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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. I. Band.

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die landschaftlichen Compositionen von Cloß zu einer in Leipzig erschienenen
illustrirten Ausgabe von Wielands Oberon.

Zu den bestillustrirten Werken gehört das Buch: "Aus deutschen
Bergen" (Verlag von A. Kroener in Stuttgart), welches in unsern Tagen
einen Erfolg gehabt, wie wohl kaum ein andres Unternehmen der Art. Fer¬
ner sehr zahlreiche, größre und kleinre Illustrationen nach den Zeichnungen
verschiedener Künstler, W. Dietz, K. Raupp. L. Ritter, Fr. Voltz:c., welche
in dem Atelier von Ad. Cloß mit unendlicher Liebe und vollstem Verständniß
in Holz geschnitten sind, schildern Natur, Scenerie und Leben in süddeutschen
Gebirgen mit unübertrefflicher Treue und großer Vollständigkeit.*)

Zu einer ganz andern Art von Holzschnitten gehören die in demselben
Atelier geschnittenen Illustrationen nach den Zeichnungen A. von Werners
zu Scheffel's " Trompeter von Säckingen", zu desselben Dichters
"Bergpsalmen" (beide im Verlag von I. B. Metzler in Stuttgart) und
zu "Hugdietrichs Brautfahrt" von Wilh. Hertz. (Verlag von A.
Kroener in Stuttgart). A. von Werner gehört ohne Zweifel zu den genialsten
Künstlern unserer Tage, schafft mit großer Schnelligkeit und ist sehr fruchtbar.
Er dürfte dem Franzosen Dore in Betreff des Reichthums seiner Phantasie
und der Leichtigkeit im Componiren wenig nachstehen, ist dabei aber echt deutsch
d. h. vor Allem gründlich, solide, wahr. Ferner sind seine Zeichnungen
keine Effektstücke, wie die meisten von Dore, sondern stimmungsvolle Bilder
voll Poesie und reiner Wahrheit. Sie beruhen auf sorgfältigsten Studium
der Natur und erzielen oft mit den einfachsten Mitteln das Höchste. Die
großen Blätter stehen, wie auch die oben erwähnten Landschaften von G.
Cloß, in ihrer einheitlichen Wirkung, und künstlerischen Durchbildung
wirklichen Gemälden wenig nach und gehen über die Art der eigentlichen
Illustration, wie sie z. B. Menzel zu hoher Vollendung ausgebildet hat, und
wie sie z. B. jetzt Paul Thunar für den bildlichen Schmuck der Grote'-
schen Ausgabe der deutschen Classiker anwendet, weit hinaus. Daneben
laufen kleinere Bilder und Vignetten, geistvoll erfunden und trefflich gezeich¬
net, wahre Meisterwerke echter Illustration.

In den meisten der hier genannten Werke halten Text und Bild sich
das Gleichgewicht. Letztere schließen sich, obgleich selbständige Kunstwerke, doch
eng an den Text an und sind in der Weise durchgebildet, daß Wort und Bild
sich gegenseitig zu einer harmonischen Einheit ergänzen.

Eine Vorstellung von diesen Meisterwerken moderner Holzschneidekunst zu
geben, ist durch Worte natürlich nicht möglich. Ein Jeder kann sie, da sie
überall leicht zugänglich sind, sehen. Mein Wunsch war nur, auf dieselben



-) Bgl, auch Grenzboten 1872, IV. Quartal, Weinachtsbücherschau.

die landschaftlichen Compositionen von Cloß zu einer in Leipzig erschienenen
illustrirten Ausgabe von Wielands Oberon.

Zu den bestillustrirten Werken gehört das Buch: „Aus deutschen
Bergen" (Verlag von A. Kroener in Stuttgart), welches in unsern Tagen
einen Erfolg gehabt, wie wohl kaum ein andres Unternehmen der Art. Fer¬
ner sehr zahlreiche, größre und kleinre Illustrationen nach den Zeichnungen
verschiedener Künstler, W. Dietz, K. Raupp. L. Ritter, Fr. Voltz:c., welche
in dem Atelier von Ad. Cloß mit unendlicher Liebe und vollstem Verständniß
in Holz geschnitten sind, schildern Natur, Scenerie und Leben in süddeutschen
Gebirgen mit unübertrefflicher Treue und großer Vollständigkeit.*)

Zu einer ganz andern Art von Holzschnitten gehören die in demselben
Atelier geschnittenen Illustrationen nach den Zeichnungen A. von Werners
zu Scheffel's „ Trompeter von Säckingen", zu desselben Dichters
„Bergpsalmen" (beide im Verlag von I. B. Metzler in Stuttgart) und
zu „Hugdietrichs Brautfahrt" von Wilh. Hertz. (Verlag von A.
Kroener in Stuttgart). A. von Werner gehört ohne Zweifel zu den genialsten
Künstlern unserer Tage, schafft mit großer Schnelligkeit und ist sehr fruchtbar.
Er dürfte dem Franzosen Dore in Betreff des Reichthums seiner Phantasie
und der Leichtigkeit im Componiren wenig nachstehen, ist dabei aber echt deutsch
d. h. vor Allem gründlich, solide, wahr. Ferner sind seine Zeichnungen
keine Effektstücke, wie die meisten von Dore, sondern stimmungsvolle Bilder
voll Poesie und reiner Wahrheit. Sie beruhen auf sorgfältigsten Studium
der Natur und erzielen oft mit den einfachsten Mitteln das Höchste. Die
großen Blätter stehen, wie auch die oben erwähnten Landschaften von G.
Cloß, in ihrer einheitlichen Wirkung, und künstlerischen Durchbildung
wirklichen Gemälden wenig nach und gehen über die Art der eigentlichen
Illustration, wie sie z. B. Menzel zu hoher Vollendung ausgebildet hat, und
wie sie z. B. jetzt Paul Thunar für den bildlichen Schmuck der Grote'-
schen Ausgabe der deutschen Classiker anwendet, weit hinaus. Daneben
laufen kleinere Bilder und Vignetten, geistvoll erfunden und trefflich gezeich¬
net, wahre Meisterwerke echter Illustration.

In den meisten der hier genannten Werke halten Text und Bild sich
das Gleichgewicht. Letztere schließen sich, obgleich selbständige Kunstwerke, doch
eng an den Text an und sind in der Weise durchgebildet, daß Wort und Bild
sich gegenseitig zu einer harmonischen Einheit ergänzen.

Eine Vorstellung von diesen Meisterwerken moderner Holzschneidekunst zu
geben, ist durch Worte natürlich nicht möglich. Ein Jeder kann sie, da sie
überall leicht zugänglich sind, sehen. Mein Wunsch war nur, auf dieselben



-) Bgl, auch Grenzboten 1872, IV. Quartal, Weinachtsbücherschau.
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[0422] die landschaftlichen Compositionen von Cloß zu einer in Leipzig erschienenen illustrirten Ausgabe von Wielands Oberon. Zu den bestillustrirten Werken gehört das Buch: „Aus deutschen Bergen" (Verlag von A. Kroener in Stuttgart), welches in unsern Tagen einen Erfolg gehabt, wie wohl kaum ein andres Unternehmen der Art. Fer¬ ner sehr zahlreiche, größre und kleinre Illustrationen nach den Zeichnungen verschiedener Künstler, W. Dietz, K. Raupp. L. Ritter, Fr. Voltz:c., welche in dem Atelier von Ad. Cloß mit unendlicher Liebe und vollstem Verständniß in Holz geschnitten sind, schildern Natur, Scenerie und Leben in süddeutschen Gebirgen mit unübertrefflicher Treue und großer Vollständigkeit.*) Zu einer ganz andern Art von Holzschnitten gehören die in demselben Atelier geschnittenen Illustrationen nach den Zeichnungen A. von Werners zu Scheffel's „ Trompeter von Säckingen", zu desselben Dichters „Bergpsalmen" (beide im Verlag von I. B. Metzler in Stuttgart) und zu „Hugdietrichs Brautfahrt" von Wilh. Hertz. (Verlag von A. Kroener in Stuttgart). A. von Werner gehört ohne Zweifel zu den genialsten Künstlern unserer Tage, schafft mit großer Schnelligkeit und ist sehr fruchtbar. Er dürfte dem Franzosen Dore in Betreff des Reichthums seiner Phantasie und der Leichtigkeit im Componiren wenig nachstehen, ist dabei aber echt deutsch d. h. vor Allem gründlich, solide, wahr. Ferner sind seine Zeichnungen keine Effektstücke, wie die meisten von Dore, sondern stimmungsvolle Bilder voll Poesie und reiner Wahrheit. Sie beruhen auf sorgfältigsten Studium der Natur und erzielen oft mit den einfachsten Mitteln das Höchste. Die großen Blätter stehen, wie auch die oben erwähnten Landschaften von G. Cloß, in ihrer einheitlichen Wirkung, und künstlerischen Durchbildung wirklichen Gemälden wenig nach und gehen über die Art der eigentlichen Illustration, wie sie z. B. Menzel zu hoher Vollendung ausgebildet hat, und wie sie z. B. jetzt Paul Thunar für den bildlichen Schmuck der Grote'- schen Ausgabe der deutschen Classiker anwendet, weit hinaus. Daneben laufen kleinere Bilder und Vignetten, geistvoll erfunden und trefflich gezeich¬ net, wahre Meisterwerke echter Illustration. In den meisten der hier genannten Werke halten Text und Bild sich das Gleichgewicht. Letztere schließen sich, obgleich selbständige Kunstwerke, doch eng an den Text an und sind in der Weise durchgebildet, daß Wort und Bild sich gegenseitig zu einer harmonischen Einheit ergänzen. Eine Vorstellung von diesen Meisterwerken moderner Holzschneidekunst zu geben, ist durch Worte natürlich nicht möglich. Ein Jeder kann sie, da sie überall leicht zugänglich sind, sehen. Mein Wunsch war nur, auf dieselben -) Bgl, auch Grenzboten 1872, IV. Quartal, Weinachtsbücherschau.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_128991/422>, abgerufen am 24.08.2024.