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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. I. Band.

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Anschauungen und Studien durchwärmt ist. In späteren Werken reißen der
wuchtige Realismus und die sinnliche Energie des Meisters ihn oft bis an
die Grenzen der reinen Kunst fort. So schon in dem ebenfalls in der Kathe¬
drale von Antwerpen befindlichen großen Altarbild "I/^sLomMon ne la
VierZs," das von einem Uebermaß der Gestaltenfülle erdrückt scheint. Das
Gesicht der Jungfrau in diesem Gemälde ist bekanntlich ein Portrait von
Rubens' Frau, in ganzer niederländischer Derbheit und Realität, die wie
Schnaase sich ausdrückt, als "dicke Lady" sehr behaglich gen Himmel sich
tragen läßt. Diese drei Meisterwerke Rubens' hatten die Franzosen 1797
nach Paris geführt. Die übrigen Gemälde von ihm werden im Museum
in der Rue des Recollets aufbewahrt, dessen Treppenhaus der Maler de
Keys er, Director der ^caävmie tlo^ale ass Lsaux-^res in Antwerpen der
alten Akademie von Se. Lucas) neuerdings mit prächtigen Bildern in der
Manier Kaulbach'scher Wandgemälde geschmückt hat. Dort hängt Rubens'
berühmtes Bild: "Christus am Kreuz zwischen den beiden Schä-
chern," ebenfalls von hoher dramatischer Wirkung durch den ergreifenden
Ausdruck der Gefühle Magdalena's, die nicht dulden zu wollen scheint, daß
der Römer seine Lanze in den Körper Christi stößt; ferner das Flügelbild:
der "ungläubige Thomas" ein Triptyque, dessen Nebentafeln Portraits
bilden, sodann die Anbetung der Magier, "die heilige Therese", welche
Bernardin von Mendoza in Valladolid aus dem Fegefeuer befreit, die Jung¬
frau an pLrrohuöt, die Erziehung der Jungfrau u. a. in., so daß die Ant¬
werpener Akademie recht eigentlich Rubens' Ruhmeshalle bildet. Von den
zahlreichen Bildern der vlamischen Schule wollen wir noch des Antwerpener
Jordeans : I^a Oöus, ich Losurs uospitaliLi-of, ?6gass und ein Portrait
aus der van Heckebautschen Sammlung, sodann (Zueutiu Ug,887'" be¬
rühmte Grablegung, Rogier van der Weyden's sieben Sacramente,
endlich van Dyck's: I.s LKri8t äexoL6 as la croix und lo Ourist an tom-
beau und die glänzenden Portraits dieses Meisters erwähnen. Welche Schätze,
dazu lauter Originalgemälde, birgt dieses Museum; es würde uns der Raum
fehlen, wollten wir auch nur die übrigen wichtigeren Gemälde der Aka¬
demie von Antwerpen kurz skizziren. Die ganze vlamische, die holländische
und zum Theil die deutsche Schule sind hier vertreten; von van Eyck (1390)
bis de Keyser und Leps, von Rembrandt, Ostade und Ruysdael bis Huy-
sum und van Mieris; selbst ein Albrecht Dürer (Portrait Friedrichs III.
Kurfürsten von Sachsen) ist vorhanden. Auch die Dominicaner- und die
Augustiner-Kirche enthalten mehrere Rubens, Dycks, Quellyn's und Jor-
daens, so daß man fort und fort über die glänzende Productivität der flan¬
drischen Malerschule staunen muß. Wenig ansprechend ist das Rath Haus,
(Hotel de Ville), dessen ursprüngliche Verhältnisse reiner Renaissance die Spa-


Anschauungen und Studien durchwärmt ist. In späteren Werken reißen der
wuchtige Realismus und die sinnliche Energie des Meisters ihn oft bis an
die Grenzen der reinen Kunst fort. So schon in dem ebenfalls in der Kathe¬
drale von Antwerpen befindlichen großen Altarbild „I/^sLomMon ne la
VierZs," das von einem Uebermaß der Gestaltenfülle erdrückt scheint. Das
Gesicht der Jungfrau in diesem Gemälde ist bekanntlich ein Portrait von
Rubens' Frau, in ganzer niederländischer Derbheit und Realität, die wie
Schnaase sich ausdrückt, als „dicke Lady" sehr behaglich gen Himmel sich
tragen läßt. Diese drei Meisterwerke Rubens' hatten die Franzosen 1797
nach Paris geführt. Die übrigen Gemälde von ihm werden im Museum
in der Rue des Recollets aufbewahrt, dessen Treppenhaus der Maler de
Keys er, Director der ^caävmie tlo^ale ass Lsaux-^res in Antwerpen der
alten Akademie von Se. Lucas) neuerdings mit prächtigen Bildern in der
Manier Kaulbach'scher Wandgemälde geschmückt hat. Dort hängt Rubens'
berühmtes Bild: „Christus am Kreuz zwischen den beiden Schä-
chern," ebenfalls von hoher dramatischer Wirkung durch den ergreifenden
Ausdruck der Gefühle Magdalena's, die nicht dulden zu wollen scheint, daß
der Römer seine Lanze in den Körper Christi stößt; ferner das Flügelbild:
der „ungläubige Thomas" ein Triptyque, dessen Nebentafeln Portraits
bilden, sodann die Anbetung der Magier, „die heilige Therese", welche
Bernardin von Mendoza in Valladolid aus dem Fegefeuer befreit, die Jung¬
frau an pLrrohuöt, die Erziehung der Jungfrau u. a. in., so daß die Ant¬
werpener Akademie recht eigentlich Rubens' Ruhmeshalle bildet. Von den
zahlreichen Bildern der vlamischen Schule wollen wir noch des Antwerpener
Jordeans : I^a Oöus, ich Losurs uospitaliLi-of, ?6gass und ein Portrait
aus der van Heckebautschen Sammlung, sodann (Zueutiu Ug,887'» be¬
rühmte Grablegung, Rogier van der Weyden's sieben Sacramente,
endlich van Dyck's: I.s LKri8t äexoL6 as la croix und lo Ourist an tom-
beau und die glänzenden Portraits dieses Meisters erwähnen. Welche Schätze,
dazu lauter Originalgemälde, birgt dieses Museum; es würde uns der Raum
fehlen, wollten wir auch nur die übrigen wichtigeren Gemälde der Aka¬
demie von Antwerpen kurz skizziren. Die ganze vlamische, die holländische
und zum Theil die deutsche Schule sind hier vertreten; von van Eyck (1390)
bis de Keyser und Leps, von Rembrandt, Ostade und Ruysdael bis Huy-
sum und van Mieris; selbst ein Albrecht Dürer (Portrait Friedrichs III.
Kurfürsten von Sachsen) ist vorhanden. Auch die Dominicaner- und die
Augustiner-Kirche enthalten mehrere Rubens, Dycks, Quellyn's und Jor-
daens, so daß man fort und fort über die glänzende Productivität der flan¬
drischen Malerschule staunen muß. Wenig ansprechend ist das Rath Haus,
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[0434] Anschauungen und Studien durchwärmt ist. In späteren Werken reißen der wuchtige Realismus und die sinnliche Energie des Meisters ihn oft bis an die Grenzen der reinen Kunst fort. So schon in dem ebenfalls in der Kathe¬ drale von Antwerpen befindlichen großen Altarbild „I/^sLomMon ne la VierZs," das von einem Uebermaß der Gestaltenfülle erdrückt scheint. Das Gesicht der Jungfrau in diesem Gemälde ist bekanntlich ein Portrait von Rubens' Frau, in ganzer niederländischer Derbheit und Realität, die wie Schnaase sich ausdrückt, als „dicke Lady" sehr behaglich gen Himmel sich tragen läßt. Diese drei Meisterwerke Rubens' hatten die Franzosen 1797 nach Paris geführt. Die übrigen Gemälde von ihm werden im Museum in der Rue des Recollets aufbewahrt, dessen Treppenhaus der Maler de Keys er, Director der ^caävmie tlo^ale ass Lsaux-^res in Antwerpen der alten Akademie von Se. Lucas) neuerdings mit prächtigen Bildern in der Manier Kaulbach'scher Wandgemälde geschmückt hat. Dort hängt Rubens' berühmtes Bild: „Christus am Kreuz zwischen den beiden Schä- chern," ebenfalls von hoher dramatischer Wirkung durch den ergreifenden Ausdruck der Gefühle Magdalena's, die nicht dulden zu wollen scheint, daß der Römer seine Lanze in den Körper Christi stößt; ferner das Flügelbild: der „ungläubige Thomas" ein Triptyque, dessen Nebentafeln Portraits bilden, sodann die Anbetung der Magier, „die heilige Therese", welche Bernardin von Mendoza in Valladolid aus dem Fegefeuer befreit, die Jung¬ frau an pLrrohuöt, die Erziehung der Jungfrau u. a. in., so daß die Ant¬ werpener Akademie recht eigentlich Rubens' Ruhmeshalle bildet. Von den zahlreichen Bildern der vlamischen Schule wollen wir noch des Antwerpener Jordeans : I^a Oöus, ich Losurs uospitaliLi-of, ?6gass und ein Portrait aus der van Heckebautschen Sammlung, sodann (Zueutiu Ug,887'» be¬ rühmte Grablegung, Rogier van der Weyden's sieben Sacramente, endlich van Dyck's: I.s LKri8t äexoL6 as la croix und lo Ourist an tom- beau und die glänzenden Portraits dieses Meisters erwähnen. Welche Schätze, dazu lauter Originalgemälde, birgt dieses Museum; es würde uns der Raum fehlen, wollten wir auch nur die übrigen wichtigeren Gemälde der Aka¬ demie von Antwerpen kurz skizziren. Die ganze vlamische, die holländische und zum Theil die deutsche Schule sind hier vertreten; von van Eyck (1390) bis de Keyser und Leps, von Rembrandt, Ostade und Ruysdael bis Huy- sum und van Mieris; selbst ein Albrecht Dürer (Portrait Friedrichs III. Kurfürsten von Sachsen) ist vorhanden. Auch die Dominicaner- und die Augustiner-Kirche enthalten mehrere Rubens, Dycks, Quellyn's und Jor- daens, so daß man fort und fort über die glänzende Productivität der flan¬ drischen Malerschule staunen muß. Wenig ansprechend ist das Rath Haus, (Hotel de Ville), dessen ursprüngliche Verhältnisse reiner Renaissance die Spa-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_128991/434>, abgerufen am 25.08.2024.