einer
Sachkenntniß, die wir an den meisten unserer inländischen Schriften über
denselben Gegenstand leider nur allzusehr vermissen und die für den "Deut¬
schen Muff" nur um so ehrenvoller ist, als völlig unhaltbar erwiesen. Wir
können nicht behaupten, daß die kritischen Bemerkungen, welche unser Kapi-
tain Rooreboom der Toegel'schen Arbeit hat angedeihen lassen, uns mit einer
größeren Zuversicht in die Vertheidigungsfähigkeit unsrer Assel-Linie in die
Centralstellung um Utrecht oder in das Reduit Amsterdam erfüllt hätten.
Denn Kapitain Rooreboom ist natürlich nicht im Stande durch seine Noten
die Mei breiter und tiefer zu machen, ihre einem feindlichen Angriffe sehr
günstigen Krümmungen abzuschneiden, die kleinen Forts, welche die Eisen¬
bahnknotenpunkte an der Mei überschwemmungsfähig erhalten sollen, zu wirk¬
lich festen haltbaren Plätzen zu erheben, die Assel auf ihrer ganzen fatalen
Länge mit dem nöthigen' Artillerieschutz auszurüsten, oder die Süßwasser-



*) Auch eine deutsche Separatausgabe dieser Abhandlung "Is Nederland verdedigbar?"
mit einer Karte ist in der Erpedition der "Neuen militairischen Blatter" (G. von Glasenapp)
D. Red. in Berlin erschienen.

Brücken oder die Ueberschiffung seiner Truppen unmöglich. ?rodatum est.
— Nur schade, daß Preußen allein schon bei der Einnahme von Alsen ein
ganz anderes Wasser als die Mei, angesichts des Rolf Krake und etwa zwei
Dutzend andern feindlichen Geschützen, gegen eine feindliche Armee von 23,000
Mann siegreich überschritten hat, während die Mei stellenweise bequem zu
durchwaten ist. Auch die kleinen Süßwasserschraubenboote, mit einem harm¬
losen Panzer und zwei Miniaturgeschützen, welche Herr Veeckens zur Vervoll¬
ständigung seines Vertheidigungssystems sich auf der Yssel schnauben denkt,
sind zusammen noch lange kein Rolf Krake. Zu Ehren Niederlands muß
übrigens bemerkt werden, daß die Melmanie des Herrn Veeckens auch bei
uns gründlich Fiasko gemacht hat. —

Sonderbarerweise sollte es ein Deutscher, ein Preuße sein, der auf alle
unsre Vertheidigungsbeklemmungen die rücksichtsloseste und treffendste Antwort
gegeben hat, die, obwohl sie bereits im vorigen Jahre in den „Neuen mili¬
tärischen Blättern" zu Berlin erschienen, doch jetzt noch unser Ländchen
in große Aufregung versetzt, seitdem diese vorher nur bruchstückweise in unsern
Tagesblättern mitgetheilte Arbeit von unserm Ingenieur Kapitän Rooreboom
wörtlich übersetzt und mit kritischen Anmerkungen versehen worden ist. Den
Versasser dieser Abhandlung dürfen wir wohl in dem fleißigen Mitarbeiter
der „Neuen militärischen Blätter" Dr. Theodor Toegel vermuthen.*)

Diese deutsche Schrift sammelt zunächst die von uns oben mitgetheilten
niederländischen Urtheile über die Vertheidigungsfähigkeit Niederlands. Dann
wird eine der „großen" Vertheidigungsstellungen Niederlands nach der andern
in einer durchaus überzeugten und überzeugenden Darstellung und mit einer
Sachkenntniß, die wir an den meisten unserer inländischen Schriften über
denselben Gegenstand leider nur allzusehr vermissen und die für den „Deut¬
schen Muff" nur um so ehrenvoller ist, als völlig unhaltbar erwiesen. Wir
können nicht behaupten, daß die kritischen Bemerkungen, welche unser Kapi-
tain Rooreboom der Toegel'schen Arbeit hat angedeihen lassen, uns mit einer
größeren Zuversicht in die Vertheidigungsfähigkeit unsrer Assel-Linie in die
Centralstellung um Utrecht oder in das Reduit Amsterdam erfüllt hätten.
Denn Kapitain Rooreboom ist natürlich nicht im Stande durch seine Noten
die Mei breiter und tiefer zu machen, ihre einem feindlichen Angriffe sehr
günstigen Krümmungen abzuschneiden, die kleinen Forts, welche die Eisen¬
bahnknotenpunkte an der Mei überschwemmungsfähig erhalten sollen, zu wirk¬
lich festen haltbaren Plätzen zu erheben, die Assel auf ihrer ganzen fatalen
Länge mit dem nöthigen' Artillerieschutz auszurüsten, oder die Süßwasser-



*) Auch eine deutsche Separatausgabe dieser Abhandlung „Is Nederland verdedigbar?"
mit einer Karte ist in der Erpedition der „Neuen militairischen Blatter" (G. von Glasenapp)
D. Red. in Berlin erschienen.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_128991/516>, abgerufen am 02.10.2024.